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Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Landvik
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hinführt.« Er wischte sich mit zwei Fingern die Augenwinkel. »Mist«, sagte er leise. »Ich sag dir, Nora, der Alkohol ist wie ein bösartiger alter Köter, der sich an die hängt, die nicht zurückschlagen. Menschen, die ein großes Herz haben und eine traurige Seele.« Er senkte den Kopf auf seine Brust, und Nora sah, daß ihm zwei Tränen aus den Augen liefen.
    Eisige Angst erfaßte sie. Hier geschah etwas sehr Schlimmes, und wenn ihre Mutter, ihre Großmutter und Clyde Chuka nichts dagegen tun konnten, wer dann?
    An einem regnerischen Samstag im Oktober setzte sich Harriet an ihre Harfe, spielte ein paar Glissandos und sprang plötzlich auf, als wäre ihr eingefallen, daß sie das Bügeleisen nicht ausgemacht hatte. Nora, die gerade einer Kundin in einen Kittel half, sah ihre Mutter an, aber Patty Jane konzentrierte ihre Aufmerksamkeit ganz auf Myrna Johnsons Haar.
    Â»Ich hab noch was Dringendes zu erledigen«, sagte Harriet.
    Nora sah, wie ihre Mutter Myrna leicht auf die Schulter klopfte, am Saum ihres Rockes zog und Harriet ins vordere Zimmer folgte.
    Â»Entschuldigen Sie mich«, sagte Nora und ließ die Kundin stehen, ohne ihren Kittel zuzuknöpfen. Aus dem Geflüster wurde aufgeregtes Gemurmel, als auch sie den Laden verließ.
    Sie traf ihre Mutter und ihre Tante in der Küche an, wo Patty Jane versuchte, Harriet den Weg zur Tür hinaus zu versperren.
    Â»Du haust nicht einfach von der Arbeit ab«, sagte Patty Jane zähneknirschend.
    Â»Entschuldigen Sie mich, Frau Chefin«, entgegnete Harriet und versuchte, sie zur Seite zu stoßen.
    Patty Jane stieß zurück, und plötzlich begannen sie aufeinander einzuschlagen.
    Â»Hört auf!« schrie Nora.
    Schritte erklangen auf der Kellertreppe, rasend schnell wie Trommelfeuer, und gleich darauf stürzten Ione und Clyde Chuka, die unten die Stühle für Paige Larkins Abendkurs »Dekorieren mit Stoffen« aufgestellt hatten, in die Küche.
    Patty Jane konnte noch einen Treffer landen, ehe die Schwestern getrennt wurden. Harriets Wange war rot; ihr langes Haar, das sich aus der Spange gelöst hatte, flatterte ihr wild um den Kopf. Beide Frauen atmeten keuchend, mit offenen Mündern.
    Â»Was soll das –«, begann Clyde Chuka, doch Patty Jane achtete gar nicht auf ihn, sondern sagte mit lauter Stimme zu Harriet: »Ich will dich nicht in diesem Haus haben, wenn du trinkst.«
    Harriet lachte bitter. »Und ich will nicht in diesem Haus sein, wenn ich nicht trinke.«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und riß die Hintertür auf. Der Wind blies kalte feuchte Luft und einen Wirbel goldgelber Blätter gegen das Fliegengitter. In der Küche war es totenstill, als Harriet die Tür öffnete und durch den Garten zur Hintergasse hinausging.
    Â»Lauf ihr nach, Mama!« Noras Flüstern klang überlaut in der Stille.
    Patty Jane starrte auf die große Ulme, von der die Blätter herabfielen. »Ich kann nicht«, erwiderte sie flüsternd. »Sie ist schon zu weit fort.«
    An Halloween, dem Tag vor Allerheiligen, bekam Nora das erstemal ihre Periode. Sie entdeckte es in einer Unterrichtspause, als sie mit ihrer besten Freundin, Lori Mellstrom, in der Mädchentoilette war.
    Lori, die gerade mit weißem Lippenstift sorgfältig ihre Lippen bleichte, bot den Stift Nora an, als sie aus einer der Kabinen kam.
    Â»Nein danke«, sagte Nora«, das paßt nicht zu meiner Gesichtsfarbe.«
    Â»Zu deiner Gesichtsfarbe paßt sowieso nichts.«
    Die Schüler und Schülerinnen der Nokomis-Junior-High-School hatten nach Abstimmung beschlossen, an diesem Tag kostümiert zur Schule zu kommen. Nora war als Hexe angetreten: schwarzes Kleid mit weitem Cape und spitzem Hut, dazu Gesicht und Hände erbsengrün geschminkt. Der Witz dabei war jedoch, daß sie gar keine Hexe verkörpern wollte, sondern Mrs. Stevenson, die Mathelehrerin, die mit Vorliebe die Elastizität ihres Lineals auf den Fingern pflichtvergessener Schüler testete.
    Als es läutete, wälzte sich ein Strom von Prinzessinnen, Scheichen und Gangstern durch die Schulkorridore. Die Mädchen vor den Spiegeln in der Toilette liefen hinaus, und Lori, als freche Halbstarke verkleidet, schmiß ihre Schminksachen in ihre Schultertasche.
    Nora packte sie am Arm und hielt sie fest, bis sie allein in der Toilette waren.
    Â»Was soll das?« fragte Lori. »Wenn ich zu

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