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Pasta Mortale

Pasta Mortale

Titel: Pasta Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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überraschenden Kontakt
ZweiViers mit dieser ganz speziellen Person ergaben. Er kannte diese ganz
spezielle Person schon, seit er zehn Jahre alt gewesen war. Arthur und Charlie
Brown, wie der Spitzname seines damals besten Freundes gelautet hatte, waren
bis zur Matura unzertrennlich gewesen. Erst die Einberufung zum Bundesheer
hatte die beiden getrennt und damit den Anfang, die entscheidende
Weichenstellung für die nun folgende Entwicklung gesetzt. Während Arthur seinen
Grundwehrdienst in der Wiener Karlskaserne absolvierte, musste Charlie zu den
Panzergrenadieren nach Mautern an der Donau. Das hatte zur Folge, dass sich die
beiden Freunde etwas aus den Augen verloren, sich viel seltener sahen als die
Jahre zuvor. Andere Menschen, besonders solche weiblichen Geschlechts, gewannen
dafür zunehmend an Bedeutung. Das hieß aber nicht, dass sich die Freundschaft
der beiden verschlechtert hätte. Nein, lediglich die Intensität des Auslebens
dieser Freundschaft hatte deutlich nachgelassen.
    Nachdem der Spuk des Bundesheeres ohne nachhaltige Schäden
für Leib und Seele an den beiden Freunden vorübergegangen war, begann Arthur
mit dem Medizinstudium. Charlie hingegen besuchte das Hotelfachcollege,
zunächst in Salzburg, später dann auch in Wien.
    Alles ging gut, bis Arthur eines Tages seine neue Flamme
Marli zu einem Treffen mit Charlie mitbrachte. Stolz stellte er die
Kommilitonin dem charmanten und weltgewandten Freund vor. Und dann passierte
das, was Bachmayr-Wiesloch seither immer wieder in seinen Träumen verfolgte.
Seine Freundin Marlene Dimmer hatte sich Hals über Kopf in Charlie, seinen
besten Freund verliebt. Der Psychiater bekam heute noch Beklemmungen, wenn er
an den Moment zurückdachte, in dem sein diesbezüglicher Verdacht zur bitteren
Gewissheit geworden war.
    Aber das war nicht das Schlimmste gewesen. Gegen die Liebe
war eben kein Kraut gewachsen. Arthur hätte sich mit der Zeit daran gewöhnen
können, dass seine Marlene mit seinem besten Freund zusammen war. Auch wenn es
sicher schwergefallen wäre, sehr schwer.
    Aber dass Charlie Marlene einige Monate später einfach sitzen
gelassen hatte, um mit irgendeiner Schlampe auf Weltreise zu gehen, das würde
er dem ehemaligen Freund nicht verzeihen können. Nie.
    Als die junge Frau dann knapp zwei Jahre später unter nicht
ganz geklärten Umständen verstorben war, stand für Arthur außer Zweifel, wer
diese fatale Entwicklung zu verantworten hatte. Und er hatte sich geschworen,
Charlie Brown eines Tages dafür zahlen zu lassen.
    Das war jetzt fast 20 Jahre her, aber es gab Dinge, die
vergaß man nicht. Und Verbrechen verjährten nicht, schon gar nicht das an
Marlene.
    Wie es aussah, war jetzt die Zeit für Rache gekommen und
damit auch die Chance, endlich die quälenden Geister der Vergangenheit zu
verscheuchen. In einer halben Stunde würde ZweiVier zu seiner heutigen Sitzung
erscheinen. Dann würde Arthur beginnen, Charlie Browns letzten Akt einzuläuten.

     
    *

     
    Juri Malatschew war kräftig am Frühstücken, als
Palinski das Café ›Kaiser‹ betrat. Die beiden hatten sich kurzfristig
telefonisch verabredet, um diese leidige Geschichte mit dem kleinen, schwarzen
Büchlein koordiniert zu Ende zu bringen.
    Im Gegensatz zu allen ihren früheren Treffen war Juri heute
aufgestanden, als Mario an seinen Tisch trat. »Nimm doch Platz, bitte«, der
alte Russe lud ihn tatsächlich an seinen Tisch ein. Nicht, dass er je zuvor
etwas dagegen gehabt hätte, nein, das nicht. Aber er hatte ihn nie expressis
verbis eingeladen. Palinski erkannte Juri fast nicht mehr. Aus dem groben Klotz
war ein, na ja, kultivierter Gentleman wäre nach wie vor stark übertrieben,
aber ein umgänglicher Mensch geworden. Schrecklicher Gedanke, ein umgänglicher
Juri. Ein Oxymoron, das ihm gar nicht schmeckte. Juri war Juri, und der musste
ruppig und grob sein, um authentisch zu wirken.
    »Schon gut«, Palinski setzte sich. »Sei wieder du und nicht
so verdammt höflich. Das erschreckt mich.«
    »Ich wollte dir nur meine Ehrerbietung zeigen. Wie du gestern
mit den beiden Typen umgegangen bist, ganz große Klasse.« Er lachte über das
ganze Gesicht. »Die waren den ganzen Weg zurück in die Stadt voll respektvollen
Lobes für Bajazzo, den sie bischer ja nur aus Erzählungen gekannt chaben. Sie
chaben sich nur gewundert, dass du noch so jung bist.«
    Na ja, in geschlossenen Gesellschaften, in denen das
Durchschnittsalter der

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