Patty Janes Frisörsalon
Tisch die Köpfe zusammen und stellten einmütig fest, daà jetzt der Moment gekommen war, Bryce Kolm, Avels alten Collegefreund, der inzwischen als Psychiater praktizierte, herzuzitieren.
Zwei Tage später wärmte eine wäÃrige Frühlingssonne die Krokusblüten, die zwischen Schneeresten hervorspitzten. Ione nahm ihre fünf Wochen alte Enkelin zu einem Treffen des Naomi-Kreises in der Kirche mit, und wenig später führten Avel und Harriet Dr. Kolm ins Wohnzimmer und machten ihn mit Patty Jane bekannt.
»Ach so«, sagte Patty Jane, »darum gingâs bei eurem ganzen Getuschel. Ihr wollt mich vor der Klapsmühle bewahren. Na, hoffentlich kommt ihr da noch rechtzeitig.« Sie warf ihren Kopf zurück, streckte ihre Zunge heraus und verfiel in Zuckungen. Die Patchworkdecke auf ihrem Schoà flatterte auf und nieder.
»Von Epilepsie habt ihr mir aber nichts gesagt!« rief Dr. Kolm und lief auf sie zu.
»Patty Jane, hör sofort damit auf!« befahl Harriet.
Patty Jane, die immer noch in ihrem Sessel saÃ, hielt inne und streckte Arme und Beine steif vor sich aus. Einen Augenblick später, gerade als Dr. Kolm bei ihr niederkniete, sank sie in sich zusammen.
»Sehr komisch«, sagte Harriet.
»Très amusant«, sagte Avel.
»Stehen Sie auf«, sagte Patty Jane zu Dr. Kolm, »Heiratsanträge nehm ich erst an, wenn ich offiziell Witwe bin.«
»Patty Jane!« schalt Harriet.
Dr. Kolm stand langsam auf, ein unsicheres Lächeln auf den dünnen Lippen.
»Avel«, sagte er, »Miss Dobbin ... würden Sie mich einen Moment mit Mrs. Rolvaag allein lassen?«
»Bitte sehr«, gab Harriet zurück und warf Patty Jane aus zusammengekniffenen Augen einen Blick zu.
Dr. Kolm setzte sich auf das neue Sofa, schlug ein mageres langes Bein über das andere und sah Patty Jane lächelnd an.
»Ich höre, Sie machen im Moment schwere Zeiten durch.«
»Ach was? Sie müssen ein medizinisches Genie sein«, versetzte Patty Jane.
»Sarkasmus«, meinte der Arzt mit einem leisen Lachen. »Manche Leute betrachten ihn als eine Hochform des Humors.« Er legte die Fingerspitzen aneinander, so daà seine dünnen Finger einen Giebel bildeten. »Ich nicht.«
»Es ist nicht meine Aufgabe, Sie zu unterhalten«, entgegnete sie.
»Was, glauben Sie denn, ist Ihre Aufgabe?« fragte er, und Patty Jane bemerkte, daà er mehrere Goldkronen hatte.
»Finden Sie das nicht ziemlich auffällig?« fragte sie. Sie stemmte sich auf ihren Ellbogen in die Höhe, um gerader zu sitzen.
»Pardon?«
»Na, Ihre Goldkronen.« Patty Jane tippte sich an die Zähne.
Dr. Kolm rutschte auf dem Sofa hin und her, als juckte ihn sein GesäÃ. »Gold ist sehr dauerhaft, weit haltbarer als Porzellan.« Er räusperte sich. »Aber darum geht es ja wohl im Moment nicht, nicht wahr?«
Patty Jane zuckte die Achseln. »Worum es geht, müssen schon Sie mir sagen, Sie sind schlieÃlich der Arzt.«
Dr. Kolm stellte seine Beine wieder brav nebeneinander. »Nun hören Sie mal, Miss â«
»Madam.«
»Madam. Ich kann verstehen, daà man einen seelischen Knacks bekommt, wenn einen der Ehemann verläÃt, und ich kann auch verstehen, daà eine gewisse verbale Aggressivität kathartisch wirkt, aber man sollte es doch nicht so weit treiben, daà man jede Hilfe ablehnt, hm?«
»Ist man verheiratet?« fragte Patty Jane.
»Ja ... aber ich wüÃte nicht, was mein Familienstand mit Ihrem Fall zu tun haben sollte.«
»Dann stellen Sie sich mal folgendes vor, Doc«, sagte Patty Jane und beugte sich vor. »Ihre Frau steht eines Tages auf und geht und kommt nie wieder zurück. Sie hinterläÃt Ihnen ein neugeborenes Kind â ein Kind, das sie selbst nie gesehen hat â und kommt nie zurück. Sie sitzen Abend für Abend am Fenster und warten darauf, daà sie um die Ecke biegt, unter der StraÃenlampe stehenbleibt und winkt. Können Sie mir folgen, Doktor?«
»Ja.«
»Gut, das ist nämlich wichtig. Also. Sie halten durch, weil Sie dieses hilflose kleine Kind haben, okay? Sie halten durch, wenn Sie in der Badewanne sitzen, obwohl es eine Leichtigkeit wäre, unter Wasser zu tauchen und nie wieder hochzukommen. Manchmal, wenn es Ihnen gelingt, in die Küche hineinzukommen, die Ihre Schwiegermutter für Sie praktisch zum Sperrgebiet
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