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Patient Null

Titel: Patient Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Maberry
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Und ich will dich auch nicht angreifen. Ich versuche nur, mich durch diese ganze Scheiße zu kämpfen und herauszufinden, was ich denken und fühlen soll.« Er warf mir einen langen Blick zu. »Auch du trägst es in dir. Nicht durch eigene Schuld, sondern durch das Bewusstsein, dass das Tier in jedem von uns schlummert, in jedem menschlichen Herzen. Dieses Bewusstsein zeigt sich in deinen Augen. Ich habe mit dir gepokert, und ich weiß, dass du es besser vertuschen kannst als ich, besser als die meisten. Besser als Grace Courtland. Aber nicht so gut wie Church. Was ich damit sagen will, ist, dass du das gleiche Mal wie der Rest mit dir herumträgst – das Kainsmal. Genauso wie ich.« Er schnitt eine Grimasse, die man an besseren Tagen als ein Lächeln hätte deuten können. »Es verbindet uns. Durch dieses Wissen werden wir immer zusammengehören. Wir alle, aneinandergebunden durch den unwiderstehlichen Drang der Menschheit, kollektiven Suizid zu begehen.«
    »Wie gesagt, Rudy – nicht jeder ist Teil des Problems. Es gibt auch solche, die ihr Bestes tun, um ein Teil einer Lösung zu sein.«

    Er lächelte mich müde an. »Ich hoffe, das ist kein aufgesetzter Optimismus, Cowboy. Ich hoffe inbrünstig, dass du das wirklich glaubst.«
    »Das tue ich. Mir bleibt nichts anderes übrig.«
    Er schloss die Augen und saß eine Zeit lang einfach nur da. Hier und da seufzte er, sagte aber kein Wort. »Ich habe noch nicht genug Zeit gehabt, um diese ganzen Eindrücke zu verarbeiten«, sagte er endlich. »Wenn ich helfen soll, muss ich mich selbst erst einmal auf die Reihe kriegen. Ich wurde gekidnappt, hatte eine Pistole im Nacken, musste herausfinden, dass Terroristen über eine Waffe verfügen, die uns den Tag des Jüngsten Gerichts schon bald recht nahebringen könnte … Du wärst überrascht, wie wenig wir von solchen Dinge an der Uni lernen.«
    »Nicht einmal bei der Ausbildung zum Psychiater?«
    »Nicht einmal da.« Er schwieg erneut.
    Nach einer Weile meinte ich: »Church hat mir übrigens verraten, dass du dem DMS beigetreten bist. Warum hast du dir denn das angetan?«
    Rudy schenkte mir ein schwaches Lächeln. »Weil er mich gebeten hat. Wegen der Ereignisse in St. Michael’s. Wegen dir. Und weil ich jetzt weiß, was hier passiert. Ich meine nicht nur die Geheimnisse, Joe … Ich kenne die Wahrheit, die dahintersteckt: Ich trage ebenfalls das Kainsmal. Deshalb bin ich von jetzt an Teil des Ganzen. Wenn ich mich jetzt abwenden würde, könntest du mich morgen in einer Nervenheilanstalt besuchen.«
    »Verstehe«, meinte ich. »Willkommen im Club. Wie fühlt es sich an, Mitglied des Teams zu sein?«
    »Die Frage ist viel zu komplex, als dass ich sie auf die Schnelle beantworten könnte. Oberflächlich betrachtet könnte man sagen, dass ich froh bin, den Leuten helfen zu können, die die Welt retten wollen.«
    »Und unter der Oberfläche?«

    »Ich weiß, wie es um deine Moral steht, Joe. Du bist zu vernünftig, um irgendwelchen politischen Ideologien oder Dogmen hinterherzurennen. Für dich zählt allein Richtig und Falsch, und mir geht es ähnlich. Ich glaube, auch Church ist ähnlich gepolt. Was mir im Augenblick wohl die größte Hoffnung macht, ist die Tatsache, dass drei Menschen zwischen uns und dem Weltuntergang stehen: Church, du und Grace Courtland. Ihr seht nicht nur, wo es langgeht, sondern seid sogar in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen.«
    »Da lädst du uns ziemlich viel auf, Bruder.«
    »Ja, ich weiß«, erwiderte Rudy und rieb sich die Augen. »Wir haben alle viel zu tragen. Du musst ein Held sein, ich muss die Kurve kratzen, um anderen helfen zu können, die Kurve zu kratzen, und Church und Courtland müssen das tun, was sie tun.« Rudy stand auf und klopfte mir auf die Schulter. Er sah wieder mehr wie der alte Rudy aus, aber ich wusste, dass es noch ein Weilchen dauern würde, bis er sich ganz gefangen hatte. »Ich werde jetzt versuchen, ein wenig zu schlafen. Eine Stunde oder so. Du solltest das Gleiche tun.«
    Ich nickte, wenn ich auch wusste, dass es mir nicht gelingen würde. Es gab zu viel zu tun, und die Zeit lief mir davon. Unschlüssig stand ich unter der Tür und schaute ihm nach, wie er in sein Zimmer schlich. Ich war zum Umkippen müde und wollte mich gerade umdrehen, um mich zumindest kurz auf mein Bett zu legen, als eine Tür aufgerissen wurde und Dr. Hu den Flur entlanggelaufen kam. »Raum zwölf!«, brüllte er. Entsetzen ergriff mich.
    Hinter ihm konnte ich das Stakkato von

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