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Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Landvik
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hat.
    Aber die Küche war leer. Sie lief durch das Eßzimmer ins Wohnzimmer; sie sah im Badezimmer und in Patty Janes Zimmer nach und rannte dann die Treppe hinauf, aber auch die Zimmer oben waren alle leer.
    Â»Es ist niemand zu Hause«, sagte sie zu Norman Fitch, der ihr mit Geschenken beladen ins Haus gefolgt war.
    Â»Macht’s dir was aus, wenn Ruth und ich dann jetzt fahren? Wir freuen uns jetzt auch auf unsere eigenen vier Wände.«
    Â»Und vergiß nicht«, sagte Ruth, »das ist erst der Anfang.«
    Nora sah die offene Hintertür zuerst.
    Â»Grandma ist wieder da!«
    Patty Jane biß sich auf die Unterlippe und sah Clyde Chuka an.
    Â»Also, vergeßt nicht«, sagte er, »wir wollen ihr ein bißchen Zeit lassen, damit sie ihre Heimkehr genießen kann. Laßt sie ein paar Geschichten erzählen und ein paar Fotos zeigen. Sie erfährt es noch früh genug.« Er schaltete die Zündung aus, und sie blieben einen Augenblick im dunklen Auto sitzen.
    Â»Okay, Nora?« fragte Patty Jane.
    Â»Okay«, antwortete Nora gereizt. »Du brauchst mir nicht alles zweimal zu sagen.« Sie weckte ihren Vater, der auf dem Rücksitz eingenickt war. »Komm, Dad, deine Mama ist wieder zu Hause.«
    Patty Jane ging der stillen Gruppe voran durch den milden Abend. Sie lächelte ein paarmal zur Übung und hoffte einen Moment lang, Ione wäre müde gewesen und schon zu Bett gegangen. Aber Ione erwartete sie und führte sie gleich zum Küchentisch.
    Â»Geschenke für alle.« Sie nahm Thor beim Arm. » Hvordan har du det? «
    Er antwortete in Norwegisch, daß es ihm gut gehe, und Patty Jane lächelte; Thors Stimme klang wie die eines Kindes, klar und hell in ihrem norwegischen Singsang. Was für ein Wunder, daß die Sprache seiner Mutter eines der wenigen Dinge war, die dieses Gedächtnis, in dem so vieles ausgelöscht worden war, sich bewahrt hatte. Plötzlich aber bemerkte sie einen seltsamen Ausdruck auf Iones Gesicht und sah, wie sie sich erschreckt an den Hals griff.
    Â»Ione?« sagte sie.
    Ione gebot ihr mit einem heftigen »Pscht« zu schweigen, und starrte wie gebannt auf ihren Sohn, während dieser zu sprechen fortfuhr. Als er fertig war, lächelte er und wandte seine Aufmerksamkeit dem Karamelpudding zu, der auf der Arbeitsplatte stand.
    Ione beobachtete einen Moment lang ihren Sohn, der seinen Finger in den Pudding tauchte, dann richtete sie ihren Blick auf ihre Schwiegertochter, und Patty Jane sah die Herausforderung in ihren Augen.
    Â»Thor hat mir erzählt, daß Harriet krank ist.« Ihre Stimme zitterte. »Er hat gesagt, sie muß sterben.«
    Eine tiefe Müdigkeit überfiel Patty Jane, als sie Iones Worte mit einem Nicken bestätigte.
    Â»Es ist Krebs, Ione. In der Lunge, und er wächst rasch.«
    Ione stand auf. Nora fand, daß sie aussah wie ein tieftrauriges altes Kind. Sie schniefte, wischte sich die Tränen mit den Fingerspitzen weg und wurde plötzlich ganz sachlich.
    Â»Würdest du mit mir zu Reese fahren, Patty Jane?« fragte sie. »Ich würde Harriet gern die Spieluhr bringen, die ich ihr gekauft habe.«
    Es war halb zwölf, und die meisten Häuser der Straße, in der Reese Brown wohnte, waren dunkel. Ein leichter Sommerwind blies den Duft taufeuchten Grases und blühender Büsche durch die mit Fliegendraht geschützten Fenster. Auch im Haus von Reese und Harriet brannte kein Licht, doch die beiden waren noch auf und saßen in Liegestühlen in ihrem Garten. Auf einem schmiedeeisernen Tisch brannten flakkernd mehrere Windlichter. Reeses Oberkörper war nackt, und ein Schweißfilm zog sich oberhalb seines Hosenbundes rund um seinen Körper. Harriet saß fröstelnd unter einer Decke. Nachdem sie die Diagnose gehört hatte, hatte sie tapfer erklärt: »Keine Zigaretten mehr.« Sie hatte zwar nicht von einem Moment auf den anderen aufgehört zu rauchen (»Wie soll ich gerade jetzt aufhören, wo mich das so mitnimmt?« hatte sie Patty Jane gefragt, als sie sich im Auto auf der Heimfahrt vom Arzt eine Zigarette angezündet hatte), aber sie beschränkte sich auf weniger als eine halbe Packung pro Tag. Sie hatte Reese und Patty Jane immer wieder versichert, daß sie den Krebs besiegen würde, aber tief in ihrem Inneren wußte sie, daß der Tod seinen Marsch begonnen hatte. Dennoch, sagte sie sich, sie hatte sich auch früher

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