Patient Null
kämpfte – und wofür so viele Männer und Frauen ihr Leben aufs Spiel gesetzt und teilweise auch verloren hatten. Sie symbolisierten die Ideale von Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit. Trotz ihrer Fehler wollten die Gründungsväter nur das Beste für ihr Land: Redefreiheit und Religionsfreiheit. Das Recht auf Leben. Obwohl dieselben Gründungsväter nicht in der Lage gewesen waren, die Sklaverei abzuschaffen oder Chancengleichheit für Menschen jeder Rasse und jedes Geschlechts einzuräumen, so hatten sie zumindest den Ball ins Rollen gebracht. Die Glocke der Freiheit wurde im ganzen Land gehört, über Ozeane hinweg wurde ihr Klang vernommen, bis zumindest die Versprechen, die sie verbreitete, in jedem Land der Welt Anerkennung fanden. Ohne den Mut und den Optimismus unserer Gründungsväter würde es Amerika heute nicht geben, und es würden sich weder Männer noch Frauen, Schwarze und Weiße, Ausländer und Eingeborene zusammenfinden, um gemeinsam immer wieder gegen Hass und Zerstörung zu kämpfen. Trotz meines ausgeprägten Zynismus rührte sich in diesem Moment in meinem Inneren doch der gute alte rot-weiß-blaue Patriotismus.
Hinter mir hörte ich Rudy. »Das führt einen wieder zum Wesentlichen zurück, nicht wahr?«
»Stimmt!«, meinte Top leise.
»Major Courtland?« Wir drehten uns um. Hinter uns stand ein großer Mann in einem perfekt sitzenden grauen Anzug. Er hatte ein breites Lächeln auf seinem gebräunten Gesicht. Ich wusste sofort, wer er war, denn Grace hatte ihn mir genau beschrieben: Linden Brierly, Direktor des Secret Service.
Grace und ich traten zu ihm und begrüßten ihn in der Nähe des dreistufigen Podiums, das zwischen den zwei Glocken errichtet worden war. Überall waren Flaggen und Mikrofone zu sehen, die natürlich noch nicht eingeschaltet waren. Dessen hatte ich mich bereits versichert.
Grace stellte uns vor und reichte Brierly die Hand, die dieser kurz, aber kräftig drückte. »Es tut mir leid, Sir«, sagte Grace, »dass wir uns sozusagen die IDs vom Secret Service ausleihen mussten, aber der Präsident war der Meinung, dass das die beste Lösung darstellte.«
Brierly zögerte keine Sekunde. »Das ist doch selbstverständlich«, antwortete er, obwohl es ihm wahrscheinlich alles andere als recht war. Zumindest wäre es mir so gegangen. Aber Brierly war ein erfahrener Diplomat, der es nicht so weit gebracht hätte, wenn er jedes Mal offen gezeigt hätte, was ihm nicht passte. Er blickte sich um und vergewisserte sich, dass niemand anderer außer ihm und dem Echo-Team in der Nähe war. »Ich habe mich mit Ihrem Vorgesetzten, Mr. Deacon, getroffen.« Er hielt inne und lächelte etwas verlegen. »Oder ist es Mr. Church? Es scheint, als ob es gewisse Unstimmigkeiten bezüglich seines Namens gäbe.«
»Er zieht es vor, Mr. Church genannt zu werden.«
»Verstehe … Interessanter Mann«, meinte Brierly. »Ich habe mich mal etwas in seiner Vergangenheit umgeschaut – oder es zumindest versucht. Weit bin ich nicht gekommen,
da mir der oberste Chef persönlich die Leviten gelesen hat.«
Grace erwiderte sein Lächeln, sagte aber nichts. Ich versuchte, keinen Muskel zu bewegen.
Brierly wartete kurz und zuckte dann mit den Schultern. »Verstehe. Kein Problem, Major. Also, schießen Sie los. Was kann ich für Sie tun?«
Grace und ich hatten vorher vereinbart, dass sie Brierly bekam, während ich mir Lee vorknöpfte. Sie redete nicht lange um den heißen Brei herum. »Sir, wir würden gerne über die Kandidaten mit Ihnen sprechen, die Sie uns geschickt haben.«
Brierlys Lächeln verringerte sich um mindestens zwei Zentimeter. »Wieso, Major?«
Auf diese Frage blieb sie ihm eine Antwort schuldig. »Was können Sie mir über die Leute erzählen, die Sie ausgewählt haben?« Sie zählte elf Namen auf, zu denen auch Sergeant Michael Sanderson, einer von Dietrichs Sicherheitsleuten, und Second Lieutenant Oliver Brown gehörten. Die anderen hatte ich noch nicht kennengelernt.
Ich bemerkte, wie Brierlys Augen den Raum absuchten und auf Ollie Brown zu ruhen kamen, ehe er sich wieder auf Grace konzentrierte. »Ich verstehe nicht ganz, was Sie von mir wollen, Major.«
»Ich will nichts von Ihnen. Ich habe Ihnen nur eine Frage gestellt«, entgegnete sie und lächelte.
»Aha«, meinte er. »Und deswegen kommen Sie mit einer präsidialen Verfügung?«
Grace lächelte weiter.
Brierly schnalzte mit der Zunge. »Okay«, antwortete er schließlich. »Sie haben mich erwischt.«
Ich stellte
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