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Patient Null

Titel: Patient Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Maberry
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sie auch mich ansahen. Das würde die Befehle, die ich ihnen zuvor gegeben hatte, noch einmal verdeutlichen: Gefangene – wenn möglich.

    Dann war ein neues Geräusch zu hören. Diesmal kam es aus dem Korridor zu unserer Rechten. Als unsere Köpfe in diese Richtung gingen, konnten wir einen Schatten ausmachen, der sich bewegte. Es war die Silhouette einer Wache mit einem Sturmgewehr. Ein Wachmann – kein Wiedergänger.
    Ollie stand neben mir. Ich nickte ihm zu, und er legte sich auf den Boden, um besser schießen zu können. Zuerst war der Fuß des Wachmanns zu sehen, wie er um die Ecke bog, gefolgt von seinem Körper. Dann ertönte ein leises pfft . Einmal, dann ein zweites Mal, als Ollie an dem Hahn zog. Der Kopf des Wachmanns fiel nach hinten, und er sackte rücklings an die Wand. Bunny rannte an mir vorbei und erreichte den Kerl, noch ehe er mit einem lauten Aufprall zu Boden ging. Der ganze Ablauf – von Ollies Schüssen bis zu Bunnys leichtfüßigem Sprint – machte den Eindruck, als ob wir alles über Monate hinweg einstudiert hätten. Menschlich betrachtet war es natürlich eine schreckliche Szene, aber für einen Krieger war es wunderbar. Eine erstklassige Demonstration dessen, wozu ein Soldat mit bester Ausbildung und eigenem Können alles fähig war.
    Der Polizist in mir bemerkte, dass Ollies bevorzugte Waffe für derartige Jobs eine schallgedämpfte.22-Kaliber sein musste – die Waffe eines Auftragskillers. Das geringe Gewicht der Kugel ließ sie in einen Schädel eindringen, nicht aber wieder herauskommen. Stattdessen tanzte sie im Inneren hin und her und machte alle Lichter aus. Ollie hatte den Mann mit beiden Schüssen im Kopf getroffen. Die meisten Schützen, sogar die allerbesten, trauten sich so gut wie nie, jemandem zwei Kugeln in den Kopf zu jagen, ohne abzusetzen und neu anzulegen. Außerdem war der Wachmann knappe zehn Meter von uns entfernt gewesen. Ollie war also in Topform. Gut zu wissen.
    Wir konzentrierten uns erneut auf die Tür und bereiteten uns auf den Angriff vor. Der weiße Nebel kroch unter
den Plastikflügeln hervor wie die Tentakel eines Albinokraken. Der Gestank wurde schlimmer. Bereits in der Kanalisation war es nicht ohne gewesen, aber hier roch es nach verrottetem Fleisch an lebendigen Knochen. Eine Kombination, wie sie mir erst einmal in meinem Leben in die Nase gestiegen war, und zwar, als ich Javad getötet hatte. Beim zweiten Mal.
    Wir flankierten die Tür erneut. Top zog einen kleinen Spiegel heraus, wie man ihn gewöhnlich von Zahnärzten kannte. Damit sondierte er die Lage auf der anderen Seite des Plastiks. Was er sah, war nicht gut. Der Raum stand voller großer blauer Kisten. Nicht unbedingt unerwartet, aber einen Freudentanz wollte ich deswegen auch nicht aufführen. Wenn ich mich recht an den Plan des Gebäudes erinnerte, hatten wir es mit der Hauptproduktionshalle zu tun. Von dieser riesigen Fläche war nur noch ein kleiner Streifen übrig geblieben, in dessen Mitte ein weiterer Wachmann stand. Er hatte uns den Rücken zugewandt und versuchte, zwischen der Lücke zwischen zwei Containern hindurchzuschauen. Wieder vernahmen wir dieses Stöhnen, das wir diesmal dank Tops Spiegel etwas genauer lokalisieren konnten. Irgendetwas passierte auf der anderen Seite der Container, und das wollte der Wachmann herausfinden. Er war nicht der Einzige.
    Ich zückte mein Messer. Dann hielt ich einen Finger an die Lippen, ehe ich auf meine Brust deutete. Meine Männer nickten. Bunny und Top ergriffen die Türklappen. Auf mein Zeichen zogen sie diese vorsichtig beiseite, so dass ein Spalt entstand. Sobald ich hindurchgeschlüpft war, lief ich so schnell wie möglich durch die Hauptproduktionshalle. Ich packte den Wachmann von hinten und presste meine linke Handfläche auf seinen Mund. Mit Daumen und Zeigefinger drückte ich ihm die Nasenflügel zusammen und trat ihm gleichzeitig mit dem Fuß in den Rücken. Als er nach hinten kippte, schnitt ich ihm von Ohr zu Ohr die
Kehle durch – und zwar so tief, dass Halsschlagader und Luftröhre sofort hinüber waren. Ich zog ihn noch etwas nach hinten, ehe ich ihn wieder nach vorn kippte, damit sein nickender Kopf verhinderte, dass Blut durch die Gegend spritzte. Er war tot gewesen, ehe er überhaupt wusste, wie ihm geschah. Alles war so still und leise über die Bühne gegangen, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Bunny und Skip, die mir gefolgt waren, übernahmen den Körper und ließen ihn sanft zu Boden gleiten.

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