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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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feststellen, dass sie nicht an ihren Vater oder an die zwölf Millionen Euro dachte, sondern an Dillon. Und nicht an den Dillon, der unten am Telefon hing und irgendeinen Deal abzog, sondern an den einundzwanzigjährigen Jungen, der bei ihr im Zimmer gesessen und ihr die Hand gehalten hatte.

[home]
    11
      
    W arum willst du eine Hackerin sein?«
    Die dreizehnjährige Harry suchte nach einer Antwort, mit der sie diesen braungebrannten, gutaussehenden Jungen mit seinem Halblächeln beeindrucken konnte. Ihr wollte nichts einfallen, weshalb sie ihm einfach die Wahrheit sagte.
    »Weil ich es kann.«
    Sie wartete auf seine Reaktion, aber es kam nichts. Stattdessen schien er ganz gefangen von der Lötkolben- und Schraubenziehersammlung, die über ihre Regale verteilt lag. Er war ganz in Schwarz gekleidet wie ein junger Priester, und seine schweren Haarsträhnen fielen ihm über die buschigen Augenbrauen. Wenn sie nur nicht ihre braune Schuluniform und die hässlichen Schnürschuhe tragen würde.
    Ihre Mutter hatte ihn in ihr Zimmer geführt und sich dabei aufgeführt, als stünde das FBI vor der Tür. Als er sich als Dillon Fitzroy, Ermittler der Dubliner Börse, vorstellte, war es ihr eiskalt über den Rücken gelaufen.
    Er griff sich einen der Schraubenzieher und klopfte damit gegen die Hand.
    »Dann sag mir: Warum Pirata?«, fuhr er fort und bezog sich damit auf ihr Hacker-Pseudonym.
    »Pi-rrata«, korrigierte sie und sprach das Wort mit einem rollenden »r« und irre schnell aus. »Das ist Spanisch für Pirat.«
    Plötzlich kam es ihr kindisch vor, aber er nickte nur, als wäre das Wort eine ganz vernünftige Wahl. Er sah ihr in die Augen und verzog den Mund zu einem netten Lächeln. »Ist es okay, wenn ich diese Fragen stelle?«
    Sie nickte und spürte, wie ihre Wangen heiß wurden, setzte sich aufs Bett, starrte auf ihre unförmigen Treter und zwang sich dazu, ihre feuerrote Gesichtsfarbe abebben zu lassen. Sie war sich nur allzu bewusst, dass ihre Mutter auf der anderen Seite der Tür stand und jedes Wort belauschte.
    Dillon ließ den Blick durch das Zimmer und über die zerlegten Rechner und ausgeschlachteten Radios schweifen. »Baust du hier irgendwas zusammen?«
    Sie versuchte, ganz beiläufig mit den Schultern zu zucken. »Steck mich in ein Zimmer mit einem Kasten, in dem Drähte sind, und ich zerleg ihn.« Dann biss sie sich auf die Lippen und bedauerte ihre schnoddrige Antwort. Sie steckte hier in Schwierigkeiten, wie ihr nur allzu klar war.
    Dillon zog den Schreibtischstuhl unter ihrem Tisch hervor. Darauf lag ein großes rotes Paket. Sie nahm es weg und wiegte es auf ihrem Schoß. Er setzte sich ihr gegenüber und verschränkte die Arme.
    »Du weißt, warum ich hier bin, oder?«, sagte er.
    Sie kamen also zur Sache. Sie starrte zu Boden. »Ja.«
    »Was dagegen, wenn ich einen Blick darauf werfe?« Er deutete auf ihren PC .
    Sie schüttelte den Kopf, doch er hatte sich bereits zum Bildschirm umgedreht. Seine Finger flogen über die Tastatur. Harry rückte näher an ihn heran, bis sie sehen konnte, was er trieb. Textzeilen liefen über den Bildschirm, während er ihre Dateien durchging und nach ihren Hacker-Tools suchte.
    »Hübsches Haus, in dem du wohnst«, sagte er, ohne sie anzusehen.
    Harry zog die Augenbrauen hoch. »Ja. Wir sind erst seit einem Jahr hier.« Sie sah zu den wolkigen weißen Vorhängen und dem spitzenbesetzten Laken. Ein Prinzessinnenzimmer. Wie absurd, dass sie noch immer das winzige Zimmer im ausgebauten Dachgeschoss vermisste, das sie mit Amaranta geteilt hatte – das Zimmer mit den schmalen Betten und dem Springseil, das ihre Schwester mitten durch den Raum gespannt hatte, um ihr Territorium abzugrenzen. Aber ihr Dad hatte einen neuen Job bekommen. Ihre Mutter ritt zwar immer noch darauf herum, wie übel es mit seiner Arbeit bei Schrodinger ausgegangen war, aber ihr Dad sagte, dass diesmal alles besser werden würde. Und er hatte recht damit.
    Sie wandte sich wieder Dillon zu, der sie ansah. Sein Blick wanderte über ihre Schuluniform und blieb an ihren Schuhen hängen, die ihr das Gefühl gaben, sie hätte Klumpfüße.
    »Bist du auch auf einer neuen Schule?«, fragte er und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf ihre Dateien.
    Sobald sie an die Schule dachte, bekam sie Magenschmerzen. Sie zuckte mit den Schultern und setzte eine Miene auf, mit der sie zum Ausdruck bringen wollte, dass das alles keine große Sache sei.
    »Ja, aber ich komm schon zurecht. Nur dass immer alle

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