Passwort: Henrietta
als wären sie ein Teil des Raums. In der Ferne erkannte sie die pfefferminzgrüne Kuppel des Zollgebäudes und das gewellte Dach der Liberty Hall. Die Geschäfte mussten gut laufen für KWC .
Felix beugte sich über den Tisch. »Okay, ich beschreibe Ihnen den Worst Case«, sagte er. Er hatte Zwiebeln zum Mittagessen gehabt, wie unmissverständlich zu riechen war. »Wie wäre es, wenn jemand Einblick in unsere vertraulichen M&A-Deals bekäme? Ist Ihnen das schlimm genug?«
M&A. Mergers and Acquisitions. Fusionen und Übernahmen.
Die Abteilung, in der ihr Vater gearbeitet hatte, bevor er verhaftet worden war. Harry schluckte und fummelte an ihrem Notizblock herum. Dann sah sie zu Felix. Sie war es gewohnt, bei den Jungs von der Technik auf Ablehnung zu stoßen, aber das hier war etwas anderes. Sie hatte Dillon gesagt, sie käme mit dem Auftrag zurück, KWC sei ein Kunde wie jeder andere auch. Jetzt war sie sich dessen nicht mehr so sicher.
Die Tür ging auf, und ein Mann um die dreißig betrat den Raum. Er war gut gebaut, hatte hellbraune Haare und die Schultern eines Rugbyspielers.
Felix Roches Miene verfinsterte sich.
»Hallo, Felix, ich setz mich mal dazu.« Stirnrunzelnd sah er zu Harry, während er sich einen Stuhl heranschob.
Sie spürte, wie ihre Wangen kribbelten, als er sie ansah. Was war mit diesen Typen bloß? Sie straffte die Schultern und stand auf.
»Harry Martinez.« Sie streckte ihm die Hand hin.
Sein Stirnrunzeln verschwand, und er grinste. »Tut mir leid, ich hab einen Mann erwartet. Passiert Ihnen wahrscheinlich ständig, oder?« Er gab ihr die Hand. »Jude Tiernan. Ich bin Investmentbanker.«
Er hatte eine warme Hand, der zitrusartige Geruch seines Aftershaves erfüllte den Raum. Was zum Teufel hatte ein Investmentbanker bei einem IT -Meeting zu suchen? Dann erinnerte sie sich an Roches bissige Bemerkung zu den M&A-Geschäften.
»Lassen Sie mich raten«, sagte sie. »Sie arbeiten für die M&A-Abteilung?«
»Sagen wir mal, die M&A-Abteilung arbeitet für mich.«
Harry setzte sich wieder. Dann war er also der Leiter der M&A-Abteilung, genau wie es ihr Vater gewesen war. Die strafrechtliche Verurteilung des einen war der Karriereschub des anderen gewesen. Sie spürte die Blicke der beiden Männer auf sich. Ihr Vater war in der Bank eine Legende. Hatten sie die Verbindung hergestellt, und war er jetzt gekommen, um sie in Augenschein zu nehmen? Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, unfähig, ihnen in die Augen zu schauen.
Jude Tiernan legte sein Handy auf den Tisch und zog einen silbernen Stift aus der Brusttasche. Er ließ ihn zwischen den Fingern der einen Hand kreisen, mit der anderen deutete er zu Harry. »Bitte fahren Sie fort.«
Harry sah vom einen zum anderen. »Ich habe eigentlich gedacht, jemanden von der IT -Sicherheit anzutreffen. Jemanden, der die Systeme kennt.«
Felix Roche schnaubte. » IT -Sicherheit. Ich kenne unsere Systeme besser als jeder andere. Ich hab die verdammten Maschinen praktisch selbst eingerichtet.«
»Verstehe.« Wieder sah Harry auf die Visitenkarte. »Und jetzt sind Sie bei der IT -Beschaffung?«
Er starrte sie finster an. »Der Karriereschritt hat sich so ergeben. Die Sicherheit war mehr als froh, mich dieses erste Treffen leiten zu lassen, glauben Sie mir. Erspart ihnen die Mühe.«
Harry atmete tief durch. Sie sah auf ihren Notizblock, obwohl sie nichts aufgeschrieben hatte.
»Gut. Nun, ich weiß nicht, was Dillon mit Ihnen schon besprochen hat«, sagte sie. Nicht viel, so wie es aussah. »Wir sollten festlegen, was der Penetrationstest abdecken soll, welche Vorgehensweise Ihnen am liebsten ist.«
Du musst die Mitspieler am Tisch kennen, hatte ihr Vater ihr beigebracht. Und dann stellst du dich auf sie ein. Das Problem war nur, sie kannte diese Typen überhaupt nicht, und sie hielten sich auch äußerst bedeckt.
»Ein Pen-Test ist reine Zeitverschwendung«, sagte Felix Roche. »Unsere Systeme sind dicht, das garantiere ich persönlich.« Wieder sein finsterer Blick. »Wer was anderes behauptet, stellt meine berufliche Kompetenz in Frage.«
Jude Tiernan ignorierte ihn. »Was genau geschieht bei einem solchen Pen-Test, Ms. Martinez?«
Felix Roche seufzte. »Ach, kommen Sie, Jude, das hab ich mit ihr schon besprochen. Wir wissen doch beide, dass sie nur da ist, weil Sie ein alter Kumpel von ihrem Boss sind und er scharf ist auf das Renommee, das an diesem Auftrag hängt.«
Harry sah erneut auf ihren Notizblock. Kein Wunder, dass man sie hier
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