Passwort: Henrietta
Tiernan rutschte auf seinem Stuhl herum. Felix Roche starrte Harry an und sah aus, als hätte er noch mehr zu sagen.
Harry machte sich nicht die Mühe, sich umzudrehen, um für die unerwartete Unterstützung zu danken. Zum Teufel damit. Sie hatte genug. Sie legte beide Hände auf den glänzenden Konferenztisch. Die Oberfläche war glatt und kalt wie ein Spiegel. Dann stieß sie sich davon ab, erhob sich und sah ihn an.
»Mr. Roche, ich bin gekommen, um mich mit Ihnen über die Sicherheit Ihrer IT -Systeme zu unterhalten, das ist alles, warum ich hier bin.«
Sie packte ihre Tasche und wandte sich zur Tür. Dann kam ihr ein Gedanke. Sie wusste, sie sollte ihn nicht laut aussprechen, aber sie war ja sowieso auf dem Abmarsch. Sie drehte sich um.
»Wer weiß, vielleicht war mein Vater gar nicht der Einzige, der hier Insidergeschäfte betrieben hat. Vielleicht hat seine Verhaftung nur die ganze Party gesprengt.«
Felix Roche fiel die Kinnlade herunter. Jude Tiernan stand auf, die Lippen zu einer dünnen Linie zusammengepresst.
Coco der Clown hatte sich ebenfalls erhoben und hielt eine Hand hoch. »Gentlemen, bitte …«
Jude Tiernan unterbrach ihn. »Werfen Sie nicht mit Anschuldigungen um sich, die Sie nicht belegen können, Ms. Martinez.« Er umklammerte seinen silbernen Stift. »Einige in unserem Beruf sind durchaus um Integrität bemüht, im Gegensatz zu Ihrem Vater.«
»Sieh an, ein Investmentbanker mit ethischen Grundsätzen«, sagte Harry. »Wer hätte das gedacht?«
Sie eilte, so schnell sie konnte, zur Tür, ohne geradewegs zu laufen. Der verdammte Raum war länger als ein Tennisplatz. Sie riss die Tür auf und knallte sie hinter sich zu.
Sie war schon halb durch den Gang, als sie bemerkte, dass sie zitterte. Sie rauschte um die nächste Ecke und suchte nach dem Ausgang. Verdammt, die Aufzüge mussten in der anderen Richtung liegen. Ihr Orientierungssinn konnte im besten Fall als rudimentär bezeichnet werden, aber jetzt war nicht unbedingt der Zeitpunkt, um sich zu verirren und um Hilfe bitten zu müssen.
Sie machte auf dem Absatz kehrt, kam erneut am Konferenzraum vorbei, fand die Aufzüge und drückte auf den Knopf. Unruhig ging sie auf und ab, während sie wartete.
Dann wurde die Tür zum Konferenzraum geöffnet, grollende Stimmen waren zu hören. Sie sah zum Lift. Noch zwei Stockwerke. Ein Blick in den Gang, aber sie fand nichts, wo sie sich hätte verstecken können. Keine Türen, keine Schränke. Nichts als glänzender Marmorfußboden.
Jemand kam heraus. Coco der Clown. Als er sie erblickte, neigte er den Kopf.
»Ms. Martinez, nehmen Sie bitte meine Entschuldigung an.«
Er kam auf sie zu und streckte ihr mit trauriger Miene die Hand hin. Die Brauen wiesen senkrecht nach oben in Richtung der hohen Stirn.
»Ashford ist mein Name«, sagte er. »Vorstandsvorsitzender von KWC . Sie wurden hier sehr schlecht behandelt, und ich versichere Ihnen, die fraglichen Personen werden für ihre mangelnde Professionalität zur Rechenschaft gezogen.«
Harry ignorierte die ausgestreckte Hand. »Seit wann nimmt ein Vorstandsvorsitzender an routinemäßigen IT -Meetings teil?«
Ashford ließ die Hand sinken. »Gute Frage. Gut, ich muss zugeben, ich war neugierig. Ich wollte Sie kennenlernen.«
Der Aufzug klingelte, die Türen gingen auf. Harry trat ein und drückte auf den Knopf fürs Erdgeschoss.
»Ich kenne Ihren Vater seit mehr als dreißig Jahren«, sagte Ashford. »Salvador ist ein großartiger Freund und wunderbarer Mensch.« Er lächelte. »Sie sind ihm sehr ähnlich.«
Die Aufzugtüren gingen zu. Harry starrte ihn durch den schmaler werdenden Spalt an.
»Ich kenne meinen Vater schon mein ganzes Leben«, sagte sie. »Und ich kann Ihnen versichern, ich bin überhaupt nicht wie er.«
[home]
5
C ameron wusste, dass er nirgendwo so recht hinpasste. Das lag an der Farbe seiner Haare. Ein wenig heller, und er wäre ein Albino, so hatte ein Mädchen einmal gesagt, als er sich in ihren knochigen Leib gerammt hatte. Danach hatte er seine Finger um ihren Hals gelegt und so lange zugedrückt, bis sie sich nicht mehr bewegt hatte.
Er zog die schwarze Wollmütze noch tiefer über die Augenbrauen und sah auf seine Uhr. Er müsste los, bevor er jemandem auffiel, aber seine Anweisungen lauteten, eine weitere Stunde zu warten.
Er war noch nie im International Financial Services Centre gewesen. Seiner Meinung nach war es ein Ort, wo sich die Reichen einfanden, um noch reicher zu werden. Er kannte
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