Patient Null
mich stürzte. Ich trat einen Schritt auf ihn zu, hob den Arm und knallte ihm meinen Ellenbogen mit voller Wucht gegen die Kehle. Sein Oberkörper blieb stehen, aber die Beine wollten weiter und
hoben sich in die Luft, als ob er ein Hamster in einem Laufrad wäre. Dann stürzte er auf den Betonboden. Ich wollte ihm gerade den Rest geben, als Bunny mich zur Seite schob, auf seine Brust trat und zwei Salven auf seinen Kopf entlud.
Eine Zehntelsekunde später sahen wir, wie Top einem weiteren Wiedergänger auswich und ihm einen heftigen Tritt gegen die Kniescheibe verpasste. Ehe sich der Wiedergänger wieder aufrappeln konnte, schoss Top ihm in die Schläfe. Es war Tops letzter Schuss, doch zum Glück sackte das Monster in sich zusammen und fiel leblos zu Boden.
Plötzlich herrschte Stille. Nur das Echo der letzten Schüsse hallte noch ein wenig wider.
»Top?«
»Klar.«
»Bunny?«
»Klar, Chef«, brüllte er. »Wir haben alle erwischt.«
Ich drehte mich zu Bunny um, dessen Gesicht seinen jungenhaften Charme verloren hatte und stattdessen gefährlicher als bisher wirkte. Er schloss kurz die Augen, holte tief Luft und nickte dann. »Mir geht es gut, Boss«, verkündete er schließlich.
Top kontrollierte noch immer die Gegend. Bei jedem Schatten zuckte er zusammen, während seine Augen konzentriert wie die einer Klapperschlange wirkten. Er erwiderte meinen Blick und nickte.
Hinter uns konnte ich den Soldaten im Wohnwagen schluchzen hören.
53
DMS-Lagerhalle, Baltimore Dienstag, 30. Juni / 22:29 Uhr
Die Tür zum Wohnkorridor wurde aufgerissen, und Sergeant Dietrich kam in Unterwäsche, aber bis an die Zähne bewaffnet, auf uns zugerannt. Dicht hinter ihm folgte Major Courtland. Dann erschien der Rest des Alpha-Teams, und ich konnte Ollie und Skip ausmachen, die sowohl verängstigt als auch beunruhigt dreinblickten. Ollie trug ein Handtuch um die Hüften und hatte noch Shampoo in den Haaren. Skip war mit einer Feueraxt bewaffnet. Beiden war das Entsetzen deutlich ins Gesicht geschrieben. Zum Schluss kam Dr. Hu, gefolgt von einigen Laborassistenten. Alle hatten die Augen weit aufgerissen, und ihre Mienen verrieten deutlich ihre Furcht. Sie glotzten fassungslos auf die Szene, die sich ihnen bot.
»Weggetreten!«, brüllte ich, als die Soldaten auf uns zu rannten. »Alle Wiedergänger erlegt.«
Dietrich wurde langsamer und hielt dann an. »Diese Idioten haben die Tür zur Halle verriegelt!« Er war offenbar wütend, nicht rechtzeitig zu Hilfe gekommen zu sein.
Ich wandte mich an Hu, der zutiefst schockiert an der Wand lehnte. In seinen Augen waren Tränen. »Doc, wir haben einen Verwundeten in Raum zwölf. Helfen Sie ihm. Am besten sofort.«
Hu rührte sich nicht. »Wurde er … Wurde er …« »Ja.« Ich ließ meinen Blick über die gesamte Mannschaft schweifen. »Er wurde gebissen.«
Hu machte den Eindruck, als ob er am liebsten in der Wand verschwinden wollte. »Wir können ihm nicht helfen!«
»Sie sind Arzt, verdammt nochmal. Verarzten Sie ihn! Jetzt!«
Ich wusste nicht, ob er den Kopf schüttelte oder einfach nur zitterte. Eines war jedenfalls klar: Er wollte da nicht hinein.
Deshalb trat ich zu ihm hin, packte ihn an seinem schweißdurchnässten Hawaii-Hemd und hob ihn hoch. »Passen Sie genau auf, Doktor. Da ist ein Junge im Wohnwagen. Er ist verletzt und hat große Angst. Außerdem ist er einer von uns und nicht irgendeine Actionfigur wie auf Ihrem Schreibtisch. Das hier ist das wahre Leben. Hier müssen echte Leute dran glauben. Ich will, dass Sie alles tun, was in Ihrer Macht steht, um ihm zu helfen – und zwar sofort. Wenn nicht, dann werde ich Sie zusammen mit ihm da drin einsperren – so wahr mir Gott helfe!«
Ich gab ihm einen Stoß und ließ ihn gehen. Hu torkelte einige Meter und blieb stehen, als müsste er sich noch einmal sammeln. Er blinzelte und nickte mir dann zu, ehe er, ohne einen weiteren Laut von sich zu geben, im Wohnwagen verschwand.
Ich spürte einen sanften Druck auf meinem Arm und drehte mich um. Grace Courtland sah mich besorgt an. »Sind Sie verletzt?«
»Nein«, knurrte ich und gab mir Mühe, meine Wut hinunterzuschlucken. »Nein, Major. Meinem Team und mir geht es gut. Aber die Wachleute und die Assistenten sind alle tot, genauso wie der Gefangene aus der Fleischfabrik, bei dessen Gefangennahme wir beinahe draufgegangen wären. Auch die Ärzte, die ihn operiert haben, leben nicht mehr. Aber dafür sind auch alle Wiedergänger eliminiert worden. Leider hat es
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