Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)
überraschende Wende noch nicht ansprechen, schon gar nicht vor Joana, erst brauchte er Gewissheit. »Nun, ähm, vielleicht, mal sehen. Ich muss mich erst mit meinen Leuten besprechen!« Dann schob er sich an Maite vorbei und trat in den Flur.
Nun, dachte er, während er ungeduldig vor dem Aufzug wartete und von einem Fuß auf den anderen trat, es sieht doch ganz danach aus, als ob Xaver Huber und Inmaculada Ramos ermordet wurden! Und jetzt weiß ich auch, von wem!
24
K ilian lag am späten Vormittag in seinem Bett und starrte an die Zimmerdecke.
Joana tat ihm leid. Gestern hatte er sie trösten wollen, verließ dann aber irgendwann die Wohnung, weil Maite und eine andere Frau, vermutlich eine Psychologin, sich um die verstörte Joana kümmerten, und er sich fehl am Platz vorkam. Dem, was der Polizist zu berichten wusste, war nicht viel zu entnehmen gewesen. Wieder hatte ihm sein mangelhaftes Spanisch einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber es schien klar, dass man Inmaculada offenbar auf ähnlich rätselhafte Weise wie seinen Bruder aufgefunden hatte, dies konnte ihm zumindest Maite in ein paar knappen Worten mitteilen.
Natürlich würde auch Inmaculadas Leiche obduziert werden. Und sehr wahrscheinlich war sie auf dieselbe Art und Weise zu Tode gekommen wie Xaver, was zu den ewig gleichen Fragen führte: Wer hatte es getan, wie hatte er es getan und welches Motiv stand dahinter? Beherbergte dieses Hotel etwa einen Psychopathen, der grundlos Menschen vergiftet?
Kilian gähnte.
Er hatte die halbe Nacht lang wach gelegen und sich darüber Gedanken gemacht. Jedenfalls war die Guardia Civil jetzt wohl aufgerüttelt. Sicher würden sie auch dem Tod seines Bruders neue Aufmerksamkeit schenken, und vielleicht hatte der Täter ja bei seiner zweiten Tat sogar Spuren hinterlassen, die ihn verraten würden. Kilian hoffte es zumindest.
Er ging auf die Terrasse und streckte sich. Der Himmel über Almuñécar war wolkenverhangen; am Pool war keine einzige Liege besetzt. Drei Hotelangestellte standen zusammen und sprachen mit einem uniformierten Beamten der Guardia Civil. Ja, die Polizei tat jetzt also was.
Kilian kehrte ins Zimmer zurück und sein Blick fiel auf den Schreibtisch, auf dem noch die Aufzeichnungen seiner Detektivarbeit lagen. Das Handy!
Xavers Handy, das er in Inmaculadas Wohnung aufgeladen hatte, lag noch in seinem Mietwagen. Also verließ er sein Zimmer und fuhr mit dem Lift in die Tiefgarage. Auf dem Weg zurück wurde er sich bewusst, dass er vor einem weiteren Problem stand: Er musste einen PIN-Code eingeben, um das Handy zu aktivieren.
Kilian setzte sich an den Schreibtisch und dachte nach. Das Erste, was ihm einfiel, war die Nummer 0312, Xavers Geburtstag und Geburtsmonat. Fehlanzeige! Noch zwei Versuche. Doch auch die vier Ziffern des Geburtsjahres seines Bruders brachten keinen Erfolg. Seinen dritten und letzten Versuch, bevor das Handy sich surrend in einen automatischen Sperrmodus zurückzog, vergeudete er mit seinem eigenen Idiotencode: 1234. Einen Moment lang war er fast versucht, das Ding gegen die Wand zu knallen, dann aber besann er sich eines Besseren. Kilian aktivierte sein eigenes Handy, ignorierte alle zwischenzeitlich eingegangenen Nachrichten, und rief bei Xavers Provider in Deutschland an. Es dauerte zehn Minuten, aber er konnte sich erfolgreich als ein gewisser Herr Xaver Huber ausgeben, der seinen Code vergessen hatte. Auf alle persönlichen Fragen der Dame am anderen Ende der Leitung wusste er eine Antwort – zumindest so gut kannte er seinen Bruder, dachte er verbittert. Er bekam einen neuen Code, notierte ihn, und schaltete das Handy seines Bruders wieder an. Sobald es aktiviert war, piepste es Hinweise: ein gutes Dutzend Nachrichten und Anrufe in Abwesenheit. Einige davon waren Werbe-SMS des Providers, andere stammten wohl von Freunden oder Kunden, die offensichtlich noch nicht wussten, dass sein Bruder tot war. Aber er fand auch vier Anrufe in Abwesenheit von einer Nummer mit der Landesvorwahl +31.
Der Däne …
Kilian erhob sich, markierte einen dieser Anrufe und tigerte mit dem Daumen auf der Wähltaste in seinem Zimmer auf und ab.
Was sollte er sagen?
Die Anrufe aus Dänemark waren laut Telefonliste allesamt nach dem Tod seines Bruders eingegangen, was diesen Dänen als potenziellen Mörder entlastete. Es war ja nicht besonders logisch, jemanden anzurufen, den man vorher ermordet hatte. Es sei denn, der Däne war sich dessen bewusst und wollte damit den
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