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Passwort in dein Leben

Passwort in dein Leben

Titel: Passwort in dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Stehle
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kennen.
    Eine Zeit lang fand ich es gut, ganz neu anfangen zu können, mit Leuten zusammen zu sein, die mich nur als die erleben, die ich heute bin, sein will, die keine Ahnung haben, dass ich im Kindergarten nichts anderes gegessen habe als Nutellabrot. Die aber auch nichts von all den anderen Dingen wissen, davon, wie mutig ich mit fünf war, wie ich auf die höchsten Bäume geklettert bin oder Städte erfunden habe, die unter der Erde liegen oder hoch oben in der Luft. Ich glaube, dass man sich nie völlig neu erfinden kann, dass man immer alles bleibt, was man irgendwann einmal war, dass ich irgendwo noch genau dieses kleine Mädchen bin. Auch wenn ich mich natürlich weiterentwickelt habe. Es war immer ein wenig anstrengend, all das zu verstecken, die Cliquenregeln darüber herauszufinden und zu beachten, wie man sich zu verhalten hat, was cool ist und was nicht. Mit Clara ist das anders. Sie kennt mich so gut, dass ichsowieso keine Chance hätte, irgendetwas zu verstecken. Und irgendwie ist das entspannend, ich kann einfach nur ich sein und muss keine Angst haben, dass sie mich wegen irgendetwas, das ich falsch mache, nicht mehr zur Freundin haben will.
    »Sieht aus, als wärst du wieder ein wenig mehr du selbst«, meint Clara und redet dann von den Bands, die heute Abend auftreten, zeigt mir Bilder auf ihrem iPhone und wir hören uns Hörproben auf Myspace an.
    Trotzdem habe ich total wacklige Knie, als wir uns später treffen und gemeinsam auf den Weg zum Club machen. Meine Ohren sind eiskalt vom Novemberwind und ich stecke meine Hände tief in die Jackentasche. Dort knistert etwas. Es ist eine Kinokarte von dem Abend, als ich mit David im Kino war. Das einzige Mal. Wir haben recht wenig miteinander gemacht, waren fast nie zusammen aus. Eigentlich kannte ich ihn gar nicht richtig. Vielleicht haben wir wirklich nicht zusammengepasst. Irgendwann werde ich sicher einen Besseren finden, einen, der kein solcher Trottel ist.
    In einem Haus können wir durch das Fenster den Fernseher sehen, sieht fast aus wie eine Leinwand, so riesig ist der. Ich stelle es mir traurig vor, wenn man an einem Freitagabend nichts anderes zu tun hat, als vor der Glotze zu hängen und sich die immer gleiche Scheiße anzuschauen.
    Clara springt mitten in einen Blätterhaufen hinein. Es knistert unter ihren Füßen.
    Dann hüpft sie darin herum, genau wie früher. Die Bänder ihrer Mütze flattern ihr um den Kopf. »Los, komm«, ruft sie mir zu.
    »Der Knöchel tut mir weh«, behaupte ich, einfach weil mir das auf dem Weg zum Club dann doch zu kindisch vorkommt.
    »Pfft«, macht sie und bückt sich blitzschnell, wirft mir eine Ladung Blätter mitten ins Gesicht. Sie riechen modrig und eines fällt mir in den Ausschnitt, fühlt sich glitschig an.
    »Arrgh«, mache ich und schüttle mich wie ein Hund. Sie lacht und wirft noch einmal.
    Diesmal rieseln die Blättern von oben auf mich, wie Schnee.
    Da habe ich genug. Ich bücke mich und werfe ebenfalls. Bald sind wir in eine wilde Schlacht verwickelt.
    »Mann, ist schon spät«, sagt Clara plötzlich. »Wir müssen, sonst verpassen wir die erste Band.«
    Den ganzen Weg lang machen wir Quatsch. Wir bewerfen uns weiter mit Blättern und balancieren auf Parkbänken. Erst als wir fast beim Club sind, habe ich plötzlich das Gefühl, einen Stein im Bauch zu haben. Ich werde immer langsamer.
    Autos fahren an uns vorbei in Richtung Parkplatz. Aus manchen dröhnt dumpfe Musik.
    »Komm«, Clara fasst mich am Arm.
    »Müssen wir wirklich …?«
    »Ja.«
    Ich seufze. Eigentlich hat sie recht. Ich kann mich ja nicht für immer verstecken. Vor dem Eingang drängen sich Leute. Manche kommen mir vage bekannt vor, die meisten aber meine ich noch nie gesehen zu haben.
    Wir stellen uns hinten an. Ich rieche den vertrauten Clubgeruch. Zigaretten, Parfüm und Alkohol. Der Klumpen im Bauch wird ein wenig kleiner.
    Als wir bezahlen, lächelt der Junge mit dem Stempel mich an. Er sieht eigentlich ganz süß aus, hat wunderschöne blaue Augen. Aber nichts in mir passiert. Mein Herz schlägt kein bisschen schneller.
    »Wohin willst du den Stempel?«, fragt er. Ich strecke ihm die Hand hin.
    Wieder suchen seine Augen die meinen. Ich schaue weg.
    Die Band steht bereits auf der Bühne. Es ist so laut, dass Clara mir ins Ohr brüllen muss. »Hey, der stand ja voll auf dich!«
    Ich zucke die Achseln. »Keinen Bedarf im Moment.«
    Sie grinst nur.
    »Hi, Leute, wir sind die Ton-Tings«, ruft der Sänger ins Mikrofon. »Seid

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