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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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genug sein. Hat sein Erfinder gesagt.«
    Bremer dankte Fanny für das Bier, das sie ihm hingestellt hatte, und hob das Glas auf Kosinski. Ein alter Dorfpolizist wie er hatte die höheren Weihen, nicht nur was Trecker betraf.
    »Nett, daß du dir die Zeit genommen hast. Man weiß ja, daß Rentner alle Hände voll zu tun haben.«
    Kosinski grinste und musterte ihn. Was würde er sagen? »Gesund siehst du aus?« Oder, auch nicht weniger beleidigend: »Das gute Leben bekommt dir?«
    »Schön, dich wiederzusehen. Gibt nicht viele hier, mit denen man vernünftig reden kann. Kopflose Hühner, allesamt.«
    Das mußte ein Kompliment sein. Bremer fand es zweischneidig. »Wie soll man denn sonst reagieren, wenn ein Kind verschwindet?«
    »Abwarten. Kleine Trebegänger gehen so schnell nicht verloren.«
    »Das sagst du so.«
    »Statistik. Und Erfahrung. Die meisten tauchen wieder auf. Wahrscheinlich wird er demnächst in Frankfurt aufgegriffen. Oder in Berlin. Also nur die Ruhe.«
    »Erklär das mal der Mutter.«
    Kosinski seufzte. »Ich weiß. Aber seit jeder Fall in den Medien breitgetreten wird, denken alle nur ans Schlimmste. Gut möglich, daß der Bengel sich irgendwo versteckt hält und sich nicht nach Hause traut.« Der Alte schwenkte sein Glas, als ob sich ein guter Wein darin befände und nicht halbtotes Sprudelwasser.
    »Er ist schon verdammt lange unterwegs.«
    »Ich weiß. Aber ich hab das im Gefühl.« Kosinski blickte ins Leere. »Manchmal geht auch was gut aus«, fügte er leise hinzu.
    Dein Wort in Gottes Ohr, dachte Bremer und tastete in der Hosentasche nach dem Mobiltelefon, das sanft vibrierte.
    »Mit Anne alles in Ordnung?«
    Guter alter Gregor. Er wußte immer, wann man das Thema wechseln mußte.
     
    Was machst du
    Kneipe mit Gregor
    Was trinkst du
    Bier
    So früh
     
    Kosinski grinste, als Bremer sein Handy wieder wegsteckte. »Die Frage ist die Antwort«, sagte er.
    Bremer schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Sie ist Politikerin, sie ist ehrgeizig, sie engagiert sich. Aber als Prinzgemahl bin ich fehlbesetzt. Und Cocktails auf Dinnerpartys kann ich nicht mehr sehen.« Er leerte das Glas. War ein verdammt gut gezapftes Bier. »Paßt das vielleicht zu einer ehrgeizigen Frau?«
    »Hast du sie gefragt?«
    Nein. Natürlich nicht.
    Auch Kosinski fragte nicht weiter. Das war das Einzigartige an Männerfreundschaften: daß man gemeinsam schweigen konnte. Das konnte man mit keiner Frau. Die Ausnahme hieß Anne Burau. Sie war schön, sie war schlau, sie war diskret. Und gänzlich anders als die anderen. Und natürlich vermißte er sie. Brennend.
     
    Vermisse dich
    Trink nicht so viel
    Vermisse dich trotzdem
     
    Fanny brachte ein zweites Bier. »Und was ist mit dir?« Bremer musterte mit hochgezogenen Augenbrauen Kosinskis Wasserglas.
    Der Alte verzog das verknitterte Gesicht zu einem resignierten Lächeln. »Geben Sie Ihrer Leber eine Chance. Hat der Arzt gesagt.«
    Bremer nickte verständnisvoll. Eine Plage, die Ärzte. »Und sonst?«
    Kosinski blickte wieder in sein Mineralwasser. »Na ja – viel Stoff. Viel Arbeit.«
    Es hatte sich schnell herumgesprochen, womit er sich beschäftigte nach seinem Abschied aus der Polizeidienststelle in Bad Moosbach. Kein echter Bulle würde je seine Wißbegierde ablegen können, die sich als Neugier tarnt und doch nur tief eingefleischtes Mißtrauen gegen die menschliche Natur ist. Wer Verhöre gewohnt war, legte sich als Rentner am besten ein Hobby zu, das dazu paßte. Kosinski hatte das Ausfragen und Protokollieren in ein historisches Projekt gepackt. Es hieß »Eine Chronik von Groß-Roda und Umgebung«.
    »Früher kriegte niemand das Maul auf, wenn du mal eine kleine Auskunft brauchtest im Zuge der Aufklärung einer Straftat – und heute rennen sie dir die Bude ein.«
    Bremer grinste den Alten an. Der liebte sein Projekt – und für die alten Leute, die sich um so besser erinnerten, je weiter das Ereignis zurücklag, war es ein Segen. Geschichtenerzählen ließ die viele freie Zeit schneller vergehen.
    Alte Geschichten. Tja.
    »Was weißt du über ›Heinrichs Verhängnis‹?«
    Kosinski stutzte. »Wie kommst du denn darauf?«
    »Kennst du das Haus, das noch nicht kaputtrenoviert ist? Dort, wo die vielen Bäume stehen?«
    »Natürlich.« Kosinski zögerte. »Seit einem Jahr wohnt wieder jemand dort, soweit ich weiß.«
    Bremer erzählte ihm die Geschichte von Sophie Winter und den umgestürzten Bäumen. Und daß das Haus einen schlechten Ruf hatte – aus Gründen,

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