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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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zu. »Ich fasse es nicht«, sagte er schließlich.
    Hannah, die sich erst jetzt wieder aufgerichtet hatte, nickte.
    »Ich hätte mir vor Angst beinahe in die Hosen gemacht – und dann fragt uns dieser Typ bloß nach dem Weg.«
    Paul kniff die Augen zusammen, um seine Gedanken zu sammeln. Er war drauf und dran, diese alberne Aktion abzubrechen. Lächerlich machen konnten sie sich genauso gut zu Hause, wo es kein anderer mitbekam.
    Als er mit Hannah darüber reden wollte, stieß sie ihn mit besorgter Miene an. »Da kommt noch jemand«, flüsterte sie und deutete auf den Rückspiegel.
    Paul verstellte den Spiegel, um selbst besser sehen zu können. Und tatsächlich: Vom anderen Ende der Straße näherte sich eine dunkel gekleidete Gestalt in einem langen Mantel.
    »Soll ich mich wieder ducken?«, fragte Hannah.
    Paul nickte und schaute erneut in den Spiegel. Die Gestalt hatte etwas Unheimliches an sich. Die Schritte waren nicht gleichmäßig, sondern zögernd. Als würde der Unbekannte auf etwas warten oder aber sich umsehen, womöglich nach einem eventuellen Verfolger. »Dann wollen wir mal schauen, was der Kerl vorhat«, flüsterte Paul.
    Auch er rutschte nun wieder tiefer in seinen Sitz. Vorsichtig lugte er durch den Spalt unterhalb der Kopfstütze nach hinten. Die schwarze Gestalt hatte sich dem Wagen bis auf drei oder vier Meter genähert. Sie wurde langsamer, blieb immer wieder stehen und kam plötzlich mit wenigen schnellen Schritten auf sie zu.
    »Runter, runter!«, befahl Paul Hannah. Er rechnete mit dem Schlimmsten. Waren sie aufgeflogen? Würden sie die nächsten Opfer des Killers sein?
    Paul brach der kalte Schweiß aus. Er malte sich aus, wie der schwarze Mann in diesem Augenblick einen Schalldämpfer vor seine Pistole schraubte und dann mit zwei ploppenden Geräuschen seine Kugeln auf sie abfeuern würde. Die Geschosse würden das dünne Blech seines Autos wie Butter durchdringen und sie tödlich treffen …
    »Hören Sie das?« Hannahs Stimme hörte sich für Paul wie aus einer anderen Welt an.
    »Was meinst du?«, fragte er.
    »Dieses Plätschern.«
    Paul zwang sich dazu, das Pochen in seinen Ohren zu unterdrücken. Hannah hatte Recht: Auch er hörte ein leises Plätschern, das aber kurz darauf verebbte.
    Behutsam wagte er sich vor und blickte über den Fensterrand. Was er sah, traf ihn wie ein Schlag vor den Kopf: Die dunkle Gestalt entfernte sich von Pauls Renault. Sie hielt eine Schnur in der rechten Hand, genauer gesagt: eine Leine. Ein Dackel trabte neben dem Mann her und blieb ab und zu schnuppernd und sein Bein hebend stehen.
    »Wo bitte«, fragte Paul entgeistert, »ist die versteckte Kamera?«
    Nun reichte es! Es war genug! Paul drehte den Zündschlüssel.
    »Was haben Sie vor?«, erkundigte sich Hannah.
    »Was ich vorhabe?« Paul lachte mit einem Anflug von Hysterie auf. »Ich werde nach Hause fahren und mich ins Bett legen. Das habe ich vor!«
    »Das können Sie nicht tun!«, protestierte Hannah.
    »Aber sicher kann ich das,« sagte Paul, »ich habe mich für heute genug zum Affen machen lassen. Wir sollten einsehen, dass wir zwei lausige Hobbydetektive sind und das Observieren lieber den Profis überlassen.«
    »So schnell geben Sie auf?«
    Paul fixierte Hannahs herausfordernde blaue Augen. »Hör mir mal gut zu, mein Lockenköpfchen: Mein Auto ist soeben von einem Dackel angepinkelt worden. Mag ja sein, dass sich echte Detektive durch so etwas anstacheln lassen. Ich jedenfalls werte das als ein Zeichen dafür, dass ich mich zurückziehen sollte. – Und zwar jetzt.« Er schlug das Lenkrad ein und setzte den Blinker.
    »Okay«, sagte Hannah barsch und legte die Hand an den Türgriff. »Dann lassen Sie mich aussteigen.«
    »Was soll das?« Paul starrte sie finster an.
    »Ich werde diese Sache hier notfalls auch ohne Sie durchziehen.«
    »Das wirst du nicht.«
    »Oh doch. Das werde ich.« Hannah öffnete die Tür.
    »Mach sie wieder zu«, sagte Paul. Er stellte den Motor ab.
     
    Die Nacht blieb ruhig. Und je mehr Zeit Paul zum Nachdenken hatte, umso mehr ärgerte er sich über sich selbst. Warum ließ er sich von diesem Mädchen zu so etwas zwingen? Warum überließ er sie nicht einfach ihrer Unvernunft?
    Er vermied den Blickkontakt mit Hannah; sie beide sprachen kein Wort mehr miteinander. Paul sah das letzte Mal um kurz vor drei auf die Uhr. Dann fielen ihm die Augen zu.
     
    »Wachen Sie auf!«
    Paul hörte Hannahs Stimme und spürte gleichzeitig ihren spitzen Ellenbogen in seinen

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