Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg
Kopf. »Du kriegst die Einladung mit der Post. Da steht alles drin.«
»Habt ihr auch Schokoküsse? Die esse ich am liebsten.«
»Na klar!«, sagte Paul. »Aber jetzt ab mit dir. Sonst wird zu Hause das Essen kalt. Dein Fahrer guckt schon ganz sauer.«
Lachend hüpfte Quentin davon. Der Chauffeur folgte ihm, nachdem er Paul noch einen argwöhnischen Blick zugeworfen hatte.
Paul blieb aufatmend zurück. Das war gerade noch einmal gut gegangen.
19
Paul ignorierte das nervöse Blinken seines Anrufbeantworters, nachdem er in sein Atelier geeilt war und sich das Telefon gegriffen hatte. Er hackte Katinkas Handynummer in die Tastatur und wartete ungeduldig darauf, dass sie abnahm.
Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bis sie sich endlich meldete:
»Hallo?«, kam es gepresst aus dem Hörer.
»Hallo, Kati, ich bin’s«, sagte Paul erleichtert. »Ich habe mich mit dem Jungen getroffen.«
»Fass dich kurz«, zischte Katinka. »Wichtiges Meeting.«
Paul sammelte sich, bevor er weitersprach: »Der Junge – Quentin heißt er – hat die Heilige Lanze als die Waffe wiedererkannt, die sein Vater als wertvollen Schatz hütet, und zwar in seinem Arbeitszimmer. Merkwürdig, oder?«
»Ich habe jetzt keine Zeit«, flüsterte Katinka, »das ist doch bloß eine Kinderfantasie. Bewerte das nicht zu hoch.«
»Aber du hast doch selbst gesagt . . .«, hob Paul zu einem Protest an.
»Ich weiß, was ich gesagt habe. Aber du musst ja nicht immer alles überinterpretieren. Außerdem weißt du genau, dass die Heilige Lanze im Rathaus steht. Also? Der Bub hat wahrscheinlich nur ein Zeitungsbild wiedererkannt und es in seine Märchenwelt eingearbeitet.«
»Aber du warst es doch, die mich überhaupt erst auf diese Spur gebracht hat«, protestierte Paul verärgert.
»Ich bin mitten in einem Geschäftsessen«, sagte Katinka scharf. »Können wir das bitte später ausdiskutieren?« Damit legte sie auf.
Paul starrte noch einige Sekunden auf den Hörer. Dann drückte er ihn wütend zurück in die Ladestation.
Er konnte es sich bildhaft vorstellen, wie Katinka im Kreise blasierter Anzugträger in einem schnieken Berliner Lokal saß, fleißig an ihrer ach so wichtigen Karriere weiterbastelte und Paul gedanklich ganz weit weg in eine dunkle Ecke stellte. Er hatte es ihr deutlich angehört: Er wurde ihr lästig.
Wie sonst war es zu erklären, dass sie sich nicht wenigstens ein paar Minuten für ein Gespräch mit ihm nahm? Denn selbst wenn die Äußerungen des kleinen Quentin wirklich pure Fantasie waren, musste Paul die Sache doch zumindest überprüfen, oder?
Ja, das musste er! Paul mahlte mit den Zähnen: Er war entschlossen, dem Wahrheitsgehalt von Quentins Aussagen auf den Grund zu gehen. Das würde er auch ohne Katinkas Segen schaffen. Am besten noch heute!
Sobald es dunkel war, würde er loslegen und dem Hause Schrader einen weiteren, diesmal allerdings inoffiziellen Besuch abstatten. Paul hatte auch schon eine Idee, wie er das anstellen könnte. . .
Er schluckte seine Wut auf Katinka hinunter und betätigte die Abspielfunktion des Anrufbeantworters, der die ganze Zeit über weiter geblinkt hatte. Paul lauschte zunächst eher beiläufig dem aufgesprochenen Text. Es meldete sich eine Frauenstimme, die er nicht auf Anhieb zuordnen konnte:
»Herr Flemming? Bin ich da richtig?« Die Anruferin klang ängstlich und auf unbestimmte Art verletzt. »Wenn Sie zu Hause sind, nehmen Sie bitte den Hörer ab.«
Paul, aufmerksam geworden, beugte sich näher über das Abspielgerät.
»Ich habe es mir überlegt. Ich würde gern mit Ihnen sprechen. Bitte rufen Sie mich zurück. Meine Nummer ist. . .«
Paul notierte die Nummer. Obwohl die Frau auf seinem Anrufbeantworter ihren Namen nicht genannt hatte, wusste er jetzt, dass es sich um Nadine Schneider handeln musste, die Kollegin der ermordeten Beate Meinefeld.
Ohne lange zu überlegen, tippte Paul die Zahlen in sein Telefon.
Er musste lange warten, bis abgenommen wurde.
»Hallo?«, meldete sich eine schwache Frauenstimme.
»Flemming hier«, sagte Paul drängend. »Sie hatten bei mir angerufen.«
Ein Stöhnen erklang am anderen Ende der Leitung. »Endlich . . .«
»Was ist mit Ihnen los?«, erkundigte sich Paul. »Alles in Ordnung?«
»Ja«, sagte die Stimme nun erleichtert. »Ich hatte nur solche Angst.«
»Wovor hatten Sie Angst?«, fragte Paul.
Statt auf seine Frage zu antworten, sagte Nadine Schneider: »Ich muss Sie unbedingt sprechen. Können wir uns treffen?«
Paul blickte rasch
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