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Patterson James

Patterson James

Titel: Patterson James Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todesschwur
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nicht lange.
Seit Tagen war ich nicht mehr ans Telefon gegangen. Wenn
jemand anrief, hörten wir über den Anrufbeantworter zu und
taten so, als käme die Stimme von einem Ort, der Millionen von
Kilometern entfernt war.
Bis dieser eine Anruf kam. Die Stimme ließ mich vor Überraschung erstarren.
»Hey, Pellisante.« Dieser affektierte Jersey-Akzent war ungefähr das Letzte, was ich erwartet hatte.
Ich wirbelte herum und griff zum Telefon. »Frankie?«
»Nicky Smiles.« Frank Delsavio tat, als redete er mit einem
verloren geglaubten Freund. »Erinnern Sie sich an die Postkarte,
über die ich geredet habe? Von unserem gemeinsamen Freund?«
»Ich weiß, von wem du redest, Frank.«
»Na, es ist so weit. Ich habe eine bekommen. Ist das nicht
gut?«
Ich erhob mich. »Wo ist er, Frank?« Es war mehr eine Forderung als eine Frage.
»Wo er ist?« Delsavio gluckste, als fände er es lustig, mich
hinzuhalten. »Er ist am Ende der Welt, Nicky. Er hat gesagt, das
soll ich Ihnen sagen.« Dieser Wichser begann zu lachen. »Das
soll ich Ihnen sagen – am Ende dieser verdammten Welt, Nicky
Smiles.«
Vielleicht wusste er es. Vielleicht wusste er, dass ich nicht
mehr dabei war, dass ich ihn nicht packen konnte, egal, was er
sagte oder tat. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und spürte,
wie das Blut durch meine Adern pulsierte.
»Ich habe ihm gesagt, Sie müssten es wissen und es sei dringend«, fuhr Frank Delsavio immer noch kichernd fort. »Er hat
gesagt, ich soll Ihnen Grüße bestellen. Er wollte auch ganz
sicher sein, dass ich es in genau diesen Worten sage: Am Ende
der Welt. ›Komm und hol mich, Nicky Smiles.‹«

TEIL DREI
DER AAL
    Man weiß nie, wann der Durchbruch kommt, dieser eine
Hinweis, der den Fall von Grund auf ändert. Gewöhnlich ist es
kein Aha-Erlebnis. Die Erkenntnis schleicht sich ein, wenn man
mit jemandem redet, oder kurz vorm Einschlafen. Manchmal ist
es einfach nur einer jener Momente. Ein Fleck am Sternenhimmel, der urplötzlich Gestalt annimmt und erstaunlich klar wird.
    Bei mir setzte dieser Moment ein, als ich mir das Gerichtsvideo anschaute. Diese siebenundvierzig Sekunden, die ich so
viele Male gesehen hatte.
    Ein Kumpel aus meiner alten Abteilung, der C-10, hielt mich
in Erinnerung an frühere Zeiten über die Ermittlungen auf dem
Laufenden. Eine Gerichtsangestellte namens Monica Ann
Romano war am Tag nach Cavellos Flucht ermordet aufgefunden worden. Laut Aussage ihrer Mutter war sie mit jemandem
zusammen gewesen, den weder die Mutter noch Anns Freunde
auf der Arbeit je gesehen hatten. Doch die Mutter wusste, dass
er mit Akzent sprach. Die Polizei dachte, sie könnte erpresst
worden sein, um die Waffe ins Gericht zu schmuggeln.
    Der Fluchtwagen war auf der Suche nach Fingerabdrücken
und DNS-Spuren auseinandergenommen worden. Auch im
Haus, in dem Denunziattas Schwester ermordet worden war,
war nichts zu finden gewesen. Das Viertel in Paterson in New
Jersey war eingehend untersucht, das gesamte Material der
Mautstellenkameras auf der I-95 unter die Lupe genommen
worden.
    Es war mitten in der Nacht, als ich es fand. Ich hatte nicht
schlafen können.
Ich saß an meinem Schreibtisch am Rechner und ging die
Gerichtsaufnahme vielleicht zum tausendsten Mal durch. Ich
hatte das Gesicht des Kerls ausgedruckt, um es Ogilov zu zeigen
und ihn mit dem unter Druck zu setzen, was mir zur Verfügung
stand. Was so gut wie nichts war.
Ich ließ das Band zu Ende laufen. Meine Lider wurden schwer.
Es war schon zwei Uhr durch, ich brauchte etwas Schlaf, aber
wollte das Band trotzdem wieder zurückspulen.
Doch plötzlich hielt ich mitten in der Bewegung inne.
Ich blinzelte.
Es war tatsächlich dieses Aha-Erlebnis – Heureka! –, als hätte
ich gerade ein Mittel gegen Krebs oder ein tödliches Virus
gefunden. Da war es!
Ich beugte mich nach vorne und zoomte mit Hilfe der Fernbedienung auf den Komplizen mit dem Bart. Aber diesmal nicht
auf sein Gesicht – oder die Waffe oder seine Armbanduhr, alles
Dinge, die sich mir ins Gedächtnis eingebrannt hatten.
Auf die Schuhe dieses Hurensohnes.
Ich holte die Schuhe nahe heran, riss die Augen weit auf. An
der Ferse befand sich gut erkennbar ein Logo.
Eine Art Kreis, der von einer Wellenlinie geteilt wurde.
Mein Gott, Nick! Warum hast du das nicht schon vorher
bemerkt?
Ich kannte diese Schuhe.
Mein Herz begann zu rasen. Drei Jahre zuvor hatte ich eine
Reise in den Nahen Osten gemacht, um Inspektoren auszubilden.
Die Schuhe wurden in

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