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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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Sie würde an der einen Seite des Tisches sitzen, er an der anderen. »Aber ich weiß davon nichts, Harry, ganz ehrlich«, würde er ihr sagen. Und dann leicht mit den Schultern zucken und die Handflächen nach oben drehen, als könnte er damit beweisen, dass er nichts zu verbergen hatte.
    Harry wandte sich zu Jude und lächelte ihn trocken an. »Glauben Sie mir, ihn zu fragen ist keine Option.«
    Jude seufzte. »Was wollen Sie also von mir?«
    »Ich muss verstehen, wie mein Vater und die anderen Ringmitglieder ihre Insidergeschäfte durchgeführt haben. Woher kam das Geld, wohin ging es?«
    »Klingt fast so, als sollte ich das wissen.«
    »Hören Sie, ich bitte Sie nur darum, Ihre Phantasie spielen zu lassen. Stellen Sie sich vor, Sie sind nicht der aufrechte Investmentbanker, der sich immer an alle Regeln hält, sondern ein Betrüger, ein Gauner.« Sie sah starr vor sich hin. »Stellen Sie sich vor, Sie wären mein Vater.«
    Er schwieg eine Weile. Dann sagte er: »Okay. Nehmen wir an, ich bin ein Investmentbanker und verfüge über kursrelevante Informationen, die ich zu meinem Vorteil nützen möchte. Als Erstes wüsste ich: Ich kann meine normalen Depots nicht nutzen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie überwacht werden. Investmentbanken haben ein Auge auf die Depots ihrer Angestellten. Ein zwielichtiger Deal, und die Alarmglocken schrillen.«
    »Was würden Sie also tun?«
    Jude zuckte mit den Achseln. »Ich würde ein geheimes Depot eröffnen, höchstwahrscheinlich bei einer Schweizer Bank, und darüber traden.«
    »Eine Schweizer Bank?« Harry zog die Augenbrauen hoch. »Das machen doch sonst Agenten oder Leute, die Geld waschen wollen?«
    »Nicht unbedingt. Man muss kein Verbrecher sein, um in der Schweiz ein Konto oder Depot zu eröffnen. Jeder kann es, wenn man seine Finanzgeschäfte geheim halten will.«
    »Dann ist es also völlig anonym?«
    Jude schüttelte den Kopf. »Nein, das ist ein Mythos. Es gibt kein wirklich anonymes Konto. Alle Schweizer Banken kennen die Identität ihrer Kunden.«
    »Und was ist mit Nummernkonten? Ich dachte, die sind dafür gemacht, dass nirgends mehr ein Name auftaucht?«
    »Der taucht auch nicht auf. Trotzdem hat die Bank irgendwo im Archiv den dazugehörigen Namen und die Adresse verzeichnet. Nur einige hochrangige Bankangestellte haben Zugang dazu, trotzdem existiert er.«
    »Aber er ist geheim?«
    »Oh, absolut.« Erst einmal in Fahrt gekommen, erwies sich Jude bei dem Thema als richtige Plaudertasche. »In der Schweiz ist es per Gesetz verboten, Kundeninformationen herauszugeben. Bankangestellte unterschreiben in ihrem Vertrag eine Verschwiegenheitsklausel. Wer auch nur zugibt, dass es das Konto überhaupt gibt, riskiert damit, ins Gefängnis zu wandern.«
    Als Anreiz, den Mund zu halten, würde das reichen, ging Harry durch den Kopf. »Wenn eine ausländische Regierung an eine Schweizer Bank herantritt und Beweise vorlegt, wonach ein bestimmtes Konto zu kriminellen Machenschaften missbraucht worden ist, was geschieht dann?«
    »Na ja, die Schweizer haben so ihre eigenen Vorstellungen, was kriminelle Machenschaften sind. Bei Steuerhinterziehung und Scheidungsquerelen ist nicht viel zu holen, bei Verbrechen wie Drogenhandel oder Insiderhandel würden sie wahrscheinlich kooperieren.«
    »Also, wie geht man vor, wenn man so ein Konto eröffnen will?« Sie sah aus dem Fenster. Die Landschaft unter ihnen änderte sich. Das karge Grasland war von kleinen Hügeln abgelöst worden, direkt vor ihnen lagen die sanften Hänge des Sugarloaf. Sie flogen nach Süden in Richtung der Dublin Mountains.
    Jude zuckte mit den Achseln. »Genauso, wie man auch sonst ein Konto eröffnet. Man füllt einige Formulare aus, legt einen Nachweis über seine Identität bei, meistens den Pass. Viele Schweizer Banken bestehen auf einem persönlichen Gespräch. Aber abgesehen von den Verschwiegenheitsbestimmungen, ist es nicht viel anders als bei jeder anderen Bank auch. Man bekommt seine VISA -Card, EC -Karte, Internet-Banking.«
    »Wenn mein Vater also ein solches Konto eröffnet hat, dann musste er dazu in die Schweiz?«
    »Oder in die Karibik. Auf die Bahamas, Bermudas, die Cayman Islands. Die Schweizer Banken betreiben dort Zweigstellen, für die die gleichen Bestimmungen gelten.«
    Harry dachte an die zahlreichen Geschäftsreisen, die ihr Vater im Lauf der Jahre nach Amerika unternommen hatte. Die Karibik dürfte für ihn daher das wahrscheinlichere Ziel gewesen sein. »Und wie verwaltet er dieses

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