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Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse

Titel: Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinssen
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verstand den Wink und wandte sich zum Gehen. Blohfeld schloss sich nach knapper Verabschiedung an.
    Kaum hatten sie das Büro verlassen, hielt Blohfeld ihn am Ärmel fest.
    »Sehen Sie den Mann am Ende des Ganges?«, flüsterte er ihm zu.
    »Ja«, sagte Paul, als er eine sich langsam nähernde Gestalt sah.
    »Das ist ihr Chef«, zischte Blohfeld. »Kommen Sie, wir bleiben noch ein wenig.« Er drängte ihn in eine Nische.
    Die Gestalt, ein älterer Herr in obligatorischer Robe und mit schlohweißem Haar, ging achtlos an ihnen vorbei und verschwand – ohne anzuklopfen – in Katinkas Büro. Blohfeld zog Paul am Ärmel aus der Nische und postierte sich direkt an der Tür. Durch das dünne Holz konnten sie Gesprächsfetzen aus dem Büro hören. Es klang nicht nach einer freundlichen Unterhaltung.
    »Kommen Sie«, mahnte Paul den Reporter zum Gehen. Ihm lag es nicht, an Türen zu lauschen.
    Blohfeld willigte widerstrebend ein. »Ja, lassen Sie uns gehen.« Dann lächelte er unversehens.
    »Was amüsiert Sie?«, erkundigte sich Paul.
    »Ich gehe jede Wette ein, dass Ihre Schulfreundin gerade großen Stress bekommt: zu viel aufgewirbelter Staub zum falschen Zeitpunkt.«
    »Sie meinen, sie bekommt wegen ihrer Ermittlungen Druck aus den eigenen Reihen?«, fragte Paul ungläubig.
    »Das liegt sogar sehr nahe«, sagte Blohfeld. »Wir haben zwei Morde. Wahrscheinlich Taten aus Eifersucht und Leidenschaft. Aber da schwebt dieser mögliche Zusammenhang mit Albrecht Dürer in der Luft. Wenn das die große Presse aufgreift – und ich rede jetzt von der wirklich großen Presse –, dann bedeutet das einen Imageschaden für Nürnberg, der sich gewaschen hat. Ihre Kleine ist bald raus aus der Sache, glauben Sie mir.«
    Wortlos gingen sie durch die endlosen Flure des Justizpalastes, wobei ihre Schritte auf den blank polierten Marmorplatten beunruhigend laut widerhallten. Paul fühlte sich von sich selbst verfolgt.
    Keinesfalls wollte er nach diesem neuerlichen unbefriedigenden Besuch bei Katinka Blohm allein sein. Spontan bat er Blohfeld, ihn ein Stück zu begleiten. Der Reporter überlegte kurz, willigte dann aber ein.
    Unterwegs berichtete Paul dem Reporter von dem zweiten Einbruch in seine Wohnung. Blohfeld reagierte gelassen und horchte erst auf, als Paul andeutete, dass er den Einbrecher flüchtig gesehen hatte.
    »Beschreiben Sie ihn!«, forderte ihn Blohfeld auf.
    »Groß, hager, dunkles mittellanges Haar. Für ein Phantombild würde es nicht reichen«, gestand Paul ein.
    »Besser als gar nichts«, sagte Blohfeld, dem man anmerkte, dass er sich bereits wieder Gedanken darüber machte, wie er das eben Gehörte zu einer Story für seine Zeitung machen könnte.
    Entsprechend gut aufgelegt gab sich der Reporter, als die beiden das Burgviertel erreichten: »Wenn Sie eine anständige Hausbar haben, komme ich sogar auf einen Sprung mit in Ihr Atelier.«
    Am Weinmarkt angekommen, blieb Blohfeld stehen und maß mit Anerkennung im Blick das schmucke Mehrfamilienhaus ab, dessen Dachgeschoss Pauls Atelier beherbergte. Sie wollten gerade das Haus betreten, als sich Paul aus reinem Zufall noch einmal umsah. Nicht dass er den Verfolger gespürt hatte, der sich an ihre Fersen geheftet hatte. Es war eher eine unbestimmte Eingebung. Pauls Blick streifte Peggy’s Frisiersalon und den Gemüsestand, und dort, gleich neben dem Stand, sah er eine Gestalt, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    »Das ist er!«, stieß Paul aus.
    Blohfeld reagierte sofort und folgte Pauls Blickrichtung. Ein groß gewachsener junger Mann mit ungepflegtem Äußeren, schulterlangem krausem Haar, Bart und einem schluderig um den Hals gewundenen orangefarbenen Damenschal erwiderte ihren Blick. Der Reporter spurtete augenblicklich los.
    »Kommen Sie mit, Flemming«, rief er, »den schnappen wir uns.«
    Als sie beide auf den Gemüsestand zuhielten, setzte sich auch die Gestalt in Bewegung. Erst trat der Mann unschlüssig von einem Bein auf das andere, dann nahm er in Richtung des Goldenen Ritters Reißaus.
    »Halten Sie sich links!«, kommandierte Blohfeld. »Ich schneide ihm von der anderen Seite den Weg ab.«
    Paul spurtete über den Platz. Das heißt: Er versuchte zu spurten. Denn die Sohlen seiner Stiefel hatten ein schlechtes Profil, so dass er bei jedem zweiten Schritt ins Rutschen geriet.
    »Der Kerl haut ab«, mahnte Blohfeld, der bereits wesentlich näher an die schlaksige Gestalt herangekommen war, nun aber wohl fürchtete, nicht allein mit dem Mann fertig

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