Patterson James
und trug immer Jeans mit dunkelblauem Jackett und
offenem Hemd.
»Ein paar ganz gute Krimis sind dabei – einer wurde für einen
Edgar Award nominiert. Und ich habe ein paar Drehbücher für
CSI und NYPD Blue geschrieben.«
»Dann sind Sie ja so was wie eine Berühmtheit«, meinte
Andie.
»Ich kenne ein paar berühmte Autoren«, erwiderte er grinsend.
»Mache ich Sie nervös?«
»Ja, ich kann kaum meine Essstäbchen halten.« Andie grinste
zurück. »Schauen Sie, wie die zittern.«
»Ich muss euch mal was fragen«, begann O’Flynn mit gesenkter Stimme. »Ich weiß, dass wir nicht darüber reden dürfen, aber
dieser Machia – was sollen wir von dem halten?«
»Wir halten ihn für einen kaltherzigen Hurensohn«, antwortete
Marc. »Aber er weiß, wie er die Lacher auf seine Seite zieht.«
»Er ist ein Hurensohn«, stimmte Andie zu. »Aber als er über
seinen Freund geredet hat, ich weiß nicht, da hatte ich den
Eindruck, dass eine ganz andere Seite von ihm durchschimmert.«
»Was ich wirklich fragen wollte« – O’Flynn beugte sich vor –,
»glauben wir ihm? Trotz all der Scheiße, die er fabriziert hat?«
Andie blickte zu Marc. Machia war ein Mörder und Gangster.
Er hatte womöglich hundert furchtbare Dinge getan, für die er
nie würde geradestehen müssen. Aber jetzt behauptete er, die
Wahrheit zu sagen, weil er nichts mehr zu verlieren hätte.
Marc zuckte mit den Schultern. »Ja, ich glaube ihm.«
Beide blickten zu Andie. »Ja, ich glaube ihm auch.«
Als die Geschworenen vom Mittagessen zurückkamen, nahm
ein Koloss von einem Mann den Zeugenstand ein. Er wog
vielleicht hundertfünfzig Kilo und gehörte zu der Sorte ungesund aussehender Menschen, wie ich sie bisher nur selten zu
Gesicht bekommen hatte.
»Können Sie uns Ihren Namen nennen«, bat Joel
Goldenberger und erhob sich, »und Ihren gegenwärtigen
Aufenthaltsort?«
»Mein Name ist Ralph Denunziatta«, antwortete der Dicke,
»und mein gegenwärtiger Aufenthaltsort ist ein Bundesgefängnis.«
Plötzlich gab es einen ohrenbetäubenden Knall, der das ganze
Gebäude zu erschüttern schien.
Alle sprangen auf oder bedeckten die Köpfe. Höchste Eisenbahn, unter die Tische zu kriechen. Es wurde geschrien. Einer
der Marshals ging auf Cavello zu. Niemand wusste, was passiert
war. Ich erhob mich und wollte über das Geländer springen, um
die Richterin zu schützen.
Dann wieder dieser Lärm. Von der Straße. Vielleicht eine
gezielte Explosion auf einer Baustelle oder eine Fehlzündung
eines Lastwagens. Alle blickten sich nervös um, als das Keuchen im Gerichtssaal langsam verstummte.
Der Einzige, der sich nicht bewegt hatte, war Cavello. Er saß
nur einfach da, blickte sich um und grinste in sich hinein. »Hey,
was schaut ihr mich so an?«, fragte er. Fast der gesamte Gerichtssaal brach in Lachen aus.
Die Verhandlung wurde fortgesetzt. Denunziatta war um die
fünfzig, hatte mehrere Doppelkinne und angegrautes, dünner
werdendes Haar. Er sprach mit leiser Stimme. Wie Machia
kannte ich auch ihn ziemlich gut. Ich war derjenige, der ihn
verhaftet hatte. Eigentlich mochte ich Ralphie, wenn man einen
Typen mögen kann, den es nicht weiter juckt, wenn sein
Gegenüber tot umfällt.
Joel Goldenberger trat an den Zeugenstand. »Mr. Denunziatta,
wie würden Sie Ihre Stellung im organisierten Verbrechen
beschreiben?«
»Ich war Captain im Guarino-Klan.« Er sprach mit gedämpfter
Stimme und abgewandtem Blick.
»Ralphie D.?«, fragte Goldenberger.
Denunziatta nickte. »Ja, der bin ich.«
»Sie haben einen College-Abschluss, Mr. Denunziatta?«, fuhr
Goldenberger fort.
»Ja, Sir. In Wirtschaft. An der LIU.«
»Aber Sie haben nie regulär in Ihrem Beruf gearbeitet? Sie
haben sich entschlossen, Ihr Leben dem Verbrechen zu widmen?«
»Das ist korrekt.« Denunziatta nickte wieder. Als er noch ein
Junge war, hatte sein Vater als einer von Cavellos Handlangern
gearbeitet. »Mein Vater wollte, dass ich Aktienhändler werde
oder Jura studiere. Aber die Dinge änderten sich. Der Klan hatte
sich ehrlichen Geschäften zugewandt – Restaurants, Nachtclubs,
Lebensmittelvertrieb –, und dort bin ich eingestiegen. Ich
dachte, ich könnte ein paar Dingen aus dem Weg gehen, Sie
wissen schon, Dinge, über die alle reden – Gewalt, schmutzige
Arbeit.«
»Aber das konnten Sie nicht, Mr. Denunziatta?«, fragte Joel
Goldenberger.
»Nein, Sir.« Denunziatta schüttelte den Kopf. »Das konnte ich
nicht.«
»Und eins dieser Dinge, denen Sie nicht aus dem Weg gehen
konnten, war die
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