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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Brodrick
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Leitung er schließlich übernommen hatte. Nach Rileys Freispruch hatte er diesen Job wegen groben Fehlverhaltens verloren. Elizabeth’ Geschichte hätte unterschiedlicher gar nicht sein können: Internat, Durham University und Zulassung als Prozessanwältin am Gray’s Inn. Nach dem Prozess bekam sie eine Stelle als Richterin am Obersten Gericht. In ihrem Leben war es aufwärts gegangen, in seinem abwärts. Auch sie hatte geheiratet, und beide hatten einen Sohn. Ihrer hieß Nicholas; er plante damals gerade eine Australienreise.
    »Wozu?«
    »Um von mir wegzukommen.« Sie lachte. »Er ist zu schnell gewachsen.« Geistesabwesend fügte sie hinzu: »Er ist meinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten.«
    Elizabeth drängte George nie, sich eine Bleibe zu suchen; sie fragte ihn auch nie nach dem Zuhause, das er zurückgelassen hatte, und nach seiner Frau, die seinen Anblick nicht mehr ertragen konnte. Offenbar verstand sie, dass es manchmal kein Zurück gab, zumindest nicht, bis sich das Verhältnis zur eigenen Vergangenheit verändert hatte. Sie saßen nur nebeneinander unter der Feuertreppe und redeten oder schwiegen. Dann ging sie nach Hause.
    Eines Abends tauchte sie mit ihrer Arbeit auf. Es brachte etwas von Old Bailey hier in sein Schlupfloch. Während sie las, etwas anstrich und fluchte, hatte er das sichere Gefühl, dass sie ihm einen Schritt voraus war und abwartete. Die Spannung machte ihn zappelig. Sie bat ihn, still zu sitzen. Plötzlich platzte er heraus: »Es hätte nicht anders laufen können.«
    »Ich weiß.« Sie las weiter.
    »Nicht, nachdem man mich nach meinem Opa gefragt hatte … warum ich meinen ersten Vornamen abgelegt habe.«
    »Ich weiß.«
    »Damit hätte ich nie gerechnet.«
    »Niemand hat damit gerechnet.« Sie steckte ihre Akten und Farbstifte in eine Tasche und holte den Whisky und die Becher heraus. Nachdem sie ein paar Whisky getrunken hatten, sprach sie über Johns Sturz von Lawtons Kai. Das Thema hatte schon in der Luft gelegen, als sie von ihrem eigenen Sohn erzählt hatte. George faltete einen Zeitungsausschnitt über die gerichtliche Untersuchung der Todesursache auseinander und gab ihn Elizabeth.
    »Wie hat Riley das gemacht?«
    George konnte nicht antworten, denn in Wahrheit war es seine Schuld. Er hatte seinen Sohn mit einer beiläufigen Bemerkung während der Fernsehsendung Countdown in den Tod geschickt. Er sah die lächelnden Moderatoren noch vor sich, sah seinen Jungen, der ängstlich durch ein Loch im Maschendrahtzaun kroch. Er war erst siebzehn.
    »Es gibt keine Beweise, nehme ich an.«
    »Nein.«
    Sie drehte sich zu ihm um und schob ihr glattes Haar hinter das Ohr. Ein Diamant funkelte am Ohrläppchen. »Ich bin in das verwickelt, was passiert ist, George.«
    »Nein, das stimmt nicht.«
    »Ich habe wesentlich mehr als du dazu beigetragen, dass Riley davongekommen ist.« Es klang nicht herablassend, nur vertraulich und unerbittlich.
    »Du kannst den Zeitungsausschnitt behalten.« Mehr konnte er nicht tun, um sie zu erreichen. Sie hatte die Welt schon fast verlassen.
     
    Als Elizabeth das nächste Mal nach Trespass Place kam, erklärte sie, ihr Rücken halte das nicht mehr aus. Sie drückte sich sehr genau aus. Degenerative Veränderungen am fünften und sechsten Wirbel machten ihr zu schaffen. »Um die Ecke ist ein Café.«
    Sie suchten sich einen Fenstertisch bei Marco’s. Ohne ihn zu fragen, was er haben wollte, ging Elizabeth an die Theke. Als sie zurückkam, wurde er blass. Sie hatte heiße Schokolade und Toast geholt. Das hatte sie mit Absicht getan. Sie hatte es nicht vergessen.
    Drei Mädchen hatten gegen Riley ausgesagt. Es hatte sie einigen Mut gekostet, weil sie entsetzliche Angst vor dem Pieman hatten. Aber George hatte sie überredet. Drei Anläufe hatte er gebraucht, bei Toast und Kakao. Das hatten sie in ihrer Zeugenaussage angegeben.
    »Iss«, sagte sie ernst.
    George starrte den Teller und den Becher entsetzt an.
    »Na los«, wiederholte sie. »Trink.«
    Als er anfing zu essen, sagte sie: »Hast du dich je gefragt, wie sich Böses aus der Welt schaffen lässt?«
    Er nickte.
    »Ich auch.«
    Das war alles. George wartete auf die Fortsetzung, aber sie saßen nur da, aßen Toast und tranken heiße Schokolade.
     
    Etwa zwei Wochen später kam Elizabeth wieder. Sie stand unter dem Torbogen von Trespass Place und winkte. George stand auf und folgte ihr zu Marco’s. Am gleichen Fensterplatz aßen sie wieder Toast und tranken heiße Schokolade.
    Elizabeth

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