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Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
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halb zehn Uhr wach. Ihr Kopf war noch vernebelt von den Beruhigungsmitteln und den Schlaftabletten, aber die Schwaden waren nicht mehr so dicht, dass sie die Realität verhüllen konnten: Ihre Mutter war tot, ihr Vater war tot, ihre Schwester war seit zwei Jahren verschwunden und wohl auch tot, sie hatte keine Familie mehr, sie war allein.
    Joana begann zu schluchzen.
    Maite schloss sie in die Arme, bis ihr bebender Körper endlich Ruhe fand. Sie standen eine Weile so da, bis es an der Haustür klopfte. Joana putzte sich die Nase und Maite öffnete. Es war Paco. Maite ließ ihn eintreten und kochte Kaffee. Paco drückte Joanas Hände. »Joana, ich möchte dir nochmals mein aufrichtiges Beileid aussprechen.«
    Joana nickte schwach.
    Paco holte tief Luft. »Joana, ich komme gerade von einer Besprechung beim Juez de Instrucción und wollte dich darüber informieren. Der Juez, musst du wissen, ist derjenige, der entscheiden wird, ob die Staatsanwaltschaft Ermittlungen anstrengt.«
    Joana senkte den Kopf. Hatte Paco ihr das und anderes nicht alles schon gestern gesagt? Sie konnte sich beim besten Willen nicht mehr an Einzelheiten erinnern; Albtraum und Wirklichkeit hatten sich in den letzten Stunden auf seltsame Art und Weise miteinander vermischt, nun aber, da ihre Sinne langsam wieder ihre Arbeit aufnahmen, wollte sie Antworten. Und sie musste sich fangen, musste ihre Trauer zumindest so lange beherrschen, bis sie diese Antworten bekam. Danach konnte sie immer noch den ganzen Tag heulen.
    »Wie ist meine Mama gestorben?«
    Paco bedankte sich bei Maite für den Kaffee und versuchte, sich an die mitfühlenden Worte zu erinnern, mit denen er Joana am Vortag – und offensichtlich vergebens – die Details um Inmaculadas Tod beigebracht hatte. »Deine Mutter wurde gestern um 14.30 Uhr von einem Hotelgast aufgefunden. Dieser dachte zunächst, eine Frau würde in seiner Suite schlafen. Der Gast ging also zum Empfang, weil er an eine Doppelbelegung durch die Rezeption glaubte. Carlos konnte sich dieses Missverständnis nicht erklären und begleitete den Gast nach oben. Dort fanden sie deine Mutter.«
    »Aber wie ist sie gestorben?«, wiederholte Joana.
    Paco zögerte. Gestern Nachmittag hatte ein Eilkurier Gewebeproben nach Sevilla gebracht, um die toxikologische Untersuchung, die in der Regel drei bis fünf Tage dauerte, zu beschleunigen. Mit etwas Glück konnten sie schon morgen mit einem Ergebnis rechnen. Dr. Manuel Castillo vermutete aber »mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit«, dass Inmaculada genauso wie der junge Deutsche zu Tode gekommen war: durch eine Überdosis Medikamente.
    »Wir warten noch auf den Bericht aus Sevilla, und die …« Paco stockte, denn er konnte das Wort »Obduktion« nicht leiden. Er wollte Joana die Vorstellung ersparen, dass ihre Mutter von einer Kreissäge aufgeschlitzt wurde. »Die gerichtsmedizinische Untersuchung erfolgt heute«, fuhr er fort, »aber der Forensiker meint, dass deine Mutter auf eine ganz ähnliche Art und Weise zu Tode kam wie Xaver Huber. Es sieht so aus, als hätte auch sie sich mit Medikamenten vergiftet, oder …«
    Joana presste ihre Hände auf den Mund und Paco hielt inne. Es dauerte eine Weile, bis die junge Frau sich fasste.
    »… oder sie wurde vergiftet«, beendete sie schließlich Pacos Satz.
    »Momentan können wir auch das nicht ausschließen, obwohl wir so wie bei dem Deutschen wieder keinerlei Spuren in dem Zimmer fanden. Nach der forensischen Untersuchung wissen wir mehr und bis dahin …«
    »Aber wer sollte meine Mutter umgebracht haben, Paco?«
    »Wie gesagt, zum jetzigen Zeitpunkt ist vieles Spekulation.«
    Erneut brach er ab, denn Joana schien nicht weiter zuzuhören. Eine geraume Weile stand sie da, scheinbar gedankenverloren, dann traten Tränen in ihre Augen und sie sank auf das Sofa. Maite setzte sich neben sie und legte ihr den Arm um die Schultern. Paco rührte in seiner Tasse, obwohl sich darin nur noch ein winziger Bodensatz an kaltem Kaffee befand. Als sein Handy klingelte, entschuldigte er sich, ging in die Küche und nahm das Gespräch an. Das Telefonat dauerte nur eine Minute. Dann legte er auf und reckte triumphierend die Faust. Endlich! Er eilte zurück ins Wohnzimmer. »Ich muss dringend weg! Danke für den Kaffee.«
    »Gibt es Neuigkeiten?«, fragte Maite und verstellte ihm den Weg zur Wohnungstür. Paco wandte sich um und warf einen Blick auf Joana, die ihn mit glasigen Augen anstarrte. Paco schluckte. Er durfte diese

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