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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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geschäftlich.«
    Ihre Oberschenkel begannen, auf den heißen Vinylsitzen allmählich zu kochen. Das Taxi hatte keine Klimaanlage, falls man die geöffneten Fenster nicht dazurechnete.
    »Auf den Bahamas, da kann man keine Geschäfte machen, lassen Sie sich das gesagt sein«, sagte Ethan. Er hupte den stehenden Verkehr vor sich an. »Hier geht es immer ganz langsam, gaaanz langsam voran.«
    Harry starrte zu den rosafarbenen Blüten und eleganten Palmen hinaus. »Ich dachte, genau darum geht es doch.«
    Er schüttelte den Kopf und hämmerte auf das Lenkrad ein. »New York, da macht man Geschäfte. Dort kann man alles ganz flink erledigen.«
    Harry sah zum Verkehr. Zwei Pferdekutschen hatten auf der Hauptstraße vor ihnen gewendet. Sie waren wie Zirkuswagen knallgelb und rot angemalt. Die Pferdehufe klackten in gemächlichem Tempo, die Tiere schienen sich vom Stau nicht irritieren zu lassen.
    Ethan schnaubte. »Da, sehen Sie das? Die Pferde? Altmodisches Zeug! Schnarcher, so nenn ich sie immer.«
    Er drückte auf das Gaspedal und schoss wie ein Kampfjet in eine vor ihnen sich öffnende Verkehrslücke. Fast im gleichen Moment bremste er wieder ab und kam vor einer Polizistin zu stehen, die den Verkehr auf der völlig verstopften Kreuzung regelte. Sie trug eine gestärkte weiße Uniformjacke, dazu weiße Handschuhe und dirigierte die Wagen mit ballerinahafter Anmut. Die Messingknöpfe und die Streifen seitlich an ihrem Rock erinnerten Harry an das noch immer lebendige britische Erbe der Bahamas.
    »Wenn Sie mich fragen, man hätte das alles einfach den Piraten lassen sollen«, sagte Ethan.
    »Welchen Piraten?«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Noch nie was von Blackbeard gehört? Hat mit richtigem Namen Edward Teach geheißen. Dem hat New Providence vor hundert Jahren praktisch gehört. Hier hat es vor Piraten nur so gewimmelt.« Er klopfte mit den Fingern auf das Lenkrad. »Man sagt, Piraten haben nicht davon geträumt, in den Himmel zu kommen, wenn sie sterben, nein, die haben davon geträumt, dass sie wieder in Nassau landen.« Er ließ den Motor aufröhren, nachdem die Polizistin ihn vorwärts dirigierte. »Nassau, das ist nur ein Alptraum, in dem alles in Zeitlupe abläuft, wenn Sie mich fragen.«
    Harry runzelte die Stirn. Seine Worte hatten etwas in ihr wachgerüttelt, das aber gleich wieder eingeschlummert war. Sie schüttelte den Kopf und sah wieder hinaus zum langen, geschwungenen Strand. Der Sand erschien wie gesiebtes Mehl, die aquamarinblauen Wellen, größer, als sie erwartet hatte, warfen unvorsichtige Schwimmer an den Strand, als wäre das Meer von einer riesigen Hand wie Badewasser aufgewühlt worden.
    Einige Minuten später riss Ethan den Wagen scharf nach links und hielt an. Er drehte sich auf seinem Sitz zu ihr um und vollführte mit einem Arm eine ausholende Bewegung. »Das alles hier, das ist der Cable Beach. Und hier ist Ihr Hotel.«
    Harry sah zur rosafarbenen Fassade. Das Nassau Sands Hotel war ein stattlicher Bau mit breiter Veranda und einem mit korinthischen Säulen bestückten Eingangsportal. Sie hatte es sich ausgesucht, weil es in der mittleren Preisklasse lag, jetzt aber, da sie davor stand, wirkte es auf sie eher wie ein prächtiges koloniales Herrenhaus.
    Sie dankte Ethan, gab ihm ein großzügiges Trinkgeld und stieg aus. Die Hitze wickelte sich um sie wie eine elektrische Heizdecke. Sie stieg die Veranda hinauf und betrat das Hotel. Sofort traf sie der Luftzug.
    Das Foyer war ein großer offener Pavillon, bei dem man zur einen Seite den Blick auf das grünblaue Meer hatte. Riesige Ventilatoren wälzten an der Decke die Luft um. Der glänzende Marmorboden sah eiskalt aus. Sie musste an sich halten, um sich nicht der Länge nach auf den Boden zu legen.
    Das Einchecken dauerte eine Weile, nach der halsbrecherischen Fahrt im Taxi war das gelassene Personal allerdings eine willkommene Abwechslung. Schließlich überreichte ihr die Rezeptionistin mit einem breiten Lächeln den Schlüssel. »Willkommen auf den Bahamas, Ms. Martinez. Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl.«
    »Danke.«
    Mittlerweile hatte sie sich an den Akzent der Einheimischen gewöhnt. Er war anders als der stereotype Singsang der Jamaikaner, den sie insgeheim erwartet hatte. Weicher, fließender, eine heitere Mischung aus britischen und afrikanischen Lauten.
    In ihrem Zimmer musste sie feststellen, dass es mit der verschwenderischen Großzügigkeit des Foyers vorbei war. Die Wände waren im Stil der siebziger Jahre gehalten und

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