Pastetenlust
unwillkürlich wundern, wie sehr sich die Atmosphäre in dem Raum seit
vorgestern verändert hatte.
Bereits gestern war das sonst so nüchtern, ja fast traurig
wirkende Zimmer im 2. Stock des Kommissariats von einem Hauch von Fröhlichkeit,
frischer Luft und den Farben des Frühlings erfüllt gewesen. Und das nicht nur
durch den topmodischen, in zartem Pastellblau gehaltenen Hosenanzug Franca
Aigners.
Und heute erst. Blumen auf Wallners Schreibtisch, strahlende
Augen des Inspektors nur für Franca und umgekehrt und zu allem Überfluss das
wieder einmal herrliche Wetter direkt vor dem Fenster.
Palinski fand, dass der Titel des alten amerikanischen Songs
›Love is in the air‹ der herrschenden Stimmung am besten entsprach. Ja, selbst
sein Freund Schneckenburger, der auf einem Stuhl am Fenster lümmelte, ja
wirklich, der sonst eher steife Ministerialrat lag fast und genoss die warmen
Strahlen der Sonne, trug mit seinem modischen Freizeithemd zu der beschwingten
Atmosphäre bei.
„Von mir aus kann es losgehen”, eröffnete Palinski, „wir
haben die Täter.” Kurz informierte er die anderen über sein Gespräch mit dem
rumänischen Pfarrer, wobei er einige Details der Gesprächsanbahnung bewusst
ausließ. Was diese betraf, wollte er abwarten, bis sich die ganze Sache zur
Anekdote ausgewachsen haben würde.
Franca Aigner hatte ebenfalls keine Zeit versäumt und
erwartete einen ersten telefonischen Bericht ihrer Kollegen in der nächsten
Stunde. Sie hatte gebeten, sich bei der vorzunehmenden Durchsuchung zunächst einmal
auf die von Palinski explizit vorgegebenen drei Punkte zu konzentrieren.
„Wollen wir noch warten oder können wir schon loslegen?”,
Miki Schneckenburger wirkte so richtig tatendurstig, konnte es anscheinend gar
nicht mehr erwarten.
Wallner zuckte lässig mit den Achseln. „Da du als e inziger das ganze Buch zu kennen
scheinst”, meinte er zu Palinski, „musst eigentlich du den Zeitpunkt
entscheiden, vor allem müssen wir aber noch wissen, wo wir zuschlagen sollen.”
Palinski fand es bemerkenswert, dass der sonst doch eher auf
die Wahrung seiner Führungsposition bedachte Inspektor heute so locker darauf
zu verzichten schien. Wahrscheinlich war es der Einfluss Francas, der zu einer
gewissen Relativierung seiner Werteskala und ganz allgemein zu einer lockereren
Sichtweise geführt hatte.
Diese Frau war ein Glücksfall, nicht nur für Helmut. „Von mir
aus kann es losgehen. Bis auf einige weniger wichtige Details ist alles klar”,
gab Palinski grünes Licht. „Ich sollte aber noch ein Mikrofon am Körper
tragen.” Er hatte sich das lange überlegt, dann aber dafür entschieden. Erstens
wollte er zunächst alleine in die Höhle des Löwen gehen, um noch die eine oder
andere Antwort zu provozieren. Zweitens war der richtige Zeitpunkt des
Eingreifens wichtig und am sichersten über ein Mikro vermittelbar. Last but not
least war nicht auszuschließen, dass er auf Hilfe angewiesen sein könnte. Er
glaubte zwar nicht, daß er in Gefahr geraten würde, aber man konnte ja nie
wissen.
Wallner war auf Palinskis James-Bond-Einlage nicht ganz vorbereitet,
fand aber schließlich das passende Equipment im Schreibtisch des
Kommissariatsleiters. Die zwar spärliche, aber nicht wegzudiskutierende
Behaarung auf Palinskis Brust erwies sich als hinderlich bei der Fixierung des
Mikrofons. Hier wurde mit Hilfe von Wallners Trockenrasierer rasch eine Lösung
gefunden.
Nachdem James Bond erklärt
hatte, wo sich der letzte Akt des Dramas seiner Überzeugung nach abspielen
würde und man sich auf den weiteren Ablauf geeinigt hatte, blieb nur noch
eines. Nämlich die Sache endlich in Angriff zu nehmen und zu einem Abschluss zu
bringen.
Wallner gab dem Leiter des aus vier Beamten bestehenden
Teams, das die Verhaftung durchführen sollte, abschließende Anweisungen. Dann
ging es endlich los.
*
Ich versuche mich, an besonders schöne,
entspannende Momente in meinem Leben zu erinnern. Die ersten Weihnachten mit
Tina, die leuchtenden Augen des kleinen Mädchens, in denen sich die flackernden
Flammen der Kerzen spiegeln. Oder Harrys erster gelungener Kopfsprung im
Freibad von Eisenerz, wo wir eine Woche Urlaub gemacht haben. Wie stolz der
kleine Bursche war, als er nach Dutzenden von durchaus auch schmerzhaften
Bauchflecks, oder heißt es Bauchflecken, endlich im richtigen Winkel ins Wasser
eingetaucht ist. Oder Wilmas Freude, als ich ihr zum dritten
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