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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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mußte ihr schließlich helfen. Der Retter der Witwen und Meisen, dachte er. Wenn sie lächelte, sah sie Jahre jünger aus. Sie war noch immer eine anziehende Frau.
    Und jemand bedrohte sie. Das herausgerissene Telefonkabel war eindeutig. Hatte Ulla Abel nachts also doch den Täter gesehen, der mit der Taschenlampe nach der Telefonleitung suchte? Und das Auto sabotierte? Das Ventil war gelockert worden, daran hatte er keinen Zweifel mehr. Andererseits – sie hatte das Auto gar nicht gefahren. Behauptete sie jedenfalls. Wer aber sabotiert ein Auto, das er stehlen will? Oder operierten hier mehrere Parteien unabhängig voneinander? Plötzlich fiel ihm der Fotograf wieder ein, der sich nach Sophie Winter erkundigt hatte, an dem Tag, als das Fernsehteam Klein-Roda besuchte, um Bastis Geschichte aufzuzeichnen.
    Basti war übrigens nicht auf Platz eins gekommen. Auch nicht auf Platz zwei oder drei. Aber auf Platz vier, und das war viel für ein junges Talent bei soviel Konkurrenz.
    »Danke, daß Sie sich um mich kümmern.« Er hatte sie nicht kommen hören; sie stand im Türrahmen, die dichten weißen Haare gebürstet, in Jeans und Pullover, und sah hellwach aus. »Ich bin …« Wieder bekam sie diesen Blick, von dem er nicht sagen konnte, ob er in sich gekehrt war oder, im Gegenteil, in die Ferne gerichtet. »Ich bin nicht immer ganz bei mir.« Sie lächelte entschuldigend.
    »Das Auto«, sagte er. »Sind Sie sicher, daß Sie das Auto nicht gefahren haben?«
    »Was ist mit dem Auto?« Die Frage kam schnell und klar. Sie war wieder da. Als ob jemand den Schalter umgelegt hätte.
    »Ein Platten. Der rechte Vorderreifen. Mehr ist nicht passiert, aber – das Ventil wurde gelockert. Das kann eigentlich kein Zufall sein.«
    Sie ging hinüber zum Küchentisch und fegte mit der Hand die Knochen zusammen.
    »Genausowenig wie die herausgerissene Telefonleitung.«
    Sie nickte. »Vor ein paar Tagen hat mir jemand einen madenzerfressenen Eichhörnchenkadaver ins Haus geworfen. Durch das zerbrochene Fenster.«
    Das zerbrochene Fenster. Die Scherben lagen noch immer draußen, nicht drinnen, wie es logisch wäre. Was, wenn Sophie Winter selbst das Fenster zerstört hatte? Der Gedanke beunruhigte ihn, ebenso wie die Schlußfolgerung: Was, wenn sie selbst hinter den angeblichen Angriffen stand?
    »Sie machen so etwas gern. Vor vierzig Jahren war es Gülle.«
    »Wer? Wer macht so etwas? Sie müssen zur Polizei gehen!« Auch das sprach nicht für sie: daß sie ihre angeblichen Verfolger nicht anzeigte.
    Wieder lächelte sie. »Das interessiert die nicht. Ach – und dann war da noch ein anonymer Anruf – ein Kerl. Besoffen.« Sie stellte Kaffeebecher auf den Tisch und ging zum Kühlschrank. Bremers Blick folgte ihr. Soweit er erkennen konnte, befand sich nichts im Kühlschrank. Gar nichts. Als sie mit leeren Händen zurückkam, war ihr Lächeln verlegen geworden. »Es ist noch nicht einmal mehr Kaffeemilch da«, sagte sie leise.
    »Was haben Ihre Nachbarn gegen Sie?« Er dachte an Ulla Abel. Sie wirkte nicht bösartig. Aber sie hielt Sophie Winters Haus unter Beobachtung. Andererseits – warum rief sie bei Wilhelm an, wenn sie glaubte, etwas Verdächtiges zu sehen? Warum ging sie nicht selbst hinüber zu ihrer Nachbarin? Oder ihr Mann?
    Bremer versuchte, all das zusammenzubringen: das Auto, die Telefonleitung, das Eichhörnchen, den anonymen Anruf und eine sehr genau beobachtende Nachbarin. Und die Überlegung, ob Sophie selbst hinter den Angriffen steckte. Aber er kam zu keinem Schluß.
    Für einen flüchtigen Moment schoß ihm der Gedanke an Luca durch den Kopf. Ob er Sophie Winter Streiche spielte? Aber das paßte nicht zu dem Jungen – mal abgesehen davon, daß das hier keine Streiche mehr waren.
    Sophie rührte in ihrem Kaffee, obwohl es nichts umzurühren gab. »Ach«, sagte sie. »Das ist eine lange Geschichte.«
    Eine alte Geschichte. Eine lange Geschichte. Langsam war er solche Antworten leid.

13
    Sophie Winter hatte sich lange nicht mehr so lebendig gefühlt. Sie hatte geputzt und aufgeräumt und eingekauft, kurz vor der Mittagspause, da traf man niemanden in Jürgen’s Lädchen.
    Dennoch hatte der Keller Überwindung gekostet. Das Treppenlicht funktionierte nicht, und irgend etwas lief raschelnd davon, als sie die ausgetretenen Stufen hinunterging. Unten brannte zwar das Licht, aber nur schwach; die vorigen Bewohner hatten an der Glühbirne gespart. Den Rest der Gemütlichkeit hatte Fliegenschiß beigesteuert.
    Es roch

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