Passagier nach Frankfurt
zurück auf den Tisch. Er fühlte sich zu Recht verärgert. All dieser Zirkus, ein Rendezvous auf einer windigen und regnerischen Brücke über den Fluss! Ein Konzert neben einer Frau, der er sehnlichst zumindest ein Dutzend Fragen stellen wollte – und am Ende? Nichts! Kein Weiterkommen. Immerhin, sie hatte sich mit ihm getroffen. Aber warum? Wenn sie nicht mit ihm sprechen wollte, keine weiteren Verabredungen mit ihm treffen wollte, warum war sie dann überhaupt gekommen?
Sein Blick wanderte gleichgültig durch den Raum zu seinem Bücherregal, in dem sich Thriller, Detektivromane und einige Science-Fiction-Romane befanden; er schüttelte den Kopf. Romane waren der Wirklichkeit unendlich überlegen. Leichen, geheimnisvolle Anrufe, schöne ausländische Spioninnen in Mengen! Aber diese besondere, nur schwer greifbare junge Dame war vielleicht noch nicht fertig mit ihm. Nächstes Mal, dachte er, würde er seine eigenen Vorkehrungen treffen. Er konnte das Spiel genauso spielen wie sie.
Er trank noch eine Tasse Kaffee und ging zum Fenster, das Programmheft hielt er fest in der Hand. Als er auf die Straße hinaussah, fiel sein Blick wieder auf das aufgeschlagene Programmheft in seiner Hand und er summte fast unbewusst etwas vor sich hin. Er hatte ein feines Ohr für Musik und konnte ganz leicht die Noten summen, die dort hingekritzelt waren. Wie er sie so summte, klangen sie vage bekannt. Er erhob die Stimme ein wenig. Was war das nur? Tarn, tarn, tarn tarn ti-tam. Ja, definitiv bekannt.
Er begann, seine Briefe zu öffnen.
Die meisten waren uninteressant. Zwei Einladungen, eine von der Amerikanischen Botschaft, eine von Lady Athelhampton. Eine Wohltätigkeitsveranstaltung, die auch Mitglieder des Königshauses besuchen würden, und es wurde angedeutet, dass fünf Guineen keine exorbitante Gebühr für eine Platzkarte seien. Er legte sie beiseite. Er bezweifelte stark, dass er auch nur eine der Einladungen annehmen würde. Er beschloss, sich aufzumachen und wie versprochen seine Tante Matilda zu besuchen. Er mochte Tante Matilda, auch wenn er sie nicht sehr oft besuchte. Sie lebte in einer großzügigen Wohnung in einem Flügel eines Georgianischen Herrenhauses auf dem Lande, das sie von seinem Großvater geerbt hatte. Die Wohnung bestand aus einem großen, wohlproportionierten Wohnzimmer, einem kleinen ovalen Esszimmer, einer neuen Küche in der ehemaligen Dienstbotenkammer, zwei Gästeschlafzimmern, einem großen komfortablen Schlafzimmer für sich selbst mit dazugehörigem Badezimmer sowie einer passenden Unterkunft für eine geduldige Freundin, die das tägliche Leben mit ihr teilte. Die Reste der treuen Dienerschaft waren gut versorgt und untergebracht. Der Rest des Hauses verblieb unter Tüchern und wurde von Zeit zu Zeit gereinigt. Stafford Nye hing sehr an diesem Haus, er hatte als Junge dort seine Ferien verbracht.
Damals war es ein fröhliches Haus gewesen. Sein ältester Onkel lebte dort mit seiner Frau und zwei Kindern. Ja es war schön dort seinerzeit. Es gab genug Geld und ausreichend Personal, um den Haushalt zu führen. In jenen Tagen hatte er die Porträts und Bilder an den Wänden kaum beachtet. Es gab großflächige Exemplare viktorianischer Kunst, die die besten Plätze beanspruchten und die meisten Wände füllten, aber es gab auch andere Meister älteren Ursprungs. Ja, es hatte ein paar gute Porträts gegeben. Einen Raeburn, zwei Lawrence-Bilder, einen Gainsborough, einen Lely, zwei ziemlich dubiose van Dycks. Auch zwei Turners. Einige mussten allerdings verkauft werden, da die Familie Geld brauchte. Es erfreute ihn immer noch, umherzuwandern und die Familienporträts zu studieren, wenn er dort zu Besuch war.
Seine Tante Matilda war eine rechte Plaudertasche, und sie freute sich immer über seinen Besuch. Er konnte nicht erklären, warum, aber er hatte sie gern, dennoch war er sich nicht ganz darüber im Klaren, warum er sie ausgerechnet jetzt besuchen wollte. Und was hatte ihn nur auf die Familienporträts gebracht? Ging es darum, dass es dort ein Porträt seiner Schwester Pamela von vor zwanzig Jahren gab, das ein bedeutender Künstler gefertigt hatte? Er wollte dies Porträt von Pamela sehen und genauer betrachten. Sehen, wie stark die Ähnlichkeit war zwischen der Fremden, die sein Leben auf diese wirklich empörende Art durcheinandergebracht hatte, und seiner Schwester.
Er nahm das Festival-Hall-Programmheft leicht verärgert wieder zur Hand und begann die aufgezeichneten Noten zu
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