Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten
wird. Manchmal geht es um Drogen. Es ist so, dass er drei Berichte über Riley abgeliefert hat.« Sie legte die Hände gekreuzt auf den Tisch. »Prosser behauptete, Riley mache krumme Geschäfte, aber er kam nicht dahinter, worum es ging. Er war sicher, dass Leute an Rileys Stand kamen, ihm Bargeld gaben und ohne Ware wieder gingen.«
»Eine Bezahlung?«
»Anscheinend.«
»Dieselben Leute?«
»Nicht immer, aber oft.«
»Schutzgeld?«
»Wir haben ihn beobachten lassen, er macht nichts anderes, als die Häuser Verstorbener auszuräumen und ihren Nachlass zu verkaufen.«
Anselm rief die Fragen ab, die früher zum Rüstzeug seines Berufs gehört hatten. »Ist die Gewinnspanne zu hoch für diese Art von Gewerbe?«
»Nein. Und die Bücher sind in Ordnung – alle rechtzeitig beim Handelsregister vorgelegt.«
»Lebt er über seine Verhältnisse?«
Die Inspektorin schüttelte den Kopf. »Er hat einen schäbigen Bungalow, kein Auto und fährt nie in Urlaub. Deshalb haben wir die Sache fallen lassen.«
»Aber nach wie vor geben Leute ihm Geld für nichts?«, fragte Anselm.
»Ja.«
Anselm wartete.
»Vor etwa zwei Jahren war ich wegen eines Prozesses im Bailey«, sagte die Inspektorin. »Eines Morgens, als ich in der Kantine saß, setzte Mrs. Glendinning sich zu mir. Ohne zu grüßen fragte sie mich, ob ich vom Tod John Bradshaws gehört hätte. Ich sagte ja. Und dann fragte sie, als ob sie sich nach einem Fahrplan erkundigte: ›Werden Sie Riley für den Mord in den Bau bringen?‹ Ich schüttelte den Kopf, worauf sie nur ›Aha‹, sagte, als ob ein Zug Verspätung hätte. Dann sagte sie: ›Ich frage mich, ob er anständig geworden ist.‹ Daraufhin erzählte ich ihr von Prosser, aber sie schien nicht sonderlich interessiert.«
Anselm schmunzelte in sich hinein. Mit zwei unumwundenen Fragen hatte Elizabeth erfahren, was sie wissen wollte: wie die polizeilichen Ermittlungen zu Johns Tod standen und ob man glaubte, dass Riley immer noch in kriminelle Machenschaften verwickelt war. Bewaffnet mit diesen Informationen hatte sie George ausfindig gemacht und ihren Plan in Angriff genommen. In einer Art Tagtraum sah Anselm wieder die entscheidenden Vorstufen vor sich: ihre bedrückten Besuche in Finsbury Park und Larkwood, bei denen sie den Rahmen für ihr Vorgehen abgesteckt hatte.
Inspector Cartwright klopfte mit einem Teelöffel an ihren Teller. »Hallo.« Sie tat, als lauere sie in eine Röhre. »Ich bin Polizistin. Hände hoch.«
»Entschuldigen Sie«, sagte Anselm blinzelnd. »Eine Art Vision hat mich abgelenkt.«
»Wirklich? Was haben Sie denn gesehen?«
»Dass Elizabeth Sie genauso eingespannt hat wie den Prior und mich.«
Eine Weile sagte keiner von ihnen ein Wort.
»Ich schätze, das macht uns zu Verbündeten«, stellte Inspector Cartwright schließlich fest und reichte ihm die Hand. Als ihre Handflächen sich berührten, sah Anselm Elizabeth vor sich, wie sie sich über eine Schachtel Milk-Tray-Pralinen beugte – damals, als alles angefangen hatte. Ihr Haar war ihr wie ein Vorhang vor das Gesicht gefallen. In seiner Fantasie lauerte Anselm dahinter und entdeckte den Anflug eines Lächelns. »Ich habe angefangen, mein Leben zu ordnen«, hatte sie gesagt.
»Danach habe ich nie wieder etwas von Mrs. Glendinning gehört«, sagte die Inspektorin. »An dem Tag, als sie starb, sprach sie mir eine Nachricht auf den Anrufbeantworter. Sie sagte nur: ›Überlassen Sie es Anselm.‹«
Inzwischen verstanden sie beide, was das bedeutete. Aber Anselm wollte noch etwas anderes wissen. »Wie würden Sie ihren Ton beschreiben?«
»Überaus zuversichtlich.«
Vor dem Café sagte Anselm: »Nur aus Interesse, haben Sie den Pieman je ernst genommen?«
»Wir haben unsere sämtlichen V-Leute danach befragt und den Namen durch den Computer gejagt«, sagte die Inspektorin, »aber es ist nichts dabei rausgekommen. Als ich Riley verhört habe, hat er keine einzige Frage beantwortet, aber ich bin immer wieder auf diesen Namen zurückgekommen.«
»Warum?«
»Mir war aufgefallen, dass ihm dabei der Schweiß ausbrach.«
Anselm verabschiedete sich von Inspector Cartwright, nachdem sie vereinbart hatten, dass er ihr Bescheid geben würde, sobald er etwas von Mr. Hillsden hören sollte. Als er ihr auf der Coptic Street nachschaute, erinnerte er sich an die Frage, die Charles Lamb den alten Vorstandsmitgliedern der Anwaltskammer Inner Temple stellte: Fantastische Gestalten, wohin seid ihr entflohen?
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AN EINEM EISIG
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