Passwort: Henrietta
heraus. Es war Ian.
»Ich hab mich ein wenig umgesehen, Harry. Ich sag es nur ungern, aber es sieht so aus, als hätte der Drachen recht.«
»Was?«
»Es gab diese zwölf Millionen Euro nie.«
»Sie machen Witze.«
»Leider nicht. Hab mit den Jungs im technischen Support gesprochen, hab mir sogar die Buchungsprotokolle selbst angesehen. In unserer zentralen Datenbank scheint am Montag irgendwas schiefgelaufen zu sein, dabei ist Ihr Konto beschädigt worden.«
»Beschädigt? Wie ist das geschehen?«
»Na ja, darum haben sie sich noch nicht gekümmert. Aber sie können mit Sicherheit sagen, dass es das Geld nie gegeben hat. Hören Sie, jede Nacht läuft ein Abgleichprogramm, das alle Geldtransfers des Tages überprüft. Am Freitagabend hat es bei Ihrem Konto Alarm geschlagen. Zu den Zahlen, die die Datenbank für Ihr Konto auswarf, gab es anscheinend keinen korrespondierenden Geldtransfer.«
»War nur mein Konto oder waren auch andere betroffen?«
Ian zögerte. »Eigentlich nur Ihres.«
»Dann kann man kaum von einer zufälligen Störung sprechen, oder?« Harry kaute an der Innenseite ihrer rechten Wange herum. »Kommen Sie, Ian, Sie sind nicht auf den Kopf gefallen. Sie haben die Buchungsprotokolle gesehen. Was ist Ihrer Meinung nach passiert?«
Wieder eine Pause. »Wenn Sie mich fragen, wurde bei Ihrem Konto illegal ein neuer Datensatz eingestellt.«
»Illegal eingestellt? Mit anderen Worten, jemand hat sich an der Datenbank zu schaffen gemacht?«
»Sieht so aus. Und schwer zu glauben, dass so was zufällig geschieht.«
»Können Sie mir sagen, wann es passiert ist?«
»Nach den Unterlagen, die ich eingesehen habe, muss es am Freitagnachmittag so um halb zwei geschehen sein. Aber es kommt noch besser. Der Eintrag wurde heute illegal vom System gelöscht.«
»Was? Ich habe angenommen, das hätten Ihre Jungs gemacht, als Sie mein Konto richtiggestellt haben.«
»Nein, jemand ist uns zuvorgekommen. Es wurde am Freitag eingestellt und heute gelöscht.«
Harry starrte zur blauen Tür auf der gegenüberliegenden Straßenseite. »Was ist mit der Adresse? Wann wurde die geändert?«
»Auf die gleiche Art, zur gleichen Zeit.« Dann lachte Ian. »Hey, Harry, das haben Sie doch nicht selbst gemacht? Schließlich haben Sie sich am Freitag ziemlich in unseren Systemen rumgetrieben. Ich würde meinem Guthaben auch ein paar Nullen hinzufügen, wenn ich wüsste, ich käme damit durch.«
»Nette Idee, aber ich war es leider nicht.«
Ian seufzte. »Na ja, wenn es nicht Zufall war und Sie auch nicht die Finger mit im Spiel hatten, dann wissen Sie, womit wir es hier zu tun haben, nicht wahr?«
Harry fixierte die Nummer 13 und nickte bedächtig, während Ian fortfuhr.
»Dann haben wir hier einen Hacker.«
[home]
30
H arry schlug mit der Faust aufs Lenkrad. Jetzt siehst du mich, jetzt siehst du mich nicht. Ihr Unbewusstes hatte es ihr schon vor einiger Zeit zu verstehen gegeben.
Bei ihrem ersten Anruf im Kundensupport hatte man ihr gesagt, dass die Buchung unvollständig sei: kein Datum, keine Zeitangabe, nichts, woher das Geld gekommen war. Datenbanken zu manipulieren war Harry nicht fremd. Insgeheim hatte sie die Symptome erkannt und bereits zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass etwas nicht stimmen konnte.
War Felix der Hacker gewesen? Oder Jude? Der sich als Computer-Analphabet ausgab, aber genauso gut auch lügen konnte. Ian hatte versprochen, ein wenig in den Dateien zu wühlen, um Hinweise auf die Identität des Hackers zu finden, aber Harry hatte das Gefühl, dass es keine Spuren geben würde.
Sie fixierte die blaue Tür auf der anderen Straßenseite. Wer zum Teufel wohnte hier? Sie trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad und ging ihre Möglichkeiten durch. Sie könnte sich zur Rückseite schleichen und dort nach einem Eingang suchen. Sie biss sich auf die Lippen; die Idee gefiel ihr nicht besonders. Oder sie wartete, bis jemand das Haus betrat, hinter dem sie dann hineinschlüpfen könnte. Sie blickte die Straße auf und ab, aber niemand war zu sehen. Ihr Blick fiel auf den Rückspiegel und das Motorrad hinter ihr.
Angenommen, sie ging einfach zum Eingang und klingelte dort?
Bevor sie es sich anders überlegen konnte, beugte sie sich nach hinten zum Rücksitz und suchte in dem dort ständig hin und her rutschenden Stoß von Computerzeitschriften nach dem goldenen, mit Luftpolster gefütterten A4-Umschlag. Darin waren einmal bei Amazon bestellte Software- CD s zugestellt worden. Jetzt stopfte
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