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Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
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Schreibtisch feucht ab.

 16 
    K ilian steuerte planlos durch das nächtliche Almuñécar, während Joana die wenigen Menschen auf der Straße mit ihrem Blick streifte.
    Sie wusste, wie sinnlos das war – als ob ihre Mutter mitten in der Nacht durch die Straßen irren würde –, doch sie musste irgendetwas tun, selbst wenn dies kaum Aussichten auf Erfolg versprach. An Schlaf oder Ruhe war ohnehin nicht zu denken.
    Als sie einen Taxistand passierten, bremste Kilian ab und wandte sich ihr zu. »Wie kommt eigentlich deine Mutter immer zur Arbeit? Hat sie ein Auto?«
    Joana schüttelte den Kopf. In Deutschland mochte das vielleicht normal sein, aber hier in Andalusien besaßen die wenigsten Frauen über fünfzig einen Führerschein. »Nein, sie nimmt den Bus.«
    Kilian fuhr an und rieb sich das Kinn.
    »Warum fragst du?«, wollte sie wissen.
    »Ich habe an den Taxistand beim Wohnhaus deiner Mutter gedacht. Wenn sie kein Auto hat, könnte sie vielleicht –« Joana winkte ab. »Du kennst meine Mutter nicht. Im Ort geht sie nur zu Fuß und um nach Motril oder La Herradura zu gelangen, nimmt sie den Bus. Geflogen ist sie überhaupt noch nie und Taxis sind ihr viel zu teuer.«
    Kilian schaltete einen Gang hoch. »Gut, aber die Taxifahrer stehen doch den ganzen Tag am Stand, direkt vor der Haustür deiner Mutter. Von denen könnte sie doch jemand gesehen haben, und genau das fragen wir sie jetzt!«
    Der Taxistand war mit drei Wagen besetzt. Zwei Fahrer lasen Zeitung und der dritte putzte mit einem Lappen seine Windschutzscheibe ab.
    Joana kannte keinen der Männer. Kilian blieb im Auto und sie entschloss sich, es mit dem Fahrer zu versuchen, der mit der Pflege seiner Scheibe beschäftigt war. Ohne seine Arbeit zu unterbrechen, zeigte er auf den ersten Wagen in der Reihe, aber Joana gab ihm zu verstehen, dass sie kein Taxi, sondern eine Auskunft benötigte. Sie beschrieb ihm ihre Mutter, aber er konnte sich an keine Frau in schwarzer Witwenkleidung erinnern, zumindest nicht als Fahrgast. Die beiden anderen Fahrer sagten das Gleiche. Joana wechselte – gefolgt von den Blicken der Fahrer – die Straßenseite, wo Kilian in zweiter Spur parkte. Gerade als sie in den Wagen steigen wollte, kehrte ein viertes Taxi an den Stand zurück, und diesen Fahrer kannte sie. Es war Oscar, der vor Jahren dieselbe Schule wie sie besucht hatte. Joana lief zurück und trat mit einer kurbelnden Handbewegung neben die Fahrertür, noch ehe der Wagen zu stehen kam. Oscar lächelte, schnallte seinen Gurt ab und stieg aus dem Auto.
    »Hallo Joana!« Er küsste sie auf die Wangen. »Lange nicht mehr gesehen.«
    Joana wollte keinen Small Talk und kam zur Sache: »Du hast nicht zufällig meine Mutter heute schon gesehen?« Sie zeigte auf das Eingangsportal des Edificios Huerta del Barco.
    »Doch, hab ich.«
    » Was! « Sie packte ihn am Ärmel. »Wann denn – und wo?«, drängelte sie. Oscar schien erstaunt.
    »Was ist denn los, Joana?«
    Sie schüttelte seinen Ärmel. »Oscar, bitte, meine Mutter ist seit gestern verschwunden! Wo hast du sie gesehen und wann genau war das?«
    Er kratzte sich im Nacken. »Das war heute … also genau gesagt, gestern Nacht.«
    »Gestern Nacht?«, entgegnete Joana schrill.
    »Ja«, Oscar blickte auf seine Uhr. »So gegen drei Uhr morgens. Es kam mir auch sonderbar vor, dass deine Mutter so spät noch zum ›Palace‹ hochfahren wollte.«
    Joana wusste nicht, ob sie jetzt erleichtert sein sollte oder ob diese Auskunft ihre Sorgen noch verstärkte. »Oscar! Bitte noch mal: Meine Mutter ist gestern mit dir um drei Uhr nachts ins Hotel ›Palace‹ gefahren?«
    »Wenn ich’s dir doch sage. Ich dachte erst, sie fährt zur Arbeit, aber das war ja gerade das Seltsame: Als ich sie nämlich danach fragte, schüttelte sie nur den Kopf.«
    Joana blickte in den klaren Sternenhimmel hoch, der sich über ihr zu drehen begann, lehnte sich an das Taxi und schloss die Augen. Die Sterne verschwammen und formten sich zu Fragen, die ihr wie Meteoriten durch den Kopf schossen. »Und sie stieg tatsächlich beim Hotel aus?«
    Oscar nickte. »Ja. Eigenartig war nur – sie wollte nicht zum Haupteingang gefahren werden, sondern bei einem der Nebeneingänge aussteigen.«
    Joana schüttelte fassungslos den Kopf. »Ist dir sonst etwas aufgefallen?«
    Oscar schüttelte den Kopf.
    »Tut mir leid Joana, aber das ist alles.«
    »Fahr zum Hotel!«, wies sie Kilian an, zog die Beifahrertür zu, dass der Wagen schaukelte, und berichtete ihm dann in

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