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Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
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Bluse und wirbelte ihr die Haare ins Gesicht … ihr Blick fiel auf die Sterne, die über ihr kreisten. Seltsam, sie hatte gar nicht den Kopf gehoben. Als sie endlich begriff, was mir ihr geschah, stieß sie einen Schrei aus, der nur Augenblicke später von einer Schwärze erstickt wurde und dann erloschen ihre Sinne so rasch und endgültig, als hätte jemand eine Kerze ausgeblasen.
    »Was … was redest du denn da, Kilian? Deine Frau hat doch nicht euer Kind getötet!«, platzte es aus Joana heraus.
    Doch Kilian nickte. »Genauer gesagt: den Embryo.«
    »Den Embryo? Sie hat abgetrieben? Und ich dachte schon …«
    »Was dachtest du schon?«
    »Nun, du hast doch gesagt, sie hätte es getötet!«
    »Das hat sie ja auch.«
    »Aber das ist doch verdammt noch mal etwas anderes! Eine Abtreibung ist doch …«
    »Für mich war es damals das Gleiche!« Kilian schlug sich auf die Schenkel. »Für mich zumindest war es eine Tragödie, weil …«
    Joana hob die Hand. »Stopp. Halt! Du müsstest doch wohl selbst am besten wissen, was eine Tragödie ist, Kilian. Diese Frau wollte zu jenem Zeitpunkt kein Kind von dir, und für sie war die Abtreibung darum die bessere Option. So eine Entscheidung – das hängt doch auch immer von der jeweiligen Situation ab, oder etwa nicht?«
    »Nein, genau das denke ich nicht. Ich finde, ein junges Lebewesen sollte das Recht bekommen–«
    Joana erhob sich so rasch, dass ihr Stuhl hinten gegen die Balkontür kippte. »Tut mir leid, aber jetzt redest du von Dingen, von denen du nicht die geringste Ahnung hast!« Sie schlug mit der Faust auf die Balustrade.
    Kilian schaute verwundert auf. »Sorry, wenn du da anderer Meinung bist, Joana. Aber mein Kind war erst zwei Monate alt und – egal ob die Zeit im Bauch schon zählt oder erst die danach – es hätte noch das ganze Leben vor sich gehabt. Kannst du mich denn gar nicht verstehen?«
    Joana breitete ihre Arme aus und sog geräuschvoll die Luft ein. »Doch, ich verstehe dich, Kilian! Claro que sí, aber ich verstehe auch deine Exfrau! Sie hatte bestimmt ihre Gründe. Weißt du, in einer Beziehung wird häufig deswegen so viel gestritten, weil jeder glaubt, dass er von seinem Standpunkt aus recht hat. Und das Paradoxe dabei ist: Das stimmt vielleicht sogar! Nur kann eine Diskussion auf einer solchen Basis niemals irgendwo hinführen. Doch woher solltest du das auch wissen? Du hast dich in deinem Priesterseminar ja wohl kaum mit der Heiligen Jungfrau Maria gezofft und es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber …«
    Joana unterbrach sich und winkte ab. Sie wandte ihren Blick starr auf das nächtliche Meer.
    »Joana, bitte, habe ich was Falsches gesagt?«
    Joana regte sich nicht. »Ach, vergiss es einfach«, murmelte sie schließlich. »Ich wollte dich nicht beleidigen. Es hat auch nichts mit dir zu tun. Ich habe wohl überreagiert.« Sie blickte auf die Uhr. »Ich denke, es ist besser, wenn ich jetzt gehe. Nur noch eine Frage: Wieso wollte deine Frau damals das Kind nicht?«
    »Conny machte eben Karriere und war sogar drei Quartale hintereinander die beste Verkaufsagentin des Büros. Genau zu dem Zeitpunkt aber wurde sie schwanger und unsere Beziehung war ohnehin auf der Zielgeraden. Ich dachte, das Kind würde unsere Ehe retten, würde uns eher verbinden, statt uns weiter zu trennen. Die Familie war mir wichtiger als der Beruf, aber sie sah das wohl anders und ging in eine Abtreibungsklinik. Keine zwei Wochen nach dem Eingriff begleitete sie ihren Chef auf einen Kongress nach Sylt. Am Tag ihrer Rückkehr zog sie aus unserer gemeinsamen Wohnung aus und vier Monate später waren wir geschieden. C’est la vie.«
    »Sí. Así es la vida.«
    »Wie bitte?«
    »›Así es la vida‹ bedeutet: c’est la vie. Wir sind hier nämlich in Spanien!«
    Er bemühte ein Lächeln, das ihm aber gründlich misslang. Joana wandte sich wieder dem Meer zu. »Wie lange ist das jetzt alles her?«
    »Das war vor zwei Jahren.«
    »Nimmst du deswegen diese Tabletten?«
    »Zuerst nicht, zuerst betäubte ich mich mit Alkohol, bis ich mich dafür hasste, weil ich deswegen zu viel Blödsinn machte.«
    »Zum Beispiel?«
    Kilian seufzte. »Zum Beispiel mitten in der Nacht bei meiner Exfrau anrufen und ihren Chef verfluchen, bis der sich eine Geheimnummer besorgte oder mich in Kneipen volllaufen lassen oder meine Bibel in Spiritus tränken und sie in der Spüle verbrennen und dabei die halbe Küche abfackeln. Bis ich eben an einen Punkt kam, an dem ich einsah, dass es so nicht

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