Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg
spielt keine Rolle«, sagte Schumi selbstbewusst. »Entweder Sie kaufen die Story oder ich gehe zur Konkurrenz. Die wird bestimmt nicht so knauserig sein und darauf verzichten.«
Ganz bestimmt nicht, dachte Paul alarmiert. Er musste Schumi irgendwie zum Reden bringen. Aber wie?
»Haben Sie denn irgendwelche Beweise für einen Zusammenhang zwischen dem geplanten Einbruch und dem Tod des Models?«
Schumi blickte ihn ein wenig gekränkt an. »Natürlich habe ich Beweise. Ich könnte Ihnen Dinge erzählen, die Sie nicht für möglich halten.«
»Dann reden Sie schon«, appellierte Paul an den Mechaniker. »Wir haben keine Zeit zu verlieren!«
Schumi legte geruhsam den großen Schraubenschlüssel beiseite. Dann sagte er ohne Eile: »Sie kennen meinen Preis. Besprechen Sie das Ganze doch einfach mit Ihrer Redaktion und kommen dann wieder. Ich laufe nicht weg. Und die Story auch nicht.«
Hannah versetzte Paul einen Stoß mit dem Ellenbogen, um ihm zu bedeuten, er solle es gut sein lassen.
Paul wollte aufbegehren, riss sich dann aber zusammen. »Na gut. Wenn Sie das Geld bekommen, klären Sie die Sache mit dem Mord im Lochgefängnis also auf?«
Schumi sah ihn verständnislos an. »Das kann ich nicht. Ich war ja nicht dabei. Aber ich werde Ihnen sagen, wie die ganze Sache geplant war und wer dahinter steckte.«
Paul widerstrebte es, unverrichteter Dinge wieder abziehen zu müssen. Doch ihm blieb wohl nichts anderes übrig, als auf Schumis Deal einzugehen und sich vorerst in Geduld zu üben. Also sagte er: »Einverstanden. Ich erkundige mich wegen des Informantenhonorars und werde mich wieder mit Ihnen in Verbindung setzen.«
Schumi sah ihn zufrieden an. In Hannahs Ausdruck lagen dagegen leichte Zweifel.
32
»Wir haben den Bezug zum Essen verloren. Seit die Industrialisierung Anfang des neunzehnten Jahrhunderts den Berufsstand der Bauern ausgedünnt hat und die Menschen in die Großstädte gezogen sind, haben wir mit Milch, Fleisch und Karotten so gut wie nichts mehr zu tun«, stellte Victor Blohfeld in den Raum.
»Was folgern Sie daraus?« Jan-Patricks Kopf war rot angelaufen. Mit aufgestemmten Fäusten lehnte er sich weit über den Tisch in Blohfelds Richtung. Paul befürchtete ernsthaft, dass der Koch jeden Moment auf den Reporter losgehen würde. »Etwa, dass wir alle nur noch bei McDonald‘s essen sollten?«
Blohfeld blieb gelassen und lehnte sich zurück. »Mir schmeckt’s dort. Die paar Schritte von der Redaktion bis zum Hauptmarkt hinüber gehe ich immer gern.«
»Dann verstehe ich nicht, warum Sie heute Abend bei mir im Goldenen Ritter sitzen«, grollte der Küchenmeister.
Paul fürchtete schon die nächste Spitze aus dem Mund des Reporters. Doch dieser überraschte ihn mit einer plötzlichen Kehrtwende:
»Kochen ist die älteste Kulturleistung der Menschheit, älter noch als die Sprache«, sagte Blohfeld, »und Sie sind ohne Frage einer, der diese Kunst perfekt beherrscht.«
»Oh . . .« Jan-Patrick sah ihn verdutzt an. »Danke.«
»Wir brauchen das Essen nicht nur zum Überleben«, redete Blohfeld sich warm, »es dient der Kommunikation, als Mittel zur sozialen Integration, manchmal auch als Trost. Vor allem bedeutet eine authentische Mahlzeit jedoch eines – nämlich Heimat.«
Damit hatte sich Blohfeld mal wieder selbst übertroffen, dachte Paul und war gespannt darauf, ob Jan-Patrick diese gezuckerte Kröte schlucken oder aber den Reporter vor die Tür setzen würde.
Der Wirt schien tatsächlich eine Weile mit sich zu hadern. Doch dann legte er Paul und Blohfeld die Speisekarte vor und zückte seinen Notizblock, um die Bestellungen aufzunehmen.
»Was haben wir denn Schönes auf der Spargelkarte?«, fragte Blohfeld mit gespitzten Lippen und studierte die handgeschriebenen Zeilen: »Ah, hier, für Genießer: Spargelkreation mit Avocados, zarten Crepes, Eiern und Kapuzinerkresseblüten. Klingt verführerisch. Und da: Bunter Salat aus grünem, weißem und violettem Spargel an fränkischem Flusskrebs mit raffiniertem Kräuterdressing. – Ich wusste gar nicht, dass es sie in so vielen Farben gibt, die köstlichen Stangen!«
»Doch, doch«, erklärte Jan-Patrick, der sich durch Blohfelds Interesse an seiner Karte offenbar geschmeichelt fühlte. »Der grüne Spargel wird oberirdisch gezogen, ist würzig, sehr dünn und muss kaum geschält werden. Der violette ist etwas teurer. Er schmeckt leicht bitter, weil er mehr Anthozyan enthält, also Pflanzenfarbstoff. Meine Gäste essen schon immer am
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