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Patterson, James - Alex Cross 03 - Sonne, Mord und Sterne

Titel: Patterson, James - Alex Cross 03 - Sonne, Mord und Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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graben. Dann knurrte er.
    Er schien einen epileptischen Anfall zu bekommen. Wahrscheinlich auf Grund des Medikamentenentzugs. Eine Woge plötzlicher Hirnaktivität jagte in seinen Körper, seine Gliedmaßen. Er schlug wild mit Armen und Beinen um sich. Sein Bekken zuckte so rhythmisch, als würde er sich an meinem Bein befriedigen.
    Dann rollten seine Augen nach hinten, und der Körper wurde unvermittelt schlaff. Schaum quoll aus dem Mund. Arme und Beine zuckten weiterhin. Vielleicht hatte er für ein oder zwei Sekunden das Bewusstsein verloren. Gleich darauf gab er gurgelnde Laute von sich, als würde er ersticken.
    Ich drehte ihn auf die Seite. Seine Lippen waren bläulich, die Augen wieder nach vorn gerollt. Er blinzelte heftig. Der Anfall war so schnell vorüber, wie er gekommen war. Jetzt lag der kleine Mistkerl wie ein Häufchen Elend schlaff auf dem Boden.
    Die Polizei hatte die Schüsse gehört. Sofort waren die Männer ins Wohnzimmer gestürmt. Überall Gewehre und gezückte Pistolen. Viel Geschrei und das Quäken der Funkgeräte. Christine Johnson ging zu ihrem Mann. Zwei Notärzte ebenfalls.
    Als ich das nächste Mal aufschaute, kniete Christine neben mir. Offenbar war sie unverletzt. »Alles in Ordnung, Alex?«, fragte sie mit heiserem Flüstern.
    Ich hielt immer noch Danny Boudreaux nieder. Er schien seine Umgebung nicht wahrzunehmen. Kalter, öliger Schweiß bedeckte seinen Körper. Jetzt sah der Sojourner-Truth-Killer jämmerlich, verloren und unerträglich verwirrt aus. Dreizehn Jahre alt. Fünf Morde. Vielleicht auch mehr.
    »Entzugserscheinungen?«, fragte Christine.
    Ich nickte. »Ich glaube, ja. Verbunden mit zu viel Aufregung.«
    Danny Boudreaux versuchte etwas zu sagen, aber ich konnte ihn nicht verstehen. Er spuckte immer noch weißen Schaum.
    »Was hast du gesagt? Was ist?«, fragte ich. Meine Stimme war heiser, und der Hals tat mir weh. Auch ich zitterte und war schweißüberströmt.
    Der Junge flüsterte leise, als wäre niemand mehr in ihm. »Ich habe Angst«, vertraute er mir an. »Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich habe immer so schreckliche Angst.«
    Ich nickte dem kleinen verängstigten Gesicht zu, das zu mir aufblickte. »Ich weiß«, sagte ich zu dem jungen Mörder. »Ich weiß, was du fühlst.«
    Das war das Beängstigendste von allem.
102.
    Der Drachentöter lebt, aber wie viele Leben sind mir noch vergönnt? Warum riskierte ich immer wieder meinen Hintern? Arzt, heile dich selbst.
    Ich blieb über eine Stunde im Haus der Johnsons, bis die Leichen des Jungen und George Johnsons weggebracht wurden. Ich musste Christine für meinen Bericht einige Fragen stellen. Dann rief ich zu Hause an und sprach mit Nana. Ich bat sie, ins Bett zu gehen. Mir gehe es gut – im Großen und Ganzen. Jedenfalls für heute Abend.
    »Ich liebe dich, Alex«, flüsterte sie mir durchs Telefon zu. Nana hörte sich beinahe so müde und erschlagen an, wie ich es war.
    »Ich liebe dich auch, alte Lady«, sagte ich.
    Und Wunder über Wunder – an diesem Abend überließ sie mir das letzte Wort.
    Endlich zerstreute sich die Menge der Gaffer. Selbst die hartnäckigsten Reporter und Fotografen verschwanden. Eine von Christine Johnsons Schwestern war gekommen, um in dieser schrecklichen Zeit bei ihr zu sein. Ich schloss Christine fest in die Arme.
    Sie zitterte immer noch. Sie hatte einen entsetzlichen Verlust erlitten. Wir hatten beide einen Abend in der Hölle durchlebt. »Ich kann überhaupt nichts fühlen«, gestand sie mir. »Alles ist so irreal. Ich weiß, dass es kein Albtraum ist, aber ich denke dauernd, es muss einer sein.«
    Um ein Uhr früh fuhr Sampson mich nach Hause. Ich hatte das Gefühl, keine Lider mehr zu haben. Mein Verstand raste immer noch mit einer Million Kilometern pro Stunde. Immer noch das laute Summen, immer noch völlig überhitzt.
    Wohin bewegte sich diese Welt? In Richtung Gary Soneji? Bundy? Hillside-Würger? Koresh? McVeigh? Und so weiter und so fort. Man hatte Gandhi einmal gefragt, was er von der westlichen Zivilisation halte. »Ich glaube, sie könnte eine gute Idee sein«, hatte er geantwortet.
    Ich weine nicht viel. Ich kann es nicht. Das gilt für viele Polizisten, die ich kenne. Ich wünschte, ich könnte manchmal weinen, alles herauslassen, die ganze Angst und das Gift. Aber so leicht ist das nicht. Etwas hat sich im Innern festgesetzt wie ein Block.
    Ich saß auf der Treppe in unserem Haus. Ich war auf dem Weg ins Schlafzimmer gewesen, hatte es jedoch nicht bis nach oben

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