Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)
Geschoss verantwortlich. Ihre zentrale Schlüsselkarte konnte aber auch die Zimmer in den darüber liegenden Stockwerken öffnen, falls sie eine Kollegin aus einer anderen Etage hätte vertreten müssen.« Paco fühlte, wie seine Augen brannten. Er schüttelte den Kopf. »Ich habe selbst drei Kinder, und wenn eines davon seit zwei Jahren spurlos verschwunden wäre … diesen Kummer sich auch nur vorzustellen … dazu noch der Tod ihres Ehemannes.«
Der Juez nickte verständnisvoll und eine kurze Pause trat ein. »Sie kennen die Señora offensichtlich am besten, Sargento Medina«, fuhr er fort, »denken Sie also auch, dass Señora Ramos Ortiz diese Suite wählte, um darin zu sterben«?
Paco überlegte.
Zwei Tote innerhalb einer Woche. Aufgefunden auf die gleiche Art und Weise. Suizid schien die logischste aller Erklärungen, trotzdem … »Ich möchte mich da noch nicht festlegen, Señor Juez. Alles scheint zwar darauf hinzuweisen, da gebe ich Ihnen recht, aber es sind mir zu viele Zufälle auf einmal und deswegen finde ich, wir sollten die Vorgänge der letzten Woche im Hotel näher untersuchen.«
Der Juez lehnte sich in seinem Sessel zurück und fixierte Teniente Lozano. »Und wie würden Sie die Sache angehen? Worauf könnte eine Ermittlung basieren, für die wir aufgrund fehlender Spuren keinerlei Grundlage haben?« Teniente Lozano räusperte sich. »Wie ich schon andeutete – wir sollten uns nochmals den Fall der verschwundenen Tochter vornehmen. Damit hatten wir bereits begonnen, als Joana Ramos ihre Mutter als vermisst meldete. Außerdem sollten wir das Umfeld Xaver Hubers genauer beleuchten, auch diesbezüglich haben wir bereits bei der deutschen Kriminalpolizei um entsprechende Auskunft gebeten. Der Bruder des Verstorbenen hält sich in Almuñécar auf, angeblich um den Rücktransport des Leichnams zu regeln.«
Teniente Lozano wandte sich an Paco, dieser nickte und ergänzte die Ausführungen seines Chefs. »Der Deutsche kam mit Joana, ähm, ich meine Señorita Ramos, zur Dienststelle. Er war aufgebracht und schien sehr sicher, dass sein Bruder ermordet wurde. Gründe für seinen Verdacht nannte er aber nicht. Soweit ich von Señorita Ramos erfahren habe, war dieser Deutsche auch mit ihr in der Wohnung der Verstorbenen, und zwar am selben Tag, an dem sie verschwand – also einen Tag vor ihrem Tod. Angeblich wollte er von der Señora wissen, was diese und sein Bruder auf der Straße vor der Klinik miteinander zu besprechen hatten. Als ich Señorita Ramos gestern die Todesnachricht überbrachte, war der Deutsche ebenfalls bei ihr – in der Wohnung ihrer Mutter! Dieser Kilian Huber drängt sich also ziemlich ins Bild, und deswegen sollten wir uns den Typen vorknöpfen. Wer weiß, vielleicht erfahren wir von der deutschen Kriminalpolizei ja was Interessantes.«
Der Juez nickte und erhob sich. »Gut. Wir warten hier die Obduktion ab und Sie …«, er wandte sich an Teniente Lozano und Paco, »Sie gehen den Fall der verschwundenen Tochter durch und finden heraus, ob mit diesem Kilian Huber etwas nicht stimmt. Ich werde den Leichnam seines Bruders vorerst nicht freigeben, der Fall ist noch nicht abgeschlossen.«
»Was ist mit den Medien, Señor Juez?«, fragte Teniente Lozano. Der Richter machte eine wegwerfende Handbewegung. »Genau deswegen rief eben der Bürgermeister an. Meine Herren – wir werden den Ball flach halten und keine Pressekonferenz geben! Auf Anfrage reicht eine einfache schriftliche Erklärung: Name der Toten, Fundort, Todesursache müsse erst noch durch Obduktion geklärt werden und so weiter – aber mehr nicht! Schon gar nicht dürfen wir diesen Xaver Huber in einem Atemzug mit Señora Ramos Ortiz erwähnen, das gäbe nur Anlass zu wilden Spekulationen. Sollte es zwischen den beiden doch einen Zusammenhang geben und sollten – was wir alle nicht hoffen wollen – diese beiden nicht freiwillig aus dem Leben geschieden sein, dann bekommen die Medien noch genug zu berichten.«
»Und ihre verschwundene Tochter?«, wandte Paco ein. »Die Presse wird das doch sicher erfahren.«
»Natürlich wird sie das! Aber in unserer Pressemitteilung hat die Tochter nichts zu suchen. ›Wir dürfen die Presse nicht zu Spekulationen anzustacheln. Der Sommer steht vor der Tür und Almuñécar ist ein Touristenort‹ – das, meine Herren, ist nicht meine Meinung, sondern der, ich darf sagen, sehr entschiedene Wortlaut des Herrn Bürgermeisters. Also, an die Arbeit!«
Am nächsten Morgen wurde Joana um
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