Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Passwort: Henrietta

Passwort: Henrietta

Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
Vom Netzwerk:
Sie brauchte jemanden, der emotional nicht mit drinsteckte.
    Sie trommelte mit den Fingern ein wenig auf der Tischplatte herum, dann griff sie zum Hörer und wählte.
    »Woods.« Die Journalistin meldete sich so abrupt wie immer.
    »Ruth, hier ist Harry Martinez. Sind Sie immer noch an der Geschichte über meinen Vater interessiert?«
    Eine Pause. Harry hörte am anderen Ende der Leitung laute Verkehrsgeräusche.
    »Haben Sie irgendwas für mich?«, fragte Ruth.
    »Ich mache langsam Fortschritte. Ein paar Tage noch. In der Zwischenzeit ist einiges passiert. Wollen Sie es hören?«
    »Einen Moment.« Papier raschelte. »Okay, schießen Sie los.«
    Harry erzählte alles, was in den vergangenen Tagen geschehen war. Ruth sagte dabei kein einziges Wort, erst als Harry vom Unfall ihres Vaters berichtete, wurde sie von der Reporterin unterbrochen.
    »Großer Gott, wird er es überleben?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Scheiße.«
    Eine weitere Pause, in der Ruth heftig an ihrer Zigarette saugte. »Und was machen wir jetzt?«, fragte sie dann.
    »Der Prophet will das Geld, also fliege ich auf die Bahamas, um es zu beschaffen.«
    »Und das wollen Sie ihm einfach so übergeben?«
    »Ich weiß nicht, ob ich eine andere Wahl habe. Aber wenn ich herausfinden sollte, wer er ist, könnte ich ihn vielleicht auffliegen lassen.«
    »Dann werden Sie umgebracht.«
    Da war es wieder, das weiße Rauschen. Harry schloss die Augen.
    »Sie könnten mir helfen«, sagte Harry schließlich.
    »Ach?«
    »Recherchieren Sie über Ralph Ashford, den CEO von KWC . Wo war er, als der Ring noch tätig war? Vielleicht hat er für JX Warner gearbeitet.«
    »Gute Idee. Was ist mit diesem anderen Banker, den Sie erwähnt haben, Jude Tiernan? Er war doch auch bei JX Warner, oder?«
    »Ja, aber das hat nicht unbedingt was zu bedeuten. Er hat mir geholfen, aber das war vielleicht auch nur eine Finte. Im Moment traue ich niemandem.«
    »Ich werde ein wenig Druck auf Leon ausüben. Er kennt mich. Er mag mich nicht, doch das liegt nur daran, dass er Angst vor mir hat. Klingt, als wäre er bis über beide Ohren darin verstrickt, vielleicht schlüpft ihm ja irgendwas heraus.«
    »Ist einen Versuch wert.«
    »Genau. Mal sehen, was sich machen lässt.« Ruth zögerte. »In welchem Krankenhaus liegt Sal übrigens?«
    Harry zog die Augenbrauen hoch. »St. Vincent. Warum?«
    »Nur so.«
    Harry musste fast lächeln. »Besuchszeiten sind von drei bis acht, falls das weiterhilft.«
    »Ah, ja.«
    Ruth legte auf, ohne sich zu verabschieden. Harry ließ das Handy auf den Tisch fallen, zog die Beine an und kauerte sich zusammen.
    Es war immer ein Fehler, wenn man seine Pläne verkündete. Ideen, die im ersten Moment genial erschienen, klangen dann nur noch dämlich, wenn man sie laut aussprach.
    Ihr Rücken kribbelte, nur mit Mühe konnte sie sich zurückhalten, sich an der Wand zu scheuern. Was zum Teufel trieb sie hier bloß? Flog zu einer Tausende Meilen entfernten Insel, auf der sie sich noch nicht einmal auskannte. Die Pläne, die sie hatte, konnten im besten Fall als skizzenhaft bezeichnet werden. Und es fehlte ihnen die entscheidende Zutat. Sie wusste noch immer nicht den Codenamen zum Konto ihres Vaters.

[home]
    42
      
    A ls Erstes fielen Harry die Farben auf, als sie auf der Insel New Providence eintraf.
    Sie kurbelte das Fenster im Taxi nach unten. Rechts von ihr stand eine Häuserreihe, die in safran-, mandarinengelben und kornblumenblauen Farben erstrahlte. Purpurne Bougainvilleen wucherten über die Mauern. Links von ihr lag das Meer, ein jadegrüner Streifen, verziert mit einem dünnen weißen Saum. Sie kam sich vor wie Dorothy, die aus der grauen Stadt in Kansas in die leuchtende Technicolor-Welt von Oz geschleudert wurde.
    »Zum ersten Mal in Nassau?«
    Der Taxifahrer reckte den Kopf, um im Rückspiegel zu ihr zu sehen. Er war jung, neunzehn, zwanzig vielleicht, mit drahtigen Locken, die aussahen, als wären sie wasserdicht. Er sagte, er heiße Ethan.
    Harry lächelte. »Ja, das erste Mal.« Nach zwölf Stunden Flug fiel ihr sogar das Zwinkern schwer.
    Ethan nickte. »Gibt nur zwei Gründe, warum die Leute auf die Bahamas kommen.« In seinem Akzent klang es wie »da Bahamas«. »Geschäftlich oder wegen der Liebe.« Er blinzelte ihr im Rückspiegel zu. Seine Augen waren überraschenderweise von heller, bernsteinfarbener Tönung. »Sie sehen mir nicht so aus, als wären Sie nicht wegen der Liebe hier.«
    Harry schüttelte den Kopf. »Rein

Weitere Kostenlose Bücher