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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Brodrick
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professionelle Identität verloren; die Verteidigung dieses Mandanten hatte die glühende Anklägerin zu Fall gebracht; als Symbol dafür hatte sie die Akte damals aufbewahrt; aber dann hatte sie von John Bradshaws Tod erfahren, einem Mord, der mit Riley zusammenhing, was sich aber nie beweisen ließ. Er stockte und schien, ohne sich zu rühren, die Hand nach Nick auszustrecken. »Ich glaube, was sie Ihnen begreiflich machen wollte, ist, dass sie schuldig war, ohne dass man sie hätte zur Verantwortung ziehen können.«
    Beide starrten auf das einsame Boot.
    »Aber ich hätte ihr niemals Vorwürfe gemacht«, sagte Nick.
    »Ich auch nicht.« Pater Anselm wirkte melancholisch.
    »Manchmal frage ich mich, ob das Gewissen uns in eine Welt zurückruft, die von dieser sehr verschieden ist und uns zu Fremden macht.«
    Nick merkte, dass ihm Tränen in die Augen traten. Sie war jetzt so weit weg: nicht nur im Tod, auch im Leben. Aber außer Verwirrung und Schmerz empfand er auch Enttäuschung. Er hatte eine spektakuläre Erklärung für das Verhalten seiner Mutter erwartet – Unterschlagung von Beweismitteln oder Irreführung des Gerichts; etwas, was ihre Heimlichtuerei, ihr abstruses Verhalten und die bekümmerten Briefe erklärte, die ihn nach Hause geholt hatten. Aber alles lief auf eine akute Überempfindlichkeit hinaus.
    Nick drehte sich um, und gemeinsam gingen sie zurück zum Gray’s Inn.
     
    Die ordentlichen Straßen von St. John’s Wood waren leer. Nick parkte den Beetle, blieb im Dunkeln sitzen und wiederholte Pater Anselms letzte Worte. »Führen Sie weiter Ihr Leben«, hatte er gesagt, »um das Ihrer Mutter kümmere ich mich.« Sie hatten gelacht, obwohl seine Aufgabe ziemlich hoffnungslos schien, nachdem Mr. Bradshaw verschwunden war. Nick schlug auf das Armaturenbrett: Er hatte vergessen nach der Befreiung von Mafeking zu fragen.
    Etwas rasselte … das Handy seiner Mutter.
    Ein Sanitäter oder Polizist musste es wohl wieder in die Halterung gesteckt haben.
    Zögernd nahm Nick es heraus. Er schaute auf das Display. Auf dem Glas war ein Daumenabdruck. Es könnte die letzte Spur sein, die seine Mutter hinterlassen hatte. Er drückte auf die Rückruftaste und lauschte.
    Ein Klopfen löste den Klingelton ab … im Hintergrund war ein Summer zu hören. Gleich darauf gab es Applaus und Jubel.
    »Hallo? … Ja?« Es war eine Frauenstimme. »Wer ist da?«
    Nick bekam einen heißen Kopf. Aber er konnte nicht antworten.
    »Bist du es?«
    Die Frau wartete, und Nick lauschte, unfähig, die Leitung zu unterbrechen. Sie war alt, ihre Stimme zittrig. Nick hörte ihren Atem. Er konnte sich vorstellen, wie ihre Hand zitterte.
    »Warte … bist du es … ist das mein Junge?«
    Nick schaute auf das Display. Der Daumenabdruck war wie eine Gravur. Dahinter stand die gewählte Rufnummer. Er kramte einen Stift hervor und notierte sie auf seiner Hand.
    »Sag doch was …« Die Stimme war weit weg und verzweifelt.
    Nick drückte auf den Aus-Knopf. Sein Mund war trocken.

17
    ANSELM ERWISCHTE DEN letzten Zug nach Cambridge, wo Pater Andrew ihn in der Bahnhofsvorhalle abholte. Da der Prior das Zusammenspiel von Kupplung und Getriebe nie recht begriffen hatte, bot Anselm an, nach Larkwood zu fahren. So konnte der Prior in aller Ruhe im Licht einer Taschenlampe Elizabeth’ knappe Schilderung ihres moralischen Dilemmas und ihrer Wiedergutmachungsversuche lesen. Als er bedächtig den Brief zusammenfaltete, erzählte Anselm von seinem Besuch bei Mrs. Bradshaw und dem grauenhaften Satz, den sie geäußert hatte: Von nichts kommt nichts. Abschließend sagte er: »Und als ich zum Trespass Place kam, war ihr Mann weg. Elizabeth’ Plan ist jetzt schon gescheitert, kaum zwei Wochen nach ihrem Tod.«
    Der Wagen fuhr aus der Stadt, und erst nach mehreren Kilometern merkte Anselm am Gestank, dass er die Handbremse noch angezogen hatte. Verstohlen löste er die Bremse und öffnete das Seitenfenster einen Spalt. »Offenbar hatte Elizabeth eine Herzkrankheit, an der sie jeden Moment sterben konnte«, sagte er. »Es muss einen wunderbar klaren Kopf machen, zu wissen, dass jeder Atemzug der letzte sein könnte …«
    »So war es auch«, bestätigte der Prior. »Sie rief mich am Tag der ärztlichen Untersuchung an.«
    »Wann war das?«
    »Kurz nachdem sie in Larkwood war …, als sie von einem Mord gesprochen hatte.«
    Anselm fuhr langsamer, um sich besser konzentrieren zu können. Was immer der Prior darauf gesagt haben mochte, es hatte Elizabeth

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