Patient Null
Philadelphia?«
»Natürlich«, meinte er in einem Ton, der suggerierte, dass er selten seine Meinung änderte. Ich musste mich erst einmal an diese Art der Kommunikation gewöhnen. Bisher war ich Bürokratie gewöhnt. »Ich habe dem Präsidenten von unserer Besorgnis hinsichtlich der feiertäglichen Sicherheit erzählt, und er hat meine Vorschläge akzeptiert. Außerdem haben wir alles Nötige in Bewegung gesetzt, um die Pharmaindustrie an Bord zu holen. Der Präsident wird morgen in einer nicht-öffentlichen Sitzung den Kongress informieren. Die Vereinigten Staaten, Großbritannien und sämtliche Alliierten werden in dieser Sache an einem Strang ziehen.«
Dann erläuterte er die einzelnen Schritte, die er unternommen hatte, um die Sicherheitsmaßnahmen für die zwanzig größten Veranstaltungen zum Unabhängigkeitstag zu verstärken. Dazu mussten Tausende von Extrapolizisten und Soldaten mobilisiert werden. Obwohl das allein bürokratisch gesehen eigentlich so gut wie unmöglich war, schien Church zuversichtlich, dass alles klappen würde. Ich nahm an, es half, das Oberhaupt der Nation auf seiner Seite zu wissen. Trotzdem nicht schlecht.
»Ich würde gern wissen«, sagte ich schließlich, »welchen Status wir in Philadelphia haben. Ich meine … Wir bekommen wohl keine DMS-Abzeichen aufgenäht oder so.«
»Wir verfügen über keine Abzeichen«, meinte er. »Ich habe aber bereits mit dem Präsidenten darüber gesprochen. Er hat das Echo-Team autorisiert, als eine Spezialeinheit des Secret Service zu agieren. Kennen Sie sich mit deren Protokollen aus?«
»Ich kann zumindest so tun, als ob.«
»Ich habe gestern Abend noch einen Freund in der Textilbranche angerufen. Um halb sieben werden wir über entsprechende Kleidung für Sie und Ihr Team verfügen. IDs wurden bereits per Eilkurier geschickt. Gus Dietrich wartet auf Sie.«
»Sie verschwenden keine Zeit, was?«
»Nein«, meinte er und legte auf.
Lächelnd schüttelte ich den Kopf. So fühlte es sich also an, bei den Großen mitzumischen.
Ich suchte Dietrich und holte die IDs für meine Leute ab. Außerdem hatte Church noch einen Stapel Notizen mit den Namen und Telefonnummern von möglichen Kandidaten hinzugefügt.
Dann ging ich zum Computerwohnwagen, wo ich Grace traf. Ich erzählte ihr rasch von meinem Gespräch mit Church. »Wie kommt es, dass er den Präsidenten derart um den Finger wickeln kann? Man fragt sich … Wer ist dieser Church?«
Grace schüttelte den Kopf. »Während der letzten zwei Jahre habe ich so einiges mitbekommen, was mir gezeigt hat, dass er nur husten muss, und halb Washington kommt mit Decken und Wärmflaschen angerannt. Er weiß viel, sehr viel.«
»Was kann er denn wissen? Ach, du meinst … Erpressung?«
»So weit würde ich nicht gehen, aber er weiß, wer welchen Dreck am Stecken hat und wo Leichen im Keller liegen.
Er hat also Einfluss ohne Ende und benutzt ihn, um das zu bekommen, was er will.«
»Gut zu wissen, dass er auf unserer Seite steht.« Ich hielt inne. »Tut er doch, oder?«
»Das will ich hoffen.«
»Und woher kennt er diese ganzen Geheimnisse?«
»Da kann ich nur raten«, sagte sie und zog eine Augenbraue hoch. Dann legte sie den Kopf zur Seite und blickte in den Raum vor uns, der vollgestopft war mit Bildschirmen und Computern aller Art.
»MindReader?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Zum Beispiel. MindReader ist fantastisch, wenn es ums Schnüffeln geht. Außerdem hinterlässt er keinerlei Spuren. Das ist eine der besten und gleichzeitig gefährlichsten Eigenschaften dieser Software. Mit MindReader kann sich Church ins Pentagon einloggen und in Ruhe jede erdenkliche Datei durchsehen. Wenn er fertig ist, loggt er sich wieder aus, und niemand weiß etwas davon. Außer mir – ich habe daneben gestanden, als er es getan hat.«
»Heiliger Strohsack!« Ich starrte auf die Computer, als ob ich aus der Steinzeit in die Gegenwart gebeamt worden wäre. »Und was passiert, wenn MindReader in die falschen Hände fällt?«
»Ich weiß … Es gibt nur eine Handvoll Leute in der Welt, die Zugang haben. Damit wir damit arbeiten konnten, musste uns Church höchstpersönlich Zugang am Mainframe verschaffen. Die Berechtigung dauert einen Tag. Ehrlich. Und obwohl MindReader bei anderen Rechnern keine Spuren hinterlässt, werden alle Suchen auf seiner Festplatte gespeichert.«
»Church, unser aller Big Brother«, witzelte ich.
»Und zwar immer und ewig.«
»Schläft der Mann überhaupt?«
»He, ich habe ihn noch
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