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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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eingezahlt.«
    »Vielleicht von dritter Seite?«
    Von dritter Seite. Harry rutschte das Herz in die Hose. »Ich weiß nichts von diesem Geld. Aus Ihren Unterlagen muss doch ersichtlich sein, woher das Geld stammt?«
    Sandra räusperte sich. »Na ja, das ist eben die kleine Unregelmäßigkeit.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Unsere Aufzeichnungen scheinen nicht ganz vollständig zu sein. Ich habe die letzten Transaktionen vor mir auf dem Bildschirm. Die Einzahlung ist aufgeführt, aber es fehlen alle weiteren Informationen dazu. Normalerweise können wir sagen, ob es sich um einen Scheck, eine Online-Überweisung et cetera handelt, aber das fehlt hier alles.«
    »Es steht nichts dabei? Eine Bankleitzahl? Ein Name?«
    »Nein, nur die Summe. Zwölf Millionen.«
    Harry ließ sich rückwärts aufs Bett fallen. Was zum Teufel war hier los?
    »Diese zwölf Millionen Euro gehören mir nicht«, sagte sie. »Ich will sie nicht auf meinem Konto haben.«
    Sie konnte förmlich hören, wie die andere Frau zusammenzuckte.
    »Daran kann ich leider nichts ändern«, sagte Sandra. »Das Geld ist Ihrem Konto gutgeschrieben worden.«
    »Das ist doch lächerlich.« Harry schloss die Augen und massierte sich den Nasenrücken. »Niemand überweist zwölf Millionen Euro, ohne dabei irgendwelche Informationen zu hinterlassen. Haben Sie nicht irgendwelche Prüfmechanismen, die automatisch greifen, wenn bestimmte Limits überschritten werden? Würde denn bei einer Summe wie dieser nicht jemand nachfragen?«
    »Normalerweise schon, deshalb rufe ich Sie jetzt auch an.« Sie klang verärgert. »Es gibt ganz offensichtlich ein Problem mit dieser Transaktion. Ich werde sofort den Systemsupport darauf ansetzen. In der Zwischenzeit aber wird das Geld auf Ihrem Konto verbleiben.«
    »Können Sie mir einen Kontoauszug zuschicken? Ich würde das alles gern sehen.«
    »Natürlich.« Sie war die Freundlichkeit in Person.
    Harry legte auf. Dann packte sie sich ihre Tasche, holte ihren Laptop heraus und verband ihn mit dem Netzwerkanschluss in der Wand. Keine Minute später war sie online und loggte sich in ihr Konto bei der Sheridan Bank ein. Sie ließ sich ihre Umsätze anzeigen und starrte auf den Bildschirm. Dann lud sie die Seite neu und überprüfte sie ein weiteres Mal. Das gleiche Ergebnis.
    € 12000120,42
    Harry sank wieder auf das samtweiche Bett. Es musste ein Fehler sein, irgendein Problem mit den Transaktionsabwicklungen der Bank. Solche Sachen konnten doch passieren, oder?
    Sie betrachtete ihre Handflächen. Die Schnitte vom Schotter sahen wie Zahnabdrücke aus. Seufzend setzte sie sich auf. Wem zum Teufel wollte sie hier was vormachen? Sie weigerte sich vielleicht, den Tatsachen ins Auge zu sehen, aber alles, was heute geschehen war, musste irgendwie miteinander in Verbindung stehen. Und ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass das Verbindungsglied ihr Vater war. Wenn sie ehrlich war, hatte sie es schon gewusst, als der Typ im Bahnhof ihr ins Ohr geflüstert hatte. Sorohan war ein Name, der seit der Verhaftung ihres Vaters mit Bedeutung aufgeladen war.
    Sie erinnerte sich an die Zeitungsschlagzeilen
: Sorohan-Betrug: Insider-Trading-Ring ausgehoben; KWC -Anführer von Dubliner Börse angeklagt
. Es zog ihr die Brust zusammen. Das alles war fast acht Jahre her. 7. Juni 2001, um genau zu sein. Der Tag, an dem zwischen ihr und ihrem Vater endgültig die Klappe gefallen war.
    Aber wer zum Teufel sollte zwölf Millionen Dollar auf ihr Konto einzahlen? Sicherlich nicht ihr Vater. Der saß im Arbour-Hill-Gefängnis, und sie zweifelte, ob die Insassen in den Genuss von Online-Banking kamen. Sie klappte den Laptop zu. Nicht nur hatte jemand einen Haufen Geld auf ihr Konto eingezahlt, er hatte es auch getan, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Das ergab keinen Sinn.
    Sie erhob sich vom Bett und schlurfte ins angrenzende Badezimmer. Zu müde, um sich mit der kompliziert aussehenden Jacuzzi-Dusche abzugeben, steuerte sie ohne Umschweife die Wanne in der Ecke an und drehte die Hähne voll auf.
    Sie zog sich aus und betrachtete sich im hohen Spiegel. Ihre Beine waren von blauen Flecken übersät wie eine überreife Banane. Ihr rußverschmiertes, hohläugiges Gesicht wirkte ängstlich, Schrammen zogen sich über die Wangen. Sie sah aus wie die verwahrlosten Kinder, die man früher in die Kamine klettern ließ.
    Zentimeter für Zentimeter ließ sie sich in das dampfende Wasser sinken. Dann schloss sie die Augen, ließ ihre Gedanken schweifen und musste

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