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Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
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sagte er. »Xaver war Nichtraucher! Was hältst du davon?«
    »Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass ich im Moment andere Sorgen habe, als irgendwelche Zigarettenstummel in einem Mietwagen. Jedenfalls«, Joana stockte, »wird alles immer mysteriöser. Der Tod deines Bruders, die Bibel in seiner Tasche, Mamas Verschwinden … Gestern kam mir ihr Verhalten noch übersensibel vor und ich habe es auf ihren Gesundheitszustand geschoben, aber heute sehe ich es in einem anderen Licht.«
    »Wie denn?«, wollte Kilian wissen.
    »Nun, ich hoffe natürlich immer noch, dass meine Mutter in den nächsten Stunden wieder auftaucht, aber falls nicht, dann muss das etwas mit deinem Bruder zu tun haben!«
    Danach sprachen beide kein Wort mehr, bis er neben dem Busbahnhof parkte und Joana anschließend in die Wohnung ihrer Mutter begleitete. Das Apartment lag im Dunkeln und Kilian blickte betreten zu Boden, als Joana erst hysterisch laut und dann weinerlich leise den Namen ihrer Mutter rief, und dabei alle Zimmer durchkämmte. Inmaculada aber war nicht da, und Joana ließ sich auf die Wohnzimmercouch sinken und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Kilian setzte sich neben sie und legte den Arm um ihre Schultern. Joana schüttelte abwehrend ihren Rücken, sie wollte jetzt offenbar keinen Trost, sie wollte ihre Mutter finden.
    Kilian verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte an die Decke, auf der sich die Lichter der Stadt spiegelten. Wo war der Zusammenhang? War dieses belanglose Gespräch zwischen Xaver und Inmaculada tatsächlich der Auslöser gewesen für – für was … ? Für Xavers Tod und für Inmaculadas Verschwinden? Man musste schon sehr viel Fantasie haben, um sich das vorzustellen. Er selbst jedenfalls glaubte eher an die Spur mit den Zigarettenstummeln und daran, dass Joanas Mutter einfach den ganzen Tag lang deswegen nicht zu erreichen war, weil sie vielleicht einmal etwas tat, wovon Joana nichts wusste: ein Ausflug mit einer Freundin zum Beispiel. Und dass sie noch nicht zurück war, bedeutete gar nichts, denn so spät war es für spanische Verhältnisse – die meisten saßen jetzt beim Abendessen – nun auch wieder nicht!
    Früher, als es noch keine von der Handyindustrie angezettelte Kommunikationsinflation gab, telefonierte man schließlich auch nicht dreimal täglich mit seinen Nächsten und sorgte sich nicht gleich zu Tode, wenn jemand über ein paar Stunden hinweg nicht erreichbar war. Trotzdem verstand er Joanas Kummer.
    »Am besten, wir fahren jetzt zur Guardia Civil«, sagte er und erhob sich.
    »Wozu? Meine Schwester haben sie doch auch nicht gefunden!« Sarkasmus lag in Joanas Stimme.
    Kilian ignorierte den Einwand und zog sie auf die Beine. Bevor sie das Gebäude verließen, klopften sie noch an ein Dutzend Türen und befragten die Nachbarn. Joana kannte die meisten hier und jedermann kannte ihre Mutter, aber niemand hatte sie heute schon gesehen. Alle zeigten sich besorgt, versicherten Joana jedoch, dass Inmaculada schon nichts passiert sei. Nach der Tochter sollte nun auch noch die Mutter verschwunden sein? Das wäre doch etwas zu viel an Schicksal, dachten die Nachbarn wohl bei sich. Die Befragungen dauerten über eine Stunde und als sie fertig waren, waren sie genauso schlau wie zuvor. Es war kurz vor elf Uhr abends, als sie vor der Station der Guardia Civil parkten, um Inmaculada Ramos Ortiz offiziell als vermisst zu melden.
    Paco sei nicht mehr im Dienst, erklärte ihr ein Mittfünfziger mit schütterem, pomadigem Haar am Empfang. Joana fragte nach dem Leiter der Guardia Civil, aber der Uniformierte schüttelte energisch den Kopf, so als verlange sie nach einer Audienz beim spanischen König.
    »Ist auch nicht mehr anwesend«, meinte der Beamte und unterdrückte ein Gähnen. »Kann ich Ihnen sonst noch helfen, Señorita?«
    Joana biss die Zähne zusammen. Sie kannte fast jeden hier, nur diesen mundfaulen Typen nicht. Sie zögerte.
    »Ich vermisse meine Mutter«, sagte sie schließlich und dachte: Jetzt ist es offiziell.
    Der Polizist nickte langsam und verständnisvoll, als ob er längst davon wüsste. Er kratzte sich an der Schläfe, griff zum Hörer und wählte eine Nummer, die er erst umständlich in einer schwarzen Mappe nachschlagen musste. Während er auf Antwort wartete, malte er Kreise in eine Sportzeitung.
    Schließlich legte er den Hörer auf die Gabel und setzte einen geschäftsmäßigen Ausdruck auf. Anscheinend musste er mit dieser Situation, die sich ihm womöglich zum ersten

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