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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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Ordnung?«, fragte er.
    Sie nickte und biss sich auf die Lippen. Eine Weile lang schwiegen sie beide. Der Boden des Labyrinths hatte sich mittlerweile in Morast verwandelt, die Hecken waren patschnass und wirkten verwahrlost. Die Flammen waren erstickt, übrig blieb nur dunkles, nasses Gelände.
    »Ich habe Sie am Flughafen gesehen«, sagte Harry schließlich. »Ich bin weggelaufen.«
    »Ich weiß.«
    »Woher wussten Sie, dass ich da sein würde?«
    »Diese Reporterin hat mich am Morgen angerufen.«
    Sie war erstaunt. »Ruth Woods?«
    Er nickte. »Sie hat gestern den ganzen Tag versucht, Sie zu erreichen, aber keine Antwort bekommen. Schließlich hat sie mich angerufen.«
    Gestern. Harry dachte an den vergangenen Tag und was sie – unter Einberechnung des Zeitunterschieds – wann getan hatte. Sie nickte, als sie sich an die verpassten Anrufe erinnerte, während sie sich auf das Treffen mit Owen Johnson vorbereitet hatte.
    »Sie wollte Leon Ritch aufsuchen«, sagte Jude. »Er war schon tot, bevor sie mit ihm reden konnte. Aber sie hat bei ihm so eine Art Dossier gefunden. Er hat herausgefunden, dass Dillon ungefähr zu gleichen Zeit bei JX Warner gearbeitet hatte wie der Prophet.«
    »Das heißt noch nichts. Sie waren damals auch dort beschäftigt.«
    »Es gab noch eine andere Verbindung. Leon wusste von Dillons Bruder. Er hatte Fotos, Namen, er hatte die Verbindung zwischen den beiden hergestellt. Und er hatte den Beweis, dass er hinter dem Unfall Ihres Vaters steckte.« Er sah ihr in die Augen. »Tut mir leid.«
    Wieder nickte Harry und sah weg.
    »Wie auch immer, die Reporterin hat das alles zusammengesetzt.« Sein Mund verhärtete sich. »Was die Polizei auch getan hätte, wenn die Beamten das Dossier gefunden hätten.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ihre verdammte Reporterin hat alles zurückgehalten. Sie wollte mit der Story groß rauskommen, bevor die Polizei die Sache unter Verschluss nahm. Wäre sie nicht gewesen, hätte Dillon schon gestern verhaftet werden können.« Er deutete auf das Labyrinth. »Und das alles wäre nicht passiert.«
    Harry folgte seinem Blick. Ein halbes Dutzend Beamte in schusssicherer Montur schwärmte ins Labyrinth, geleitet wurden sie von einem Beamten auf der Aussichtsplattform. Einer von ihnen hatte über dem Arm große Säcke mit Reißverschlüssen hängen, die wie die Kleidersäcke einer Reinigung aussahen. Jude musste sie auch gesehen haben.
    »Leichensäcke«, sagte er.
    Harry schluckte und schloss die Augen.
    »Sie haben mich also warnen wollen«, sagte sie nach einer Weile.
    Er nickte. »Jemand musste es doch tun. Ihre Reporterin ist abgetaucht, um an ihrer Story zu arbeiten.«
    Sie sah ihm in die Augen und dachte an den dichten, undurchdringlichen Nebel und seine Angst, bei solcher Witterung zu fliegen. »Danke.«
    Er nickte. Wieder schwiegen sie. Dann sagte er: »Wissen Sie, er hat es nie ertragen, wenn etwas nicht klappte, schon auf dem College nicht. Dillon, meine ich. Er musste bei allem immer der Beste sein.«
    Harry betrachtete ihre Hände und konnte darauf nichts erwidern.
    Jude räusperte sich. »Dann haben Sie das Sorohan-Geld also gefunden?«
    Harry sah zu den Beamten in der Nähe des Labyrinths und schüttelte den Kopf. »Das habe ich der Polizei nicht gesagt. Ich habe ihnen gesagt, es war kein Geld drin.«
    »Aber …«
    Wieder schüttelte sie den Kopf. »Warum sollte ich es erzählen? Was soll es noch? Es würde meinen Vater nur verletzen, wenn das Geld auch noch mit hineingezogen wird.«
    Jude runzelte die Stirn. Dann schien er es zu verstehen. Er starrte auf die rauchenden Hecken.
    »Wie viel war drin?«, fragte er leise.
    Harry zögerte. »Fünfzehn Millionen Euro.«
    Er stieß einen leisen Pfiff aus und lehnte sich auf seinen gesunden Ellbogen. Harry spürte, wie sich ihr Körper langsam entspannte. Dann dachte sie an Arbour Hill, das trostlose Gefängnis, an die Insassen und ihre verdammten Seelen. Sie dachte an den beschwingten Gang ihres Vaters, als er es verlassen durfte. Vielleicht war es dumm, die Polizei zu belügen, doch sie wusste, sie konnte nicht zulassen, dass er dorthin zurückgeschickt wurde. Sie musste es darauf ankommen lassen, was die Beamten unter den verkohlten Überresten im Labyrinth noch finden würden. Soweit sie es betraf, hatte ihr Vater nichts mehr zu verbergen.
    Allerdings hätte sie sich um ihren Vater keine Sorgen mehr machen müssen. Einige Wochen darauf teilten die Ärzte ihr mit, dass er im Sterben

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