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Passagier nach Frankfurt

Passagier nach Frankfurt

Titel: Passagier nach Frankfurt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Was ist Ihre persönliche Meinung?»
    Colonel Pikeaway lächelte freundlich. «Ich würde mir an Ihrer Stelle keine Sorgen machen», sagte er.
     
    III
     
    Sir Stafford Nye schob seine Kaffeetasse zur Seite. Er nahm die Zeitung, sah sich die Schlagzeilen an und öffnete sie dann sorgfältig auf der Seite mit den Kleinanzeigen. Er hatte diese Rubrik schon seit sieben Tagen durchgesehen. Es war enttäuschend, aber nicht überraschend. Warum in aller Welt sollte er erwarten, eine Antwort zu bekommen? Seine Augen glitten langsam abwärts über verschiedene Skurrilitäten, die diese Seite in seinen Augen immer recht faszinierend machten. Sie waren nicht immer persönlich. Die Hälfte oder mehr als die Hälfte waren verbrämte Werbeanzeigen oder Angebote von Dingen, die zum Verkauf standen oder gesucht wurden. Sie hätten wahrscheinlich in einer anderen Rubrik erscheinen sollen, aber sie hatten ihren Weg hierher gefunden, unter der Annahme, dass sie hier mehr Aufmerksamkeit finden würden. Hier standen ein oder zwei von der hoffnungsvollen Variante.
    «Junger Mann, der nicht hart arbeiten und ein angenehmes Leben führen möchte, sucht einen passenden Job.»
    «Junge Frau möchte nach Kambodscha reisen. Bitte keine Kinderbetreuung.»
    «Feuerwaffe, in Waterloo verwendet. Gebote erwünscht.»
    «Wunderbarer Webpelzmantel. Sofort zu verkaufen. Besitzerin geht ins Ausland.»
    «Kennen Sie Jenny Capstan? Ihre Kuchen sind super. Kommen Sie in die Lizzard Street Nr. 14, S.W. 3.»
    Für einen Augenblick hielt Stafford Nyes Finger inne. Jenny Capstan. Der Name gefiel ihm. Gab es eine Lizzard Street? Das nahm es an. Er hatte jedoch nie davon gehört. Mit einem Seufzer bewegte er seinen Finger weiter die Rubrik entlang nach unten und hielt fast sofort wieder an.
    «Passagier aus Frankfurt, Donnerstag, 11. November, Hungerford-Brücke, 7.20.»
    Donnerstag, 11. November. Das war – ja, das war heute. Sir Stafford lehnte sich in seinem Stuhl zurück und trank noch etwas Kaffee. Er war aufgeregt, richtiggehend nervös. Hungerford, die Hungerford-Brücke. Er stand auf und ging in die kleine Küche. Mrs. Worrit schnitt Kartoffeln in Streifen und warf sie in eine große Schüssel mit Wasser. Sie sah leicht erstaunt auf.
    «Wünschen Sie irgendetwas, Sir?»
    «Ja», sagte Sir Stafford Nye. «Wenn jemand Sie zur Hungerford-Brücke bitten würde, wo würden Sie dann hingehen?»
    «Wo ich hingehen würde?» Mrs. Worrit überlegte. «Meinen Sie, wenn ich da hingehen wollte?»
    «Wir können von dieser Annahme ausgehen.»
    «Nun, dann würde ich wohl zur Hungerford-Brücke gehen, nicht wahr?»
    «Heißt das, Sie würden nach Hungerford in Berkshire fahren?»
    «Wo ist denn das?», fragte Mrs. Worrit.
    «Acht Meilen hinter Newbury.»
    «Von Newbury habe ich schon einmal gehört. Mein Alter hat dort letztes Jahr auf ein Pferd gewettet. Hat auch gewonnen.»
    «Also würden sie nach Hungerford bei Newbury fahren?»
    «Nein, natürlich nicht», sagte Mrs. Worrit. «Den ganzen Weg dorthin – warum? Ich würde natürlich zur Hungerford-Brücke gehen.»
    «Sie meinen –?»
    «Nun, die ist bei Charing Cross. Sie wissen sicher, wo die ist. Über die Themse.»
    «Ja», sagte Sir Stafford Nye, «ja, ich weiß ganz gut, wo das ist. Vielen Dank, Mrs. Worrit.»
    Das war, hatte er das Gefühl, wie einen Penny um Kopf oder Zahl zu werfen. Eine Anzeige in einer Morgenzeitung in London ließ auf die Hungerford-Eisenbahnbrücke in London schließen. Es war anzunehmen, dass sich die Anzeige darauf bezog. Aber wegen der Person, die die Anzeige aufgegeben hatte, war sich Sir Stafford Nye durchaus nicht sicher. Ihre Vorstellungen waren, nach dem flüchtigen Eindruck, den er von ihr hatte, von besonderer Art. Sie entsprachen nicht den normalen Reaktionen, die man erwartete. Aber was sollte er sonst tun? Außerdem gab es womöglich noch andere Hungerfords in den verschiedensten Regionen Englands, die wahrscheinlich auch Brücken hatten. Aber heute… Nun, er würde sehen.
     
    IV
     
    Es war ein kalter, windiger Abend mit gelegentlichen Schauern von dünnem nebligen Regen. Sir Stafford Nye schlug den Kragen seines Regenmantels hoch und trottete weiter. Es war nicht das erste Mal, dass er die Hungerford-Brücke überquerte, aber es war ihm nie als Vergnügungsspaziergang erschienen. Unter ihm war der Fluss, und eine Menge hastender Gestalten wie er überquerten die Brücke. Die Regenmäntel fest geschlossen, die Hüte heruntergezogen, hatten alle den ernsthaften

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