Patterson, James - Alex Cross 04 - Wenn Die Mäuse Katzen Jagen
mit Gesang und Tanz.« »Sie war verdammt gut. Und natürlich können wir noch ste hen, jedenfalls noch aufrecht sitzen. Ich fühle mich echt gut, aber ich werde mich schon bald ziemlich mies fühlen.« Sampson grinste. Die Sonnenbrille saß ihm leicht schief im Gesicht. Er stützte die riesigen Ellbogen auf die Knie. Man hätte an seinen Armen und Beinen ein Streichholz anzünden können, vermutlich sogar an seinem Kopf.
»Ich bin stolz auf dich, Mann. Wir sind alle stolz. Du bist eindeutig eine tonnenschwere Last losgeworden. Ich habe dich seit langer, langer Zeit nicht mehr soviel lächeln sehen. Und je mehr ich von Mrs. Christine Johnson zu sehen bekomme, desto besser gefällt sie mir, und ich habe sie schon von Anfang an gemocht.«
Von der Verandatreppe aus schauten wir auf Nanas Garten mit den Feldblumen, auf ihre Rosen, die so üppig blühten, und ihre Lilien, blickten auf die Überbleibsel der Party, das viele Essen und die Alkoholreste.
Es war spät. Eigentlich war es schon früher Morgen. Den Feldblumengarten gab es, seit wir beide kleine Kinder gewesen waren. Der Geruch nach Knochenmehl und frischer Erde wirkte in dieser Nacht besonders zeitlos und tröstlich.
»Erinnerst du dich an den Sommer, als wir uns kennengelernt haben?« fragte ich John. »Du hast mich Melonenarsch genannt, was mich verletzt hat, weil’s Quatsch war. Ich hatte schon damals ‘nen knackigen Hintern.«
»Wir haben uns hier in Nanas Garten kräftig geprügelt, in den Büschen da drüben. Ich hab’s nicht fassen können, daß du dich mit mir anlegst. Das hätte sich sonst niemand getraut, traut sich heute noch keiner. Schon damals hast du deine Grenzen nicht gekannt.«
Ich lächelte Sampson an. Er hatte mittlerweile die Sonnenbrille abgenommen. Es überrascht mich immer wieder, wie sensibel und warm seine Augen sind.
»Wenn du mich Melonenarsch nennst, prügeln wir uns wieder.«
Sampson nickte und grinste. Wenn ich darüber nachdachte, hatte auch ich ihn seit langer Zeit nicht mehr soviel lächeln sehen. Heute nacht war das Leben in Ordnung. So gut wie seit langer Zeit nicht mehr.
»Du hast Mrs. Christine wirklich gern, nicht wahr? Ich glaube, du hast wieder einen ganz besonderen Menschen gefunden.
Ich bin mir da ganz sicher. Sie hat dich umgehauen, Champ.« »Bist du eifersüchtig?« fragte ich ihn.
»Ja, natürlich bin ich das. Und wie. Christine ist ein Hauptgewinn. Aber ich würd’s sowieso bloß verpfuschen, wenn ich je so eine liebe und nette Frau fände. Es ist so einfach, mit dir zusammenzusein, Süßer. Das war’s schon immer, auch damals, als du noch den kleinen Melonenarsch gehabt hast. Du bist knallhart, wenn’s sein muß, aber du kannst auch deine Gefühle zeigen. Wie auch immer, Christine hat dich ebenfalls sehr gern, fast so gern, wie du sie hast.«
Sampson stieß sich von der ausgetretenen Verandatreppe ab, die ich bald würde erneuern müssen.
»Eigentlich müßte ich jetzt nach Hause gehen. Aber ehrlich gesagt, ich gehe zu Cee Walker. Die schöne Diva hat die Party ein bißchen früh verlassen, aber sie war so nett, mir ihren Schlüssel zu geben. Ich komme morgen früh und hole mein Auto. Man sollte lieber nicht fahren, wenn man kaum gehen kann.«
»Lieber nicht«, pflichtete ich ihm bei. »Danke für die Party.« Sampson winkte zum Abschied, salutierte, ging dann um das Haus herum und blieb dabei an der Ecke hängen.
Ich saß allein auf der Treppe der hinteren Veranda, schaute in Nanas mondbeschienenen Garten und lächelte wahrscheinlich dabei wie ein Vollidiot, der ich manchmal, aber vielleicht nicht oft genug sein kann.
Ich hörte Sampson noch einmal rufen, dann ertönte vor dem Haus sein tiefes Gelächter.
»Gute Nacht, Melonenarsch.«
65.
Ich wurde schlagartig wach und fragte mich, wovor ich Angst hatte, was zum Teufel los war. Mein erster bewußter Gedanke war der, hier in meinem eigenen Bett einen Herzinfarkt zu bekommen.
Ich war desorientiert und fühlte mich benommen, immer noch benebelt von der Party. Mein Herz schlug schnell, donnerte in meiner Brust.
Mir war, als hätte ich irgendwo im Haus ein tiefes, leises Geräusch gehört. Das Geräusch war ganz in der Nähe. Es klang, als hätte ein schweres Teil, vielleicht ein Schläger, etwas im Flur getroffen. Meine Augen hatten sich noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt. Ich lauschte auf ein weiteres Geräusch.
Ich hatte Angst. Ich konnte mich nicht erinnern, wo ich letzte Nacht meine Glock gelassen hatte. Was hatte dieses dumpfe
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