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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Brodrick
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hereingelegt, und sie hatte keine Ahnung, warum er es gemacht hatte. Sie war ganz durcheinander. Als sie nach Mitcham gekommen war, hatte sie gedacht, sie würde durchdrehen, weil hier George Bradshaw wohnte, der Riley übel mitgespielt hatte. Aber sie hatte ein ganz gewöhnliches Haus vorgefunden mit einem Riesenloch darin, und eine ganz gewöhnliche Frau, die einfach nur leer war.
    Mrs. Bradshaw sagte: »Unser Sohn wurde von einem schlechten Menschen umgebracht.« Sie klammerte sich an ihren Becher wie an ein Rettungsseil und wünschte sich weg von Nancy und ihrer einfachen Frage. »Aber ich habe George die Schuld gegeben.«
    Etwas völlig Offensichtliches traf Nancy wie ein Schlag mit dem Nudelholz. Der Sohn, von dem Mr. Johnson erzählt hatte, war tatsächlich verloren: Er war vor Lawtons Kai gestorben, Inspector Cartwright hatte Andeutungen gemacht, Babychams Mann hatte eine Strafe wegen Verletzung der Sicherheitsvorschriften bekommen, und Rileys Transporter war liegen geblieben.
    Nancy wollte weg. Sie stand auf und stellte ihren Becher auf den glänzenden Tisch. Aber irgendetwas in ihrem Inneren hielt an der Erinnerung fest, wie Mr. Johnson dampfend am Feuer saß und kapitulierend die Hände hob. »Hier sind die Hefte Ihres Mannes«, sagte sie großzügig. »Er hat alles aufgeschrieben, von seiner Geburt an. Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich das sage, aber wenn Sie sich da so rein vertiefen, wie ich es gemacht habe, werde Sie Ihren Mann sehen, wie er war: ein tapferer Junge, der Harrogate verlassen und es bis nach Mitcham geschafft hat.«
    Nancy ging schnell die Aspen Bank entlang. Sie fühlte sich verfolgt von dem Gebrüll in ihrem Kopf und von einer leisen Stimme, die ihre eigene verdrängte: »Manche Männer sind wie eine Münze«, gähnte Mr. Wyecliffe vertraulich im Old Bailey. »Sie zeigen dir den Kopf. Aber wenn man sie dreht, findet man mit etwas Glück ihre Kehrseite.« Nancy war ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen, weil er ebenso gut Bradshaw wie ihren Mann gemeint haben konnte. Eine halbe Stunde später hatte sie das Gebäude verlassen.
    Am Ende der Aspen Bank fiel sie in Laufschritt, weil ein noch leiseres Geräusch in ihr immer lauter wurde: ein Klopfen am Fenster.
    Nachdem sie das Gericht verlassen hatte, hatte sie sich zu Hause versteckt und nicht auf das Klingeln reagiert. Dann fing das Klopfen an und wanderte rund ums Haus. Es ging immer weiter, als ob jemand Hilfe bräuchte, bis sie schließlich einem vornehm gekleideten Mann von der Heilsarmee die Tür öffnete.
    »Ich habe kein Geld«, sagte sie durch einen Türspalt.
    »Haben Sie einen Teller?« Er hielt einen Kuchen von einer Bäckereikette hoch. »Ich bin Major Reynolds.«
    Er kannte Riley von früher. Sie unterhielten sich über Lawtons Firma und den Abbau von Arbeitsplätzen überall. Er beobachtete sie und gab ihr die Chance, zu weinen. Aber sie hielt sich gut und achtete nur auf Unwichtiges: dass seine Uniform elegant, aber alt war; dass seine geputzten Schuhe aufgeplatzt waren, dass die Schnürsenkel neu waren. An der Tür schüttelte er ihr die Hand und wollte sie gar nicht mehr loslassen. »Nancy, vielleicht wird Ihre Konstanz ihn retten. Aber was ist mit Ihnen?« Er wartete und zog seine schwarzen Augenbrauen besorgt zusammen. »Wenn Sie je meine Hilfe brauchen, rufen Sie diese Nummer an.« Sie hatte den Zettel genommen und weggeworfen, weil sie ihn als Frechheit empfand.
    »Konstanz.« Sie hatte das Wort im Wörterbuch nachgeschlagen und war sich dabei bewusst gewesen, dass die Gerichtsverhandlung lief. Und während dort alle diese schrecklichen Dinge laut ausgesprochen wurden, markierte sie die Seite mit einem Eselsohr und unterstrich die Definition mit rotem Kugelschreiber.
     
    Als Nancy nach Hause zurückkam, stand ein Polizist vor der Tür. Seine Hosenbeine waren viel zu kurz, aber er war sehr höflich. An seiner Schulter redete ständig jemand aus dem Funkgerät.
    »Ich wollte eigentlich nach Brighton«, sagte Nancy abwesend, als er fertig war.
    »Das tut mir leid, Madam.« Er gab ihr einen Zettel mit einer Adresse. »Inspector Cartwright würde Sie gern so bald wie möglich sprechen.«
    Nachdem er gegangen war, zerknüllte Nancy den Zettel und dachte an Standhaftigkeit und an den netten Mann, der vor langer Zeit ans Fenster geklopft hatte.

11
    ANSELM SASS NEBEN George vor einem getönten Fenster. Hinter dem leicht bläulichen Dunst der Scheibe standen ein Tisch, vier Stühle und ein

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