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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Neumann eine blutige Nase holte. An ›dem Mädchen‹ habe man sich nicht vergriffen.«
    Karen sagte nichts. Aber er spürte ihre Konzentration.
    »Singular. Nicht Plural. Das Mädchen. Nicht die Mädchen. Das kann natürlich ein Tippfehler gewesen sein. So etwas kommt vor, auch bei einem so präzisen Aktenführer wie Polizeioberwachtmeister Kosinski.«
    »Kosinski?« Erstaunt. Als ob sie den Namen kannte.
    »Aber auch der Notarzt erwähnt lediglich die Verletzungen von Charles und bescheinigt Angela Simon Kratzer im Gesicht. Von Sascha keine Rede.«
    »Vielleicht hatte sie schon vor der Schlägerei die Nase voll vom Landleben? Ich könnte das verstehen.« Karen Stark legte den Kaffeelöffel beiseite.
    »Sicher. Aber warum haben Charles und Angel etwas anderes behauptet?«
    »Weil sie sich wichtig machen wollten?«
    DeLange beugte sich vor. »Gehen wir davon aus, daß Sascha vor dem sogenannten ›Überfall‹ der Dorfburschen verschwunden ist. Dann haben Angel und Charles damals gelogen. Warum?«
    »Weil sie dem Dorf die Schuld an Saschas Verschwinden geben wollten?« Sie stutzte und sagte dann: »Verstehe.«
    Die Kellnerin räumte die Tassen ab. Durch die geöffnete Tür drängte sich eine Gruppe älterer Damen und brachte einen Schwall kalter Luft mit in den Raum. DeLange war es trotzdem zu warm.
    Karen lächelte versonnen. »Sieht ganz so aus, als ob Dr. Karl-Heinz Neumann-v. Braun ein Problem hätte«, sagte sie schließlich.
    In der Tat. DeLange fühlte etwas in sich hochsteigen, etwas Perlendes, Prickelndes, trotz Feli. Eine Art Gefühl von Freiheit und Abenteuer. Der Fall war brandheiß.
    Mord verjährt nicht.

8
    Angel stand in der Küche und hörte sie lachen, oben, im ersten Stock. Es machte sie leicht und glücklich und beflügelte sie bei der Hausarbeit. Sie kochte gerne, immer schon, aber am liebsten für andere.
    Sogar für Hanswolf hast du gekocht, dachte Sophie, obwohl er immer was zu meckern hatte. Wieso dachte sie neuerdings so oft an ihn? Sie verdankte ihm nichts, außer ihrem Namen.
    Sie füllte die Backmischung in die Brotbackmaschine. Das war die einzig geeignete Maßnahme gewesen gegen den stets leeren Brotbehälter. »Du hast was?« Regine hatte losgeprustet, als sie es ihr am Telefon erzählte. Niemand hielt sie für häuslich. Sophie lächelte in sich hinein. Sie war nichts lieber. Solange sie einen Grund hatte. Und sie hatte einen Grund. Endlich wieder.
    Das Lachen, damals. Sascha und Charles. Und Eri. Sie hatte sich nichts dabei gedacht, hatte unten in der Küche gestanden und Kuchen gebacken und danach den Abwasch erledigt. Sie hatte sich gar nichts gedacht, bis es plötzlich still war über ihr.
    Und dann, ganz laut, die Musik. Das Lied, ihr Lied, ihre und Saschas und Charles’ Melodie:
     
    When the truth is found to be lies
    And all of the joy within you dies
     
    Der schwere Topf, den sie gerade gereinigt hatte, rutschte ihr aus der Hand und riß im Fallen die Salatschüssel mit. Fast wäre sie auf der Mischung aus Essig und Öl ausgerutscht, Senf hatte sie dazugetan und eine Prise Zucker und viel Schnittlauch, aus dem Garten. Und nun lag das alles auf dem Boden.
    Angel stand still und horchte nach oben. Sie spielten das Lied, und sie spielten es immer wieder. Ewig stand sie da. Und endlich ging sie die Treppe hoch.
    Was sie hörte, war unendlich vertraut. Aber normalerweise war sie dabei. Jetzt stand sie vor der Tür, die anderen, ohne sie, da drinnen. Sie kannte jeden Laut und wußte jede Bewegung, die dazugehörte. Sie stand da und rührte sich nicht und lauschte und spürte, wie sich etwas in ihr verkrampfte. Als der Schmerz nicht mehr auszuhalten war, öffnete sie die Tür.
    Die schwarzen Wände das rote Plakat die Decke aus Kaninchenfell. Blond und hellbraun und dunkel. Charles und Sascha und Eri.
    Und die weiße Katze. Sie saß am Fußende des Bettes und putzte sich.
    Sophie stellte das Frühstücksgeschirr in die Spülmaschine. Sie wußte nicht, wie lange sie damals in der Tür gestanden hatte. Niemand bemerkte sie, niemand sah auf.
    tears are running ah running down your breast
    and your friends baby they treat you like a guest
     
    Irgendwann stand Angel wieder in der Küche, wie sie die Treppe heruntergekommen war, wußte sie nicht, es roch, nein, es stank, irgend etwas war übergekocht, oder war es der Backofen? Sie stand da, und sie sah nichts vor lauter Tränen, und sie hörte immer nur das eine:
     
    Don’t you want somebody to love
    Don’t you need somebody to

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