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wirkte. Wenn jemand auch nur ahnte, es könne sich um Mord handeln, wäre alle Mühe umsonst gewesen. Dann hätte er Jerro genauso gut entführen und Lösegeld verlangen können. Na ja, er verdiente jetzt natürlich um ein Vielfaches mehr, aber das war auch angemessen nach der jahrelangen Planung und Vorbereitung.
Wenn Jerro durch einen Unfall ums Leben kam, war es höchst unwahrscheinlich, dass er auf dem Tisch eines Pathologen landen würde. Und dann würde die Familie Prins auch nicht herausfinden, dass er in Wirklichkeit nicht Jerro, sondern Stefan war. Niemand würde Fragen stellen. Niemand würde auf die Idee kommen, dass es einem pfiffigen Jungen gelungen war, in den Arbeitsraum von Bjorge Prins einzudringen. Kein Verbrechen, kein Täter.
Deswegen hatte Nolte Kasia ein Tütchen mit Betäubungsmittel gegeben. John hatte gesagt, es sei geschmacklos und hinterlasse keine Spuren im Körper.
Nolte brachte seinen Gartenstuhl in Liegestellung und schaute in den dunklen Himmel, zu den schwarzen Ästen und dem sichelförmigen Mond. Er stellte sich vor, wie Alfred in der Küche der Familie Prins einen Kaffee trank. Das machte er jeden Morgen, bevor er Jerro zur Schule fuhr. Kasia würde etwas Pulver in die dunkelbraune, bittere Flüssigkeit streuen. Die Wirkung setzte erst nach etwa zehn Minuten ein, also wenn Alfred und Stefan bereits zusammen im Auto sitzen würden. Nolte trank einen Schluck Bier.
Vielleicht würde ein Baum im Weg stehen oder ein Laternenpfahl oder etwas anderes, um das sich der Mercedes wickeln könnte. Oder Alfred würde mit seinem betäubten Kopf über Rot fahren und auf ein stehendes Fahrzeug prallen. Oder er konnte den Wagen gerade noch an den Straßenrand lenken, bevor er das Bewusstsein verlor oder einen Unfall verursachte. In diesem Fall würde Stefan aussteigen und Hilfe holen. Dabei würde er das andere Auto nicht bemerken. Das Auto, in dem Rudie und John saßen. Stefan würde überfahren werden, bevor er wusste, was geschah.
2.
Mick sah zu Jerros bleichem Gesicht hinter dem vergitterten Fenster. Am liebsten hätte er ihn hundert Dinge gleichzeitig gefragt. Ob er wusste, wer ihn gekidnappt hatte. Wann es geschehen war. Warum Alfred es nicht hatte verhindern können …
Leider war es ziemlich schwierig, sich mit einer Scheibe dazwischen zu unterhalten. Rufen traute sich Mick nicht. Die Frau, die mit Mister Sulu gesprochen hatte, könnte es hören. Daher versuchte er es mit Gebärdensprache. Er zog die Schultern hoch und hielt beide Hände in die Luft, als wolle er fühlen, ob es schon regnete. Was ist passiert?
Jerro hob die Hand – Moment! – und verschwand.
Mick hüpfte von einem Bein aufs andere.
Dann war Jerro wieder da. Er presste ein beschriebenes Stück Papier an die Scheibe.
Mick kniff die Augen zusammen, um die dicken schwarzen Filzstiftbuchstaben besser lesen zu können:
ENTFÜHRT
Ja, darauf war er auch schon selbst gekommen.
Jerro machte erneut das Zeichen für »kurz warten« und die Gardine schob sich wieder vor das Fenster. Es dauerte nicht lange, da kam er mit einem zweiten Text zurück: 1 FRAU, 3 MANN.
Mister Sulu und die Frau, dachte Mick. Und Pranke und Mondkrater wahrscheinlich, sonst würde der Rettungswagen nicht hier stehen. Sulu hatte er weggehen sehen, aber die beiden anderen Männer waren vielleicht doch im Haus. Drei Erwachsene, gegen die konnte er es im Leben nicht aufnehmen. Er sollte besser die Polizei benachrichtigen.
Jerro war wieder verschwunden. Mick tippte die Nummer ein und schaute sich unterdessen angespannt um.
»Eins, eins, zwei, Notfallzentrale«, meldete sich eine Frau. »Wen möchten Sie sprechen: Polizei, Feuerwehr oder Rettungswagen?«
»Polizei.«
»An welcher Adresse?«
Während Mick antwortete, erschien Jerro mit der dritten Botschaft am Fenster: TÜR VERSCHLOSSEN.
»Bleiben Sie bitte dran, ich verbinde Sie.«
Ein paar Sekunden, dann erklang die Stimme eines Mannes: »Wie ist die genaue Adresse dieses Notfalls?«
»Das weiß ich nicht«, sagte Mick. »Ich bin noch nie hier gewesen. Es ist ein Haus oder besser gesagt ein Bauernhof. Mit Scheunen.«
FRAU WAFFE!, meldete Jerro.
»Erzähl mir genau, was passiert ist«, sagte der Mann.
Lesen, Zuhören, Erzählen und das alles gleichzeitig. Schweißtröpfchen perlten auf Micks Stirn. Er war nicht gut in Multitasking.
»Mein Freund wurde entführt«, sagte er. »Sie haben ihn in diesem Bauernhof eingesperrt.«
»Ist er verwundet?«
»Das glaube ich nicht. Ich sehe ihn am
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