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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Aber sie erinnerte sich nicht daran, sie aufgeschrieben zu haben. »Ihr Atem geht durch das Haus wie ein Windzug. Ihr Duft weht vorbei. Ihre Augen über mir unter mir.«
    Sie starrte auf die Zeilen, bis ihr die Augen zufielen, und schrak erst auf, als es in der Küche klirrte. Das schwarze Tagebuch fiel zu Boden. Oben im ersten Stock knarrte eine Tür. Sie stand hastig auf. Unter ihren Füßen protestierten die Dielenbretter. Während sie zur Küche lief, spürte sie wieder diese feine, kaum fühlbare Bewegung in der Luft. Eine Präsenz. Ein Gespenst.
    In der Küche saß die Katze neben dem Futternapf, den sie vom Tisch gestoßen hatte. Daneben leuchtete es rot. Ein zerschmettertes Marmeladenglas. Johannisbeermarmelade, vor Jahren gekauft. Für Conrad. Warum bloß hatte sie das Glas beim Umzug mitgenommen? Sie aß keine Marmelade.
    »Was machst du da, kleine Bestie?«
    Aber die Katze hatte den Kopf auf den Boden gesenkt und zerbiß einen der trockenen kleinen Brocken nach dem anderen, die neben dem Futternapf lagen. Die Marmelade rührte sie nicht an.
    Die weiße Katze. Sie hat alles gesehen. Hörst du, Sophie?

11
    Furchtbar, die Mädchen aufwachen zu sehen. Erst rosig, entspannt, gutgelaunt. Und dann wurden die kleinen Gesichter grau und spitz.
    »Wann können wir zu Feli?« Heute nicht, Flo.
    »Ich bleibe hier. Ich kann nicht in die Schule gehen.« Deine Mathearbeit, Caro. Dein Lieblingsfach.
    »Nein.«
    »Aber Papa …« Ein Aufschrei, unter Schluchzen.
    DeLange litt. Tut es für eure Mutter. Caro. Flo.
    Na endlich. Er brachte sie bis kurz vor die Musterschule und sah ihnen nach. Gib dein Bestes, Caro. Komm auf andere Gedanken, Flo.
    Zurück. Ins Polizeipräsidium. Karla wie immer im Flur, den Kaffeebecher in der Hand. Daneben Angelika Schau. Auch das noch.
    »Morgen, Jo! Ihr kennt euch?«
    Ja. Schau guckte, als bedauerte sie das. Tja.
    »Wie geht’s dir? Du siehst schlecht aus! Ist was mit den Mädchen?«
    Karla. Nicht hier. Nicht jetzt.
    Sie verstand, gottlob. »Also, Angelika – dann bis später!«
    Bis später? Soso. Man verabredete sich bereits.
    DeLange folgte Karla ins Zimmer, aber er setzte sich nicht. Er brauchte es nicht gemütlich, während er ihr die Lage schilderte. Sie machte keine Schwierigkeiten. Flexible Arbeitszeiten für den Rest der Woche bewilligt, Mitgefühl inklusive.
    »Wenn du was brauchst … wenn du dich aussprechen willst …«
    Danke, Karla. Es gibt nichts zu sagen.
    Er nahm ihre guten Wünsche mit in sein Zimmer, beantwortete ein paar Anfragen und textete die automatische Antwort für eingehende E-Mails. Aus dem Krankenhaus keine Neuigkeiten. Lage ernst, aber nicht hoffnungslos. Dann schloß er die Bürotür hinter sich.
     
    »Wie geht es Mama?« Caro, ganz kleine Stimme.
    »Warum bist du schon zurück?«
    »Ich habe Angst.«
    DeLange litt. Sein kleines Mädchen hatte Angst. Und wer war schuld? Feli, die in ihrem Krankenbett lag und allen Sorgen machte.
    Auch er hatte Angst.

12
    Der Topf mit dem Lorbeerbusch lag noch immer neben dem Gartenweg. Und vor dem Fenster neben der Haustür glitzerten die Glasscherben. Wenigstens hatte sie das Fenster mit Pappe und Klebestreifen verschlossen. Sophie Winter gehörte offenbar zu den Menschen, die gerade mal das Notwendigste erledigen – und nur, wenn es sich nicht verhindern ließ.
    Bremer drückte auf den Klingelknopf. Nichts. Es hätte ihn auch gewundert, wenn ausgerechnet die Klingel repariert wäre. Auf sein Klopfen reagierte sie nicht. Er drückte die Klinke herunter. Die Tür war verschlossen. Auch das war kein Wunder. Wer feindselige Nachbarn hat, läßt seine Tür nicht offen.
    Vorsichtshalber ging er am Haus entlang Richtung Garten. Fast wäre er über das graue Kabel gestolpert, das über dem Weg lag. Sein Blick ging an der Hauswand hoch. Das Telefon. Die graue Buchse an der Hauswand hing nur noch an einer Schraube. Jemand hatte mit Gewalt das Kabel aus der Buchse gezogen.
    Also doch, dachte Bremer. Alles wie damals.
    Alles? Hoffentlich nicht.
    Im Garten hinten war sie nicht. Wenigstens lag sie diesmal nicht unter irgendeinem umgestürzten Baum. Das war die gute Botschaft. Aber wo sollte sie sonst sein, ohne Auto? Joggen? Einkaufen? Bremer zögerte. Er war sich plötzlich sicher, daß sie zu Hause war.
    Diesmal klopfte er fester und länger an ihre Haustür.
    »Sie müßte eigentlich dasein«, rief Ulla Abel über den Gartenzaun. »Vorhin hab ich sie noch gesehen.«
    Ein Dank der dörflichen Kontrolle, dachte Bremer. Bevor er ein

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