Patricia - Der Kuss des Vampirs
mitfühlte, jedoch nicht wusste, was sie sagen sollte, presste sich enger an ihn. Von diesem Fenster aus konnte man über das Moor sehen und der Blick verlor sich in der Weite. Sie standen dort, bis die ersten Strahlen des Tages die Landschaft berührten, dann erst schloss Maximilian die Fensterläden, zog die Vorhänge zu und nahm Pat ein weiteres Mal in die Arme.
Als Maximilian am Abend die tief und fest schlafende Pat verließ und hinunter in die Bibliothek ging, tat er das so gut gelaunt wie seit unzähligen Jahren nicht mehr.
»Ein Glas Rotwein, Mylord?« Simmons trat mit einem Tablett und einer Karaffe näher, in der dieser etwas herbe Rotwein schimmerte, den er so gerne mochte.
»Ja, danke, Simmons.« Maximilian trat an die Bücherwand, wo die bisher von Pat schon katalogisierten Bücher in perfekter Ordnung standen. Die Arbeit war zügig vorangeschritten, bald würde sie beendet sein und er konnte nur hoffen, dass Pat dann nicht auf die Idee kam, abzureisen. Sie hatte ihm erzählt, dass sie in weniger als einem Jahr Zugriff auf ihr Erbe erhalten und damit unabhängig sein würde. Wenn er sie dann nicht verlieren wollte, musste er wohl lernen, auf andere Überredungskünste als die übliche Gewalt zurückzugreifen - Pat war für zärtliche Überzeugung zweifellos empfänglicher. Aber falls alles schief ging, konnte er immer noch die Listen ins Feuer werfen und sie wieder von vorn beginnen lassen. Er lächelte bei dem Gedanken, ging die Reihe entlang, nahm gelegentlich ein Buch heraus, blätterte darin, stellte es wieder zurück. Bis er sich umdrehte und Simmons unverwandten Blick auf sich ruhen sah. »Was gibt es noch, Simmons?«
»Mylord, darf ich offen sprechen?«
Maximilian sah ihn erstaunt an.
Der Butler schloss zuvor sorgfältig die Tür. Seine Stimme klang ruhig wie immer, aber es lag ein gewisser Unterton darin, der seinem Herrn nicht entgehen konnte. »Mylord, ich weiß, es steht mir nicht zu, Ihnen … ähem Ratschläge zu erteilen, und ich habe in all den Jahren, die ich die Ehre hatte, für Eure Lordschaft tätig zu sein, …«
»Sparen Sie sich das mit der Lordschaft«, unterbrach ihn Maximilian kurz, »und kommen Sie endlich zur Sache.«
»Jawohl, Mylord. Es geht um diese junge Dame, um Miss Smith.«
»So?« Maximilians Blick wurde wachsam.
»Wie schon gesagt, Mylord, und wie ich sagen wollte, bevor Sie mich zu unterbrechen geruhten, ich habe Ihnen immer treu gedient, Sie in allem unterstützt, keine Fragen gestellt und Ihnen keine Ratschläge erteilt. Sie konnten und können sich jederzeit auf meine Ergebenheit verlassen...«
»Ja, ja«, nickte Maximilian ungeduldig, »reden Sie schon weiter.«
»Sie können sich auf mich verlassen«, betonte Simmons nochmals etwas nervös, »aber dieses eine Mal möchte ich Sie bitten, über weitere Schritte nachzudenken und gegebenenfalls davon Abstand zu nehmen.« Er selbst hätte den Schlossherrn vermutlich nicht herauszufordern gewagt, aber Mrs. Simmons war ihm so in den Ohren gelegen, dass er schließlich nachgegeben hatte. Und da seine Lordschaft heute etwas besser gelaunt schien, konnte er sogar hoffen, zu überleben. »Selbst auf die Gefahr hin, Mylord, dass Sie mir jetzt den Kopf abreißen oder meine Kleidung anzünden – wozu Sie, wie ich sehr wohl weiß, mit Leichtigkeit imstande wären – möchte ich Sie bitten, davon Abstand zu nehmen, Miss Smith zu Ihrem … Spielzeug zu machen.«
Maximilian starrte ihn fast eine Minute lang schweigend an, das bedrohliche Glimmen, das nach Simmons‹ ersten Worten in seine Augen getreten war, verstärkte sich. »Legen Sie es etwa darauf an, mich ernsthaft wütend zu machen, Simmons?« Seine Stimme klang gefährlich leise.
»Das kann gewiss nicht in meiner Absicht liegen, Mylord«, erklärte der Butler würdevoll, »ich bin weit davon entfernt, Selbstmordabsichten zu hegen. Aber auch Mrs. Simmons ist der Meinung…«
Der Schlossherr hob abwehrend die Hand. »Drohen Sie mir nicht mit Ihrer Frau, Simmons.« Das gefährliche Licht aus seinen Augen war verschwunden, sie waren wieder von einem ruhigen, dunklen Blau und es zuckte amüsiert um seine Lippen, als er sich abwandte, einen der Sessel vom Tisch wegzog und sich darauf fallen ließ. Die dunkle, lackierte Tischplatte glänzte und spiegelte im Schein der Kerzen und Maximilian starrte sekundenlang auf das undeutliche Abbild von Simmons Gesicht. »Und jetzt lassen Sie mich bitte allein. Ich habe Ihre Einmischung in meine Privatangelegenheiten
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