Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Patterson, James - Alex Cross 04 - Wenn Die Mäuse Katzen Jagen

Titel: Patterson, James - Alex Cross 04 - Wenn Die Mäuse Katzen Jagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
Vom Netzwerk:
gutzugehen. Ich hatte das Gefühl, daß sie es mir sagen würde, falls sich das änderte.
    Wir suchten eine gute Flasche Merlot aus. Dann teilten wir uns eine Portion Ipswich-Muscheln, fleischig und nur mit etwas Geklecker zu bewältigen, aber ein guter Auftakt für ein Essen bei Kinkead’s. Als Hauptgericht hatte ich mich für ein exquisites Lachsragout entschieden, Christine traf eine noch bessere Wahl: Hummer mit butterweichem Kohl, Bohnenpüree und Trüffelöl.
    Während wird aßen, schwiegen wir keine einzige Minute. Ich hatte mich seit langer Zeit in Gegenwart eines anderen Menschen nicht mehr so frei und unbefangen gefühlt.
    »Damon und Jannie finden, daß Sie die beste Rektorin sind, die man sich vorstellen kann. Beide haben mir einen Dollar dafür bezahlt, daß ich das sage. Was haben Sie für ein Geheimnis?« fragte ich Christine. Ich stellte fest, daß ich in ihrer Nähe gegen den Drang ankämpfen mußte, vor Nervosität einfach nur zu schwatzen.
    Christine war einen Moment lang nachdenklich, bevor sie antwortete.
    »Ich nehme an, die einfachste und vielleicht wahrste Antwort lautet, daß mir das Unterrichten ein gutes Gefühl gibt. Eine zweite Antwort ist: Einem Rechtshänder fällt es schwer, mit der linken Hand zu schreiben. Und die meisten Kinder sind anfangs Linkshänder. Ich versuche, mich immer daran zu erinnern. Das ist mein Geheimnis.«
    »Erzählen Sie mir, was Sie heute in der Schule erlebt haben«, bat ich und schaute in ihre braunen Augen. Ich konnte den Blick nicht abwenden.
    Meine Frage überraschte sie.
    »Wollen Sie das wirklich hören? Warum?«
    »Es interessiert mich. Ich weiß nicht, warum.« Weil ich den Klang Ihrer Stimme liebe. Weil ich es liebe, wie Ihr Verstand arbeitet.
    »Es war eigentlich ein großartiger Tag«, sagte sie, und ihre Augen leuchteten wieder. »Heute mußten alle Kinder so tun, als wären sie über siebzig. Sie mußten sich langsamer bewegen, als sie es gewöhnt sind. Sie mußten mit Behinderungen fertig werden, mit dem Alleinsein und damit, daß sie nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Wir nennen es: in die Haut anderer schlüpfen. Das machen wir in der Truth-Schule oft. Es ist ein sehr lehrreiches Verfahren. Schön, daß Sie mich danach gefragt haben, Alex.«
    Kurze Zeit später fragte Christine mich wieder nach meinem Tag, aber ich erzählte ihr so wenig wie möglich. Ich wollte sie nicht beunruhigen, wollte mir den Tag nicht vergegenwärtigen. Also sprachen wir über Jazz und klassische Musik und über Amy Tans neuestes Buch. Sie schien über alles Bescheid zu wissen, und es überraschte sie, daß ich Die hundert verborgenen Sinne gelesen hatte. Daß es mir gefallen hatte, überraschte sie noch mehr.
    Sie sprach darüber, wie es für sie gewesen war, in Southeast aufzuwachsen, und verriet mir ein großes Geheimnis. Sie erzählte mir von »Dumbo-Gumbo«.
    »Während der ganzen Grundschulzeit«, sagte Christine, »war ich Dumbo-Gumbo. So haben mich die anderen Kinder genannt. Ich habe große Ohren, wissen Sie. Wie Dumbo, der fliegende Elefant. Sehen Sie!«
    Sie strich sich das Haar zurück.
    »Sehr hübsch«, sagte ich zu ihr.
    Sie lachte.
    »Setzen Sie Ihre Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel. Ich habe große Ohren. Und ich habe ein extrabreites Lächeln, bei dem jede Menge Zähne und Zahnfleisch zu sehen sind.«
    »Und deshalb ist irgendein kleiner Klugscheißer auf DumboGumbo gekommen?«
    »Das hat mir mein Bruder Dwight angetan. Er hat mich auch ›Maulaffe‹ getauft. Und er hat bis heute nicht einmal gesagt, daß es ihm leid tut.«
    »Das tut mir leid für ihn. Sie haben übrigens ein strahlendes Lächeln, und Ihre Ohren sind genau richtig.«
    Sie lachte wieder. Ich hörte sie sehr gern lachen. Genaugenommen liebte ich alles an ihr. Ich hätte mit unserem ersten Date nicht zufriedener sein können.
15.
    Die Zeit verging im Nu. Wir sprachen über Eliteschulen, einen für die ganze Nation verbindlichen Lehrplan, eine GordonParks-Ausstellung in der Corcoran Gallery und auch über jede Menge nebensächliches Zeug. Ich nahm an, es sei vielleicht zehn, als ich einen Blick auf meine Uhr warf. Tatsächlich war es zehn vor zwölf.
    »Morgen ist Schule«, sagte Christine. »Ich muß gehen, Alex. Der Alltag ruft.«
    Sie hatte ihr Auto in der Nineteenth Street geparkt, und wir gingen zu Fuß dorthin. Die Straßen waren still, leer und glitzerten unter den Lampen.
    Ich hatte ein leicht berauschtes Gefühl, als hätte ich ein bißchen zuviel getrunken,

Weitere Kostenlose Bücher