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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Brodrick
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jedes Zimmer nummeriert und benannt. Er hatte ihr von Rileys seltsamem Verhalten erzählt … dass er nie die Treppe hinaufging, sondern darauf bestand, alle in der Nähe der untersten Stufe zu treffen. Und DS Cartwright hatte alles aufgeschrieben und dabei unaufhörlich geraucht. Monate später hatte eine Staatsanwältin namens Miss Lowell ihn vernommen. Dieses Mal gab es getippte Aussagen und einen Grundriss mit Farbcodierungen. George hatte die ganze Geschichte noch einmal erzählt. Die Einzelheiten wurden mit anderen Zeugenaussagen verglichen, um ein stimmiges Gesamtbild zu erhalten. Zuletzt gab es ein Gespräch mit einem Kronanwalt namens Pagett, einem großen Kerl im Frack, wie man ihn zur Hochzeit trägt. Mittlerweile kannte George seine Aussage schon fast auswendig. Wieder ging er durch, was er gesehen und gehört hatte und was er von Rileys eigentümlichem Verhalten wusste. Das Merkwürdige war: Weder DS Cartwright noch Miss Lowell oder Mr. Pagett kamen auf die Idee, George zu fragen, ob er Graham Riley von früher kannte. Keiner von ihnen wunderte sich, wieso George überhaupt bereit war, diesen drei Mädchen zu helfen. Sie waren nicht wie der Anwalt, den Riley auf seiner Seite hatte – der, der gefragt hatte: »Was hat David getan, das George vergessen wollte?« Wenn er bei dem Gespräch mit DS Cartwright und Miss Lowell dabei gewesen wäre, hätte er George durchschaut, daran bestand kein Zweifel.
    Die Gestalt vor der Tür wippte von einer Seite auf die andere. Größe und Breite sahen nach einem Mann aus. George fragte sich, warum er nicht hereinkam. Die Heizstrahler waren einfach himmlisch.

14
    ANSELMS DILEMMA ILLUSTRIERTE die Risiken des Klosterlebens. Cyril hatte ihm gerade genug Geld für die öffentlichen Verkehrsmittel gegeben. Anselm war nass und durchgefroren und hatte genug Geld, um sich zu kaufen, was er wollte, hätte dafür aber auf das verzichten müssen, was er brauchte. Gleich hinter seinem Rücken gab es eine Tasse wärmenden Kaffees, aber dafür müsste er im Regen zu seiner Unterkunft zurückgehen.
    Anselm brütete über der Entscheidung, widmete sich aber schließlich einem ernsthafteren Problem. Elizabeth hatte etwas wesentlich Grundlegenderes übersehen als Anselms Zögern, den Schlüssel zu benutzen. Sie hatte die durchaus nahe liegende Möglichkeit außer Acht gelassen, dass ein Mann mit Gedächtnislücken einfach weggehen und sein Abendessen zurücklassen könnte, ganz zu schweigen von seiner Rolle in ihrem Plan. Wo sollte er nun anfangen zu suchen?
    Aufflammender Protest machte Anselm nervös. Er trat von einem Fuß auf den anderen wie ein Boxer, der bereit war, aus seiner Ecke zu kommen und zu kämpfen. Ihm fiel ein, wie Mrs. Bradshaw vor Schreck den Pinsel fallen gelassen und den Mund aufgeklappt hatte bei dem Gedanken, dass ihr Mann nach Hause kommen könnte. Ihre Hoffnung machte ihr mittlerweile zu viel Angst, um auch nur darüber nachzudenken.
    Anselm blinzelte in den triefnassen Himmel. Es wurde schlimmer. Er rannte zur U-Bahn und wich Pfützen und Rinnsalen aus. In seiner äußerst lebhaften Fantasie packte er Cyrils verbliebenen Arm und kettete ihn an ein Regenrohr.

15
    UNTER MARCO’s SUMMENDEM Heizstrahler schrieb George über das Warten, den Sturm und einen rastlosen Mann an der Tür. (Nino hatte George gesagt, wenn er die Vergangenheit auf Papier gebannt habe, solle er die Gegenwart festhalten. »Das hält dich im Hier und Jetzt.«) Sobald der Regen nachließ, machte er sich auf den Rückweg zum Trespass Place.
    Bei der Erinnerung an Ninos Worte drehte sich ihm der Magen um. Was George machte, war dumm: unter einer Feuertreppe zu sitzen und zu warten, dass ein Mönch um die Ecke bog. Es war, als mache er sich vor, dass Elizabeth nicht gestorben wäre oder dass ihr Tod keine Konsequenzen hätte. Im Hier und Jetzt war Elizabeth tot. Sich an alles zu erinnern, was sie gemeinsam gemacht hatten, war eine Form der Trauer, aber auch ein Weglaufen, weil es in der Vergangenheit lag, als sie noch lebte. Er zitterte vor Kälte und Angst, als ob eine harte Wahrheit über Trespass Place kröche: Elizabeth’ Tod zu akzeptieren hieß zu akzeptieren, dass Riley doch davonkommen würde. Das waren zwei Seiten derselben Medaille. Tag für Tag Luftschlösser zu bauen war eine Illusion.
    Er schlang die Arme um die Beine und dachte an Elizabeth’ grenzenlosen Optimismus. Er funktionierte vorwärts wie rückwärts: Sie hatte gesagt, die Vergangenheit ist für jeden zu haben, man muss

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