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Patient Null

Titel: Patient Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Maberry
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diente, den tatsächlichen Inhalt der Glocke zu verdecken. Denn dort, wo eigentlich Metall hätte sein müssen, explodierten nun unzählige Taschen hoch komprimierten Gases. Die gesamte Glocke löste sich blitzartig in Tausende und Abertausende kleiner Pfeile auf, die mit atemberaubender Geschwindigkeit durch die Luft katapultiert wurden. Kein Schwarzpulver, keine Nitrate, nur komprimiertes Gas – die Glocke war nichts weiter als ein riesiges Luftgewehr. Jeder Pfeil hatte einen hauchdünnen Schaft. Die Hälfte davon zerbrach, als sie auf die dünne Folie trafen und versprühten ihren Inhalt, ohne weiteren Schaden anzurichten. Die andere Hälfte jedoch – vielleicht 1500 Pfeile – traf ihr Ziel, nämlich Kongressabgeordnete, Bürger, lokale Würdenträger und ausländische Botschafter. Ich spürte, wie die Pfeile über mich hinwegschossen, während ich auf der Frau des Vizepräsidenten Richtung Betonboden stürzte. Allerdings wusste ich nicht, ob ich selbst getroffen worden war oder nicht. Das Schreien wurde lauter. Als wir auf dem harten Boden aufschlugen, vernahm ich einen unter mir.
    Ich rollte zur Seite und sprang auf, die Pistole gezückt. Wie es mir gelungen war, meine Knarre noch in der Hand
zu halten, war mir ein Rätsel. Ich machte mich sofort auf die Suche nach O’Brien, konnte ihn aber nirgendwo entdecken. Das Einzige, was ich sah, war ein Wirrwarr aus Armen und Beinen stolpernder und fallender Menschen. Von hinten rannte eine Gruppe auf mich zu. Ich konnte mich gerade noch in Sicherheit bringen.
    Auf einmal hörte ich Graces Stimme, die den Agenten befahl, die Türen zu schließen. Sie wusste also auch Bescheid: Jeder Pfeil, der aus der Glocke kam, war mit dem Erreger gefüllt gewesen. Und an ihrer schrillen Stimme konnte ich hören, dass sie genauso große Panik verspürte wie ich.
    Seif-al-Din war unter uns. Nach allem, was wir durchgemacht und überstanden hatten, stand nun alles auf dem Spiel. Wenn auch nur ein einziger Infizierter den Raum verließ …
    Gütiger Himmel.
    »Echo-Team!«, brüllte ich, und auf einmal stand Bunny neben mir, sein Gesicht aschfahl und blutverschmiert.
    »Wurden Sie getroffen?«, schrie er mich an.
    Ich achtete nicht darauf. »Wir müssen die Türen schließen!«
    »Schon geschehen!« Das war nicht Bunny, sondern Brierly, dessen Stimme über den Knopf in meinem Ohr ertönte. »Türen sind geschlossen. Außerdem stehen draußen für den Notfall Truppen bereit.«
    Die Menge prallte wie eine riesige Welle gegen die gläsernen Wände, und ich konnte Schmerzensschreie, Stöhnen und Flüche hören. Die vordere Reihe musste von dem schieren Druck der drängelnden Menschen dahinter mehr oder weniger zermalmt worden sein.
    »Ich habe die Frau des Vizepräsidenten in Sicherheit gebracht«, sagte ich. »Aber wo ist die First Lady, Brierly? Hat sie es nach draußen geschafft?«
    »Mein Assistent Colby und sein Team haben sie sicher in die vorgesehenen Räumlichkeiten gebracht«, antwortete er. »Ledger, was zum Teufel geht hier vor sich?«

    »Ich befinde mich hinter dem Podium. Kommen Sie her – sofort!«
    Als ich mich nach ihm umsah, meinte Bunny: »Boss, diese Pfeile …«
    »Ich weiß, Bunny. Halten Sie die Augen offen. Wenn irgendjemand wieder zu zucken anfängt, wissen Sie, was zu tun ist.«
    Ich sah dem riesigen Mann deutlich an, wie ihn die Erkenntnis, was uns möglicherweise bevorstand, in seinem Innersten traf. Aber er fasste sich rasch und nickte. Nicht weit von uns entdeckte ich Rudy, der mit den Pfadfinderinnen noch immer in einer Ecke kauerte. Eines der Mädchen blutete, aber aus der Ferne konnte ich nicht erkennen, ob sie sich verletzt hatte oder von einem Pfeil getroffen worden war.
    »Bunny, passen Sie auf die Frau des Vizepräsidenten auf«, befahl ich. »Und falls Sie O’Brien zu Gesicht bekommen, drücken Sie sofort ab. Er ist unser Feind Nummer eins.« Ich nahm ihn am Arm. »Bunny … Haben Sie gesehen, auf wen Ollie geschossen hat?«
    »Negativ. Jeder hat wild um sich geschossen«, antwortete er. In diesem Augenblick flogen mehrere Kugeln knapp an seinem Kopf vorbei, und er zuckte zusammen. Die Schießerei hatte wieder begonnen, und die Schreie wurden lauter.
    »Nur für den Fall: Stehen Sie ihm nicht im Weg, wenn er eine Pistole auf Sie richtet.«
    Bunny blickte mich fragend an. »Verstanden, Boss.« Dann kniete er sich vor die Frau des Vizepräsidenten, und einen Augenblick später leisteten ihm drei weitere Agenten Gesellschaft. Zusammen bildeten sie

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