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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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zurück durch die Flußaue. Mitten im milchweißen Wiesenschaumkraut ein schwarzer Fleck: Nachbars Kater, der Schrecken aller anderen Katzen, auf Beute lauernd. Beim Anblick des über ihm kreisenden Greifvogels wünschte er sich nicht zum ersten Mal, daß den alten räudigen Kerl der Geier holte.
    Der Tag hatte seinen Glanz verloren. Bremer ging lustlos seinen Pflichten nach. Nichts half gegen das dumpfe Gefühl, daß sich etwas zusammenbraute in und um Klein-Roda. Nicht die perfekte Klangkulisse: Die Schweine nebenan röchelten, ein paar unruhige Jungbullen brüllten, irgendwo wimmerte eine Kreissäge, und die Stereoanlage auf Willis Luxusschlepper schaffte es, den sonoren Motorensound mit Golden Oldies zu übertönen. Nicht die Sonne und die blühenden Krokusse und die zarten Rosentriebe. Nur die gezielten Schüsse aus der Wasserpistole auf Birdie und Nemax machten Spaß. Die beiden Bestien fanden nichts angenehmer als duftende, feuchtwarme, frisch aufgelockerte Erde und nichts gräßlicher als Wasser auf dem hochglanzpolierten Fell. Aber abgesehen von solch bescheidenen Freuden war ungerecht die Welt, in der die Geliebte unterwegs war und sich schon seit Tagen nicht mehr rührte, die beste Freundin unerreichbar und der alte Freund seinen Nimbus als guter Bulle eingebüßt hatte. Ganz zu schweigen von den Nachbarn, die ihre Abgründe offenbart hatten.
    Irgendwann ging sogar ihm seine schlechte Laune auf die Nerven. Du verhältst dich wie ein Kind, dem man sein Spielzeug weggenommen hat, dachte er. Klein-Roda ist nicht das Paradies, das war es noch nie. Und wieso rechnest du immer mit dem Schlimmsten?
    Warum wohl. Wenn wenigstens der Junge wiederauftauchte. Sie alle brauchten eine gute Nachricht, und zwar bald.
    Aber vielleicht hatte sich wenigstens Anne in der Zwischenzeit gemeldet … Er faßte in die Hosentasche. Aber da war nichts. Er hatte das schwarze Mobiltelefon, das er gewöhnlich wie einen Talisman bei sich trug, irgendwo liegengelassen. Seine Suche führten ihn durchs ganze Haus und den halben Garten. Endlich fand er das Ding – es lag neben der Gießkanne, mit der er die Tulpen und Narzissen gewässert hatte.
     
    Wo bist du
     
    Eine verzweifelte SMS. Und keine Antwort. Er ließ sich frustriert auf die Gartenbank sinken und wählte Karens Nummer.
    »Ja?«
    Wenigstens eine war da. Er holte tief Luft. »Sie meldet sich nicht.«
    »Wer?«
    »Anne.«
    »Na und? Vielleicht hat sie keinen Empfang.«
    »Du bist herzlos. Vielleicht ist ihr was passiert?«
    Karen lachte. »Ach, Paul, das hättest du längst erfahren. Nein, bestimmt ist alles ganz harmlos. Viel schlimmer ist es, wenn die Liebesgrüße immer just im richtigen Moment eintreffen. Kurz bevor man die Hoffnung aufgegeben hat.«
    »Wieso?« Das sah er überhaupt nicht ein. Zumal es für Grüße von Anne immer der richtige Moment war.
    »Ach, du Glücklicher. Du hast ja keine Ahnung …« Sie seufzte. »Gunter hat mich damit monatelang in Trab gehalten. Selbst wenn er anrief, wußte ich nie, ob er auch da war, wo er zu sein behauptete. Und wenn ich mal nichts von ihm hörte, war es ein Funkloch.«
    »›Der Akku ist leer.‹«
    »Genau. ›Ich habe das Ding im Auto liegengelassen.‹ Ich kenne die Ausreden in- und auswendig. Und manchmal sind es noch nicht einmal welche.«
    »›Die Zeitverschiebung.‹«
    »›T-Mobile ist wirklich unzuverlässig.‹«
    »›Mir ist das auch ein Rätsel‹.«
    Karen lachte, dieses tiefe, schöne, ein bißchen ordinäre Lachen. »Du sagst es. Wo ist sie jetzt, die gute Anne?«
    »Irgendwo im tansanischen Busch.« Soweit er sich erinnerte.
    »Aha! Nimm das Funkloch und einen leeren Akku als Ausrede, und schon hast du ein ganzes schönes langes Wochenende. Unkontrolliert und ungestört.«
    Mit einem attraktiven tätowierten tansanischen Wildhüter. Bremer wurde unruhig. Er hörte auf die Geräusche, die Karen begleiteten. Sie schien in der Stadt zu sein. Auf der Zeil?
    Jetzt wurden die Geräusche leiser. Und Karens Stimme kam näher. Und plötzlich klang sie ganz weich. »Paul! Was ist los mit dir! Das glaubst du doch alles selber nicht!«
    »Nein.« Natürlich nicht.
    Und dann erzählte er ihr die ganze elende Angelegenheit. Von seinem Dorf und den alten Geschichten. Sie unterbrach ihn nicht. Und sagte, als er fertig war: »An irgend etwas erinnert mich die Geschichte. Warte mal …«
    Dann war ihr Akku leer.
     
    Bin wieder da
    Wo warst du
    Akku leer
    Das sagen sie alle
    Vermisse dich
    I.d.a.

7
    Das Frühstück war

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